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# taz.de -- Energieversorgung ohne russische Kohle: Hamburg braucht andere Blut…
> Die Hamburgische Bürgerschaft debattiert über die Folgen für die lokale
> Energieversorgung. Die Steinkohle kommt nun auch aus Kolumbien.
Bild: Bislang noch unerlässlich: Steinkohle für die Wärmeversorgung
Hamburg taz | Die ersten warmen Tage des Jahres sind nun da, die Heizungen
können runtergedreht werden. Doch anlässlich der Folgen des russischen
Überfalls auf die Ukraine soll sich in der Sitzung der Hamburger
Bürgerschaft am 13. April die Debatte vor allem um die städtische
Energieversorgung drehen.
So befürchtet Hamburgs Linkspartei, dass die [1][Wärmeversorgung] vor dem
Kollaps steht. Und die CDU fordert, dass das Kohlekraftwerk Moorburg wieder
in Betrieb genommen werden müsse, um die Stromversorgung zu sichern.
Derweil muss Steinkohle statt aus Russland nun eilig auch aus Kolumbien
eingekauft werden.
Rund 500.000 Wohnungen werden mit lokaler Fernwärme des städtischen
Unternehmens Hamburger Energiewerke zum Heizen und zur Warmwasserbereitung
versorgt. Die Wärme wird dafür bislang vor allem durch das Verbrennen von
Steinkohle erzeugt. Die Kraftwerke Tiefstack und Wedel liefern den
überwiegenden Teil.
Dort wurden im vergangenen Jahr knapp 840.000 Tonnen Steinkohle verbraucht.
[2][Rund 50 Prozent davon stammen aus Russland.] Die andere Hälfte kommt
vor allem aus den USA. Doch ab dem kommenden Spätsommer darf aus Russland
keine Kohle importiert werden, dies ist durch das EU-weite Embargo
vorgegeben.
## Versorgungssicherheit zunächst gewährleistet
Angst müssten Kund:innen laut den Energiewerken zunächst nicht haben:
„Die Kundinnen und Kunden des Stadtnetzes der Hamburger Energiewerke müssen
sich für die kommenden Monate keine Sorgen über die zuverlässige
Belieferung mit Wärme und Warmwasser machen“, teilten sie kürzlich mit.
Indes: Der Preis wird wohl steigen. Die Energiewerke gehen von rund 30
Prozent aus. „Der Senat muss daraus resultierende soziale Verwerfungen zu
vermeiden versuchen“, fordert Stephan Jersch von der Linken.
Doch wo soll der Ersatz nun herkommen? Für Jersch ist klar, dass künftig
auch Kohle aus Kolumbien importiert wird. „Dann verbrennen wir hier
Blutkohle“, sagt Jersch. Dort zerstören die Tagebaue riesige Landflächen.
Die lokale Bevölkerung wird teilweise mit Gewalt vertrieben. Aus der Region
César ist bekannt, dass paramilitärische Einheiten rund um Tagebaue
eingesetzt werden. 2017 wurden dort Minengegner:innen erschossen.
Der taz bestätigt eine Sprecherin der Energiewerke: „Um die
Versorgungssicherheit in Zukunft aufrecht erhalten zu können, werden wir in
geringerem Umfang auch kolumbianische Kohle einsetzen.“ Diese werde
allerdings über Handelspartner bezogen, die Mitglied in der Initiative
Better Coal sind. Die Initiative verpflichtet sich, Menschenrechts- und
Umweltthemen beim Handel zu berücksichtigen.
Jersch kritisiert, dass der rot-grüne Senat es verpasst habe, in den
vergangenen zwei Jahren die Abhängigkeit von Kohle zu reduzieren. So hatten
Umweltverbände gezeigt, dass die Kraftwerke Tiefstack und Wedel in den
Jahren 2020 und 2021 bei der Wärmeproduktion [3][sogar mehr Kohle verbrannt
haben als 2019] (taz berichtete). Diese Entwicklung widerspricht jedoch den
selbst gesteckten Zielen. „Bis spätestens 2030 wollen wir den Kohleausstieg
in der Wärme umgesetzt haben“, hatte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne)
erst im vergangenen Dezember versichert.
## Wasserstoff ins Gasnetz beimischen
Die CDU-Fraktion sieht im Kohlekraftwerk Moorburg eine Möglichkeit, auf den
russischen Angriffskrieg zu reagieren. Vom rot-grünen Senat fordert die
Fraktion, er solle sich „für eine notwendige Wiederinbetriebnahme des
Kraftwerks Moorburg auf allen notwendigen Ebenen einsetzen“. Der Betreiber
des Kraftwerks, Vattenfall, hatte den Rückbau aufgrund des Kriegs vorerst
unterbrochen.
Doch für Moorburg haben SPD und Grüne andere Pläne: Eine Studie kam jüngst
zu dem Ergebnis, dass die Infrastruktur „hervorragende Voraussetzungen“ für
die Produktion von grünem Wasserstoff biete, mit dem Kohle, Öl und Erdgas
abgelöst werden können.
Zugleich erneuerten Hamburger Umweltverbände in dieser Woche ihre Kritik an
einen [4][fragwürdigen Einsatz von Wasserstoff]. Das städtische Unternehmen
Gasnetz Hamburg will dem Heizgas vermehrt Wasserstoff beimischen.
„Wasserstoff wird das Netz zusammen mit anderen grünen Gasen zum Rückgrat
der städtischen Energiewende machen“, verspricht das Unternehmen.
Umweltverbände sehen das anders: Der Wärmesektor müsse zügig auf
erneuerbare Wärme mit Wärmepumpen und Wärmenetzen umgestellt werden. Ein
Festhalten an den Gasnetzen torpediere diesen Weg. Hinzu sei grüner
Wasserstoff zu wertvoll um ihn in normalen Heizungen zu verbrennen.
13 Apr 2022
## LINKS
[1] /Energiewende-in-Hamburg/!5776933
[2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/79166/kohleeinsatz_in_der_…
[3] /Klimaschutz-in-Hamburg/!5813984
[4] /Der-Norden-pusht-den-Wasserstoff/!5700679
## AUTOREN
André Zuschlag
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