# taz.de -- Netzrückkauf in Hamburg: Das Ende der Energiekonzerne? | |
> Die Hamburger haben gegen Vattenfall gestimmt. Auch Eon könnte es ähnlich | |
> ergehen. Und die Berliner wollen ihr Stromnetz auch zurück. | |
Bild: Nicht mehr so lukrativ: Vattenfall-Kohlekraftwerk in Jänschwalde | |
BERLIN taz | Vattenfall hat in Deutschland nach Jahren der Traumrenditen | |
wenig zu lachen. Nach der Niederlage in der Abstimmung um die Hamburger | |
Energienetze ist der Konzern als Betreiber zumindest infrage gestellt. Und | |
das nach Atomausstieg und katastrophalen Halbjahreszahlen mit | |
Abschreibungen in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Und auch einem zweiten | |
Konzern droht ein lukratives Geschäft wegzubrechen. Eon könnte das Gasnetz | |
der Stadt verlieren. | |
Für beide Konzerne wäre damit ein Teil der wenigen einigermaßen stabilen | |
Geschäfte in Deutschland weggebrochen. Vattenfall musste den Wert seiner | |
Steinkohlekraftwerke in Deutschland bereits im ersten Halbjahr 2013 um 120 | |
Millionen Euro nach unten korrigieren. | |
Eon klagt, mit seinen fossilen Kraftwerken kein Geld mehr zu verdienen – | |
allerdings sind die Bilanzen für einzelne Kraftwerke nicht öffentlich. Als | |
Grund geben die Konzerne die niedrigen Preise an der Strombörse an. | |
Außerdem sind die Kraftwerke nicht ausgelastet: Erneuerbare Energien | |
genießen Vorrang, die Stromnachfrage sinkt vor allem in Südeuropa, wegen | |
der Wirtschaftskrise in der EU. | |
Der Betrieb von Energienetzen dagegen bringt stabile Einkommen: Die | |
Bundesnetzagentur setzt für die Konzerne Renditen fest. Die sinken zwar, | |
trotzdem verfügen Eon oder Vattenfall mit ihren Strom- und Gasnetzen über | |
natürliche Monopole. Wollen andere Marktteilnehmer die Infrastruktur | |
nutzen, dürfen die Konzerne, staatlich reguliert, die Gebühren so | |
gestalten, dass sie eine festgesetzte Rendite erzielen. | |
## Verlust der Netze ein herber Verlust | |
Das war auch ein Argument der Initiative „Unser Hamburg – unser Netz“: Die | |
Gebühren werden am Ende von den Hamburger Kunden bezahlt. Warum soll das | |
Geld einem schwedischen Konzern zugute kommen statt den Bürgern selbst? Bis | |
zu 100 Millionen Euro jährlich könne die Stadt so verdienen, versprachen | |
die Befürworter einer Übernahme der Netze. Die Hälfte könne Hamburg zugute | |
kommen, mit der anderen Hälfte könnte der Kredit zum Kauf der Netze und | |
genutzt und die Zinsen gezahlt werden. | |
Auch für Eon wäre ein Verlust der Netze ein herber Verlust. Es gehört zur | |
Konzernstrategie, das Erdgas-Geschäft auf allen Wertschöpfungsketten zu | |
betreiben: von der Förderung über den Transport in Tankern oder Pipelines, | |
dem Betrieb in lokalen Verteilnetzen wie in Hamburg bis zum Verkauf an die | |
Endkunden. | |
## Ein eigenes Stadtwerk | |
Am 3. November könnte es für Vattenfall zu einer weiteren Niederlage | |
kommen: Dann stimmen die Berliner in einem Volksbegehren darüber ab, ob die | |
Stadt verpflichtet werden soll, ein eigenes Stadtwerk aufzubauen. Zudem | |
soll sich der Senat dafür einsetzen, dass die Stadt die Konzession für den | |
Betrieb des eigenen Stromnetzes von Vattenfall erhält. Mindestens 625.000 | |
BürgerInnen müssten dem Vorhaben zustimmen. | |
Die Initiatoren des Berliner Energietisches versprechen sich so eine | |
ökologischere und sozialere Energieversorgung. Mehr als bewerben kann sich | |
die Stadt aber nicht. Das Verfahren wird unter anderem von der | |
Bundesnetzagentur überwacht, der Zuschlag könnte – wie in Hamburg auch – | |
trotz aller Abstimmungen wieder an Vattenfall gehen. | |
Trotzdem freut sich Stefan Taschner, Sprecher des Berliner Energietisches, | |
„für unsere Freunde aus Hamburg, die sich gegen eine heftige und zum Teil | |
polemisch geführte Gegenkampagne durchgesetzt haben“. Die Abstimmung sei | |
auch in wichtiges Signal für Berlin. | |
23 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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