Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wildfluss Vjosa in Albanien: Ein Nationalpark neuer Ordnung
> Albanien will den Wildfluss Vjosa samt aller Nebenflüsse zum Schutzgebiet
> erklären. Die geplanten Wasserkraftwerke sind damit vom Tisch.
Bild: Die Vjosa ist der letzte Fluss Europas, der nie begradigt oder anders ver…
Sarajevo taz | Wer die grünlich schimmernden Mäander in dem weitläufigen
Mittelabschnitt des Vjosa-Flusses einmal gesehen hat, wird diesen Anblick
nicht vergessen. Zuletzt mischte sich aber Wehmut in die Freude. Denn in
diesem Tal des letzten Wildflusses auf dem europäischen Kontinent sollten
Wasserkraftwerke gebaut werden, neun Stück zuletzt – allen Protesten der
betroffenen Dorfbewohner, der Kulturschaffenden in Tirana und der
Aktivisten von EcoAlbania zum Trotz. Denn das Land braucht dringend
Energie. Doch überraschend haben sich nun die Ökoaktivisten durchgesetzt.
Die Regierung hat angekündigt, einen Nationalpark einrichten zu wollen.
Das Konzept entspricht ziemlich genau dem, was die Umweltschützer
ausgearbeitet hatten: Das Schutzgebiet soll den Fluss mitsamt allen frei
fließenden Nebenflüssen auf den gesamten rund 270 Kilometern Länge von der
Quelle bis zur Mündung umfassen. Alleine im sogenannten Mittellauf gibt es
mindestens acht Lebensraumtypen, die nach der [1][Flora-Fauna
Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union] dringend erhalten werden
müssen, weil sie vom Verschwinden bedroht sind. Mehr als 1.100 Tier- und
Pflanzenarten leben dort, darunter mindestens 13, die auf den roten Listen
stehen wie der Europäische Aal, potenziell bedroht sind wie der Fischotter
oder nur hier vorkommen wie der OhridSteinbeißer.
Es wäre der bislang einzige Nationalpark dieser Art in Europa. Damit bietet
er neben dem Schutz für die Natur auch Potenzial für die Entwicklung des
Tourismus in dem strukturschwachen Land.
Das war offenbar der Punkt, der die Politik überzeugt hat. Denn auch für
den Ausbau des Tourismus hatten die Naturschützer Ideen und Konzepte
mitentwickelt. Ein sanfter und kontrollierter Tourismus wohlgemerkt soll es
werden, Albanien keine Destination für den Massenansturm von Reisenden, die
[2][die letzten seltenen Pflanzen und Tiere] niedertrampeln.
Und auch das Problem bei der Energieversorgung ist mitgedacht. Bislang
besteht der albanische Mix zu 95 Prozent aus Wasserkraft. Hier sollen Sonne
und Wind neu ins Zentrum rücken.
## Eine Arbeitsgruppe soll Details klären
Als sich Premierminister Edi Rama und [3][die Tourismus- und
Umweltministerin Mirela Kumbaro] mit den Vertretern von internationalen
Umweltinitiativen Mitte Juni zum Festakt im Nationaltheater in Tirana
trafen, waren alle erleichtert. Mit dem Memorandum of Understanding, das
die Ministerin und ein Vertreter der Dachorganisation der Umweltschützer
Patagonia öffentlich unterzeichneten, war ein entscheidender Schritt für
die Bewahrung des letzten großen Wildflusses in Europa getan: „Dieser
Wildfluss-Nationalpark wird das gesamte Flusssystem der Vjosa von der
Grenze zu Griechenland bis an die Adria unter Schutz stellen.
Einschließlich ihrer frei fließenden Nebenflüsse und des Aoos in
Griechenland, dem Quellfluss der Vjosa“, steht in dieser gemeinsamen
Absichtserklärung. Und dass es „der erste Nationalpark dieser Art in
Europa“ sein werde.
Gemäß der Erklärung wollen die Vertragsparteien bis Mitte Juli eine
Arbeitsgruppe einrichten, die mit den konkreten Planungen für die
Errichtung des Nationalparks beginnt. Der Park soll auch Besucherzentren,
Rangerstellen sowie Wissenschafts- und Bildungsprogramme umfassen und neue
wirtschaftliche Möglichkeiten für die lokalen Gemeinden bieten.
Besjana Guri, Sprecherin von EcoAlbania, erklärte: „Es gibt zwar noch viel
zu tun, bevor wir die Zukunft der Vjosa als gesichert ansehen können, aber
es ist ein großer Meilenstein für Albanien und für Flussschützer weltweit.�…
Ulrich Eichelmann, der Geschäftsführer der in Österreich beheimateten
europäischen NGO Riverwatch, hat einen Etappensieg errungen: „Das Konzept
eines Wildfluss-Nationalparks, der nicht nur den Hauptstrom, sondern auch
seine Nebenflüsse umfasst, ist einzigartig. An der Vjosa erleben wir ein
neues Schutzmodell, das auch auf andere Flüsse in Europa angewendet werden
kann, die von Verbauungsplänen bedroht sind. Für den Schutz unserer Natur
müssen wir größer denken.“
27 Jun 2022
## LINKS
[1] http://xn--Kompromiss%20geglckt-06b
[2] http://Das%20Rennen%20um%20die%20Artenvielfalt
[3] http://Ein%20Patriarch%20macht%20auf%20Feminist
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Flüsse
Naturschutz
Wasserkraft
Albanien
Albanien
Outdoor
Schwerpunkt Klimawandel
Erneuerbare Energien
Meere
Schwerpunkt Stadtland
Georgien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wildfluss Vjosa: Nationalpark in Albanien eröffnet
Der Wildfluss Vjosa hat nun den höchsten Schutzstatus. Dafür haben
Umweltaktivisten lange gekämpft.
Marke Patagonia geht an Umwelt-Stiftung: Widerspruch in sich
Der Gründer der Outdoor-Marke Patagonia will sein Unternehmen an eine
Umweltstiftung verschenken, um das Klima zu retten. Kann das funktionieren?
Stockender Ausbau der Erneuerbaren: Wassermühlen vor dem Aus
Die Bundesregierung will kleine Wasserkraftwerke nicht mehr fördern – aus
Naturschutzgründen. Ist das noch zeitgemäß?
Förderung erneuerbarer Energien: Fließgewässer nutzen!
Die Bundesregierung will der Kleinwasserkraft die Förderung streichen. Der
älteste Ökostrom, von dem die Energiewende ausging, steht vor dem Aus.
Steffi Lemke über Naturschutz im Krieg: „Wir holen die Austern zurück“
Intakte Ökosysteme sind die zweitgrößte Stellschraube für den Klimaschutz
nach dem Ausbau der Erneuerbaren, sagt Umweltministerin Steffi Lemke.
Fischfang in der Ostsee: Kummer an der Küste
Klimawandel, Überdüngung und Überfischung bedrohen Fischbestände in der
Ostsee – vor allem Hering und Dorsch. Welchen Fisch sollten man noch essen?
Aktivist zur EU-Perspektive Georgiens: „Ein Signal an Europa“
In Georgien protestieren Zehntausende für den EU-Beitritt des Landes.
Schota Digmelaschwili ist einer davon – und kritisiert die Regierung in
Tiflis.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.