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# taz.de -- Wärme- statt Erdgasförderung: Gasbohren hatte doch einen Sinn
> Aus einen ehemaligen Erdgasbohrloch will die niedersächsische Gemeinde
> Munster künftig Erdwärme fördern. Das könnte ein Modell fürs ganze Land
> sein.
Bild: Wer tief bohren will, braucht anständiges Werkzeug: Erdbohrkopf
Hamburg taz | Seine fossile Vergangenheit könnte dem Bundesland
Niedersachsen den Weg in eine klimaneutrale Zukunft ebnen. Vorreiter dafür
ist die Gemeinde Munster in der Lüneburger Heide, die aus einem ehemaligen
Erdgas-Bohrloch Erdwärme fördern möchte. Darüber hinaus gibt es Pläne,
ehemalige Bergwerke zu diesem Zweck zu nutzen.
[1][Erdwärme – Geothermie –] hat gegenüber anderen erneuerbaren
Energiequellen den Vorzug, dass sie konstant verfügbar ist [2][]und nicht
mit Wind und Wetter schwankt. Dafür ist ihre Erschließung technisch
aufwendig und riskant. Denn es ist unklar, ob eine Bohrung überhaupt fündig
wird und [3][in manchen Gegenden kommt das Risiko von Erdverwerfungen
hinzu].
Die Gemeinde Munster muss sich hierzu keine Gedanken machen. „Das Risiko,
nichts zu finden, ist weg“, sagt Jan Niemann, der Geschäftsführer der
Stadtwerke. Denn das 4.500 Meter tiefe Bohrloch gibt es ja schon und es
reicht in eine Schicht, in der sich seit Jahren 147 Grad heißes Wasser
findet. Dass sich hiermit Erdwärme erschließen lasse, sei zu mehr als 99
Prozent sicher, sagt Niemann. Die größte offene Frage sei, ob das Gestein
dort unten – sogenanntes Rotliegendes – grobporig genug sei, um eine
Förderrate von mindestens 30 Litern pro Sekunde zu ermöglichen.
Sollte das der Fall sein, stünde der schönen neuen Energiezukunft in
Munster nichts mehr im Wege. Nicht nur zwölf Megawatt Wärme für Wohnungen
und Kasernen, sondern auch zwölf Megawatt Strom ließen sich hier
CO2-neutral gewinnen. Der Strom wäre das Sahnehäubchen auf dem Projekt,
denn meistens reichen die Bohrungen nicht so tief und können deshalb kein
Wasser fördern, das heiß genug wäre, um damit eine Stromturbine zu
betreiben.
## Nahezu unerschöpfliche Energiequelle
Um die Erdwärme fördern zu können, brauchen die Stadtwerke
Munster/Bispingen allerdings noch ein zweites viereinhalb Kilometer tiefes
Bohrloch, durch welches das abgekühlte Wasser von der Erdoberfläche in
einem geschlossenen Kreislauf wieder in die Tiefe gepumpt wird. Bevor das
gebohrt wird, soll aber noch ein umfangreicher Test gemacht werden. „Man
hat eigentlich alles“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Niemann, „aber man
möchte eine letzte Gewissheit haben“.
Verständlich – schließlich schätzt Niemann die Investitionssumme auf 45
Millionen Euro. 7,1 Millionen davon gibt das Land Niedersachsen –
rückzahlbar, wenn das Projekt ein Erfolg wird. Mit dem Geld würden 90
Prozent des „Fündigkeitsrisikos“, also der Kosten für den finalen Test,
abgedeckt, sagt das Ministerium.
„Die Geothermie bietet uns die Möglichkeit, erneuerbare Wärme aus einer
umweltfreundlichen und nahezu unerschöpflichen Energiequelle zu gewinnen“,
sagt Meyer. Sein Ministerium habe deshalb die Voraussetzungen dafür
geschaffen, dass Geothermie aus dem Wirtschaftsförderfonds unterstützt
werden könne. Das Pilotprojekt in Munster stehe kurz vor der Förderzusage.
Die Stadtwerke Munster hoffen, noch in diesem Jahr das Bohrloch von Exxon
übernehmen zu können. Für beide Seiten wäre das ein Gewinn: Die Stadtwerke
sparten sich eine von zwei Bohrungen und könnten von Exxons Know-how
profitieren. Exxon könnte es sich ersparen, das Bohrloch verfüllen zu
müssen.
Das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat
insgesamt zwölf sogenannte Erlaubnisfelder zum Suchen von Erdwärme
vergeben. Auch andere Regionen und Gemeinden sind nach Angaben des
Ministeriums interessiert, etwa die Insel Borkum.
Ein weiteres konkretes Vorhaben gibt es in Bad Bevensen. Die Stadt will bis
zu 3.000 Metern tief bohren lassen, um herauszufinden, ob das Wasser im
Erdinneren heiß genug wäre, um ihre Kureinrichtungen – zunächst zwei
Kliniken und eine Therme – mit Wärme zu versorgen.
## Ehemalige Bergwerke als Möglichkeit
Weil die Temperatur mit jedem Meter steigt, mit dem man ins Erdinnere
vordringt, prüft das LBEG auch, ob ehemalige Bergwerke zur Wärmegewinnung
genutzt werden können. Es fungiert nicht nur als Bergbehörde, die die alten
Stollen und Schächte sichern muss, sondern intelligenterweise auch als
Niedersächsischer Geothermiedienst (NGD).
Als solcher prüft es, ob der Schacht des 1925 stillgelegten und gefluteten
Bergwerks Steinförde südöstlich von Wietze im Landkreis Celle genutzt
werden könnte. Der Schacht sei lediglich geflutet. „Sollte sich das
ehemalige Kalibergwerk für Tiefengeothermie eignen, müsste es nicht im
Sinne der Gefahrenabwehr verfüllt werden und könnte von einem Betreiber für
die geothermische Nachnutzung übernommen werden“, sagt LBEG-Präsident
Carsten Mühlenmeier. Allerdings handele es sich vorerst um rein
theoretische Überlegungen.
Der Bundesverband Geothermie zählt derzeit [4][39 Heiz- und zwölf
Kraftwerke,] die ihre Wärme aus mehr als 400 Metern Tiefe beziehen. Dazu
kommen mehr als 440.000 oberflächennahe Erdwärme-Systeme. Die meisten
Anlagen gibt es in Süddeutschland. Aber auch in Hamburg ist ein
Tiefengeothermieprojekt in Arbeit. Unter dem Stadtteil Wilhelmsburg ist in
1.300 Metern Tiefe [5][Thermalwasser nachgewiesen worden]. Im vergangenen
Sommer hat eine zweite Bohrung begonnen, die Aufschluss über eine mögliche
geothermische Wärmegewinnung geben soll.
3 Apr 2023
## LINKS
[1] /Waermewende-aus-der-Tiefe/!5883053
[2] /Waermewende-aus-der-Tiefe/!5883053
[3] /Abkehr-von-der-Geothermie/!5036768
[4] https://www.geothermie.de/geothermie/geothermie-in-zahlen.html
[5] /Erdwaerme-Bohrungen-in-Hamburg/!5750480
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Erneuerbare Energien
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