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# taz.de -- Franziska Giffeys Energiespartipps: Alles eine Frage der Achtsamkeit
> Gefragt nach Energiespartipps, reagiert Berlins Regierende
> Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) so, wie Olaf Scholz hätte
> reagieren sollen.
Bild: Energiespar-Dusche
Der Wirtschaftsminister hat [1][so genaue Vorstellungen], wie sich wegen
des mutmaßlichen Gas-Lieferstopps privat Energie sparen lässt, dass er
damit nicht nur führende FDP-Politiker zu kindisch anmutender Bockigkeit –
„[2][Ich dusche so lange, bis ich fertig bin]“ – provoziert. Der
Bundeskanzler hingegen hat die Frage, ob auch er praktische Alltagstipps
zur Hand habe, mit einem schnöden „Nö“ beantwortet. Und Berlins Regierende
Bürgermeisterin, von den einen gelobt, von den anderen belächelt für ihren
Pragmatismus? Die hat am Dienstag einen guten Mittelweg gefunden.
Tipps mochte sie, danach in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung
gefragt, gar nicht geben. Stattdessen wurde sie grundsätzlich und verlangt
„viel stärkere Achtsamkeit“ für Energieverschwendung. Beispiele nennt sie
dann doch – Licht ausschalten in Räumen außer dem gerade benutzten, auf die
Einstellung der Heizung gucken, ohne dabei gleich frieren zu müssen,
Sparlampen verwenden.
Aber dabei bleibt es für Giffey nicht. Wenn sie sagt: „Es ist letztlich
eine Haltungsfrage“, dann steht dahinter eine Erwartung. Und zwar eine, die
in einer Mischung aus Kants kategorischem Imperativ und Rosa Luxemburgs
Definition von den Grenzen der persönlichen Freiheit besteht. Diese Art von
Haltung besteht darin, wahrzunehmen, dass in einem Gemeinwesen nicht jeder
und jede so viel machen kann, wie er oder sie will, bloß weil es erlaubt
und bezahlbar oder – falsch parken oder rasen – oft genug nicht bestraft
wird.
Diese Haltung, wie Giffey sie mutmaßlich definiert, lässt einen Menschen
grundsätzlich oder zumindest immer mal wieder hinterfragen, ob das eigene
Tun wirklich sozial kompatibel ist oder nicht doch auf Kosten der
Allgemeinheit geht. Schränke ich meinen Energieverbrauch ein, auch wenn ich
sie auch bei Höchstpreisen bezahlen kann? Höre ich auch ohne offizielle
Verbote auf, meinen Rasen nur der grünen Farbe wegen zu wässern?
Das hat auch mit dem zu tun, was früher gesunder Menschenverstand hieß.
Kein Politiker, auch nicht der Wirtschaftsminister, fordert, ganz aufs
Duschen zu verzichten. Stinkend ins Büro zu kommen ist auch nicht gerade
sozial. Wo aber aus dem Entstinken, dem Waschen ein Lifestyle-Vorgang wird,
da kommt die Haltung zum Tragen, die Giffey einfordert: Energie nur wegen
des netten Gefühls auf der Haut verbrauchen geht eben nicht in Zeiten
absehbarer Knappheit.
Und ja, mag sein, dass die Wohnung heimeliger aussieht, wenn in jeder Ecke
noch ein Lämplein leuchtet. Aber jedes dieser zusätzlichen Lämplein lässt
den Pegelstand in den Gasspeichern ein klitzekleines bisschen sinken. Das
mag für die einzelne Wohnung irrelevant sein, aber nicht, wenn das zwei
Millionen Berliner Haushalte so machen.
Solche eine Haltung ist auch unabhängig davon, ob Staat – wie von Giffey
versprochen – und Wirtschaft gleichermaßen zu sparen versuchen. Die private
Achtsamkeit ist sogar umso mehr gefragt, wenn das in diesen Bereichen nicht
passiert. Giffey hat an diesem Dienstag die Worte gefunden, die der
[3][Bundeskanzler statt seines schnöden „Nö“] hätte finden müssen.
5 Jul 2022
## LINKS
[1] /Krieg-und-Klimakrise/!5860295
[2] /Energie-sparen-in-Kriegszeiten/!5861271
[3] https://www.spiegel.de/politik/olaf-scholz-eine-seine-antworten-auf-reporte…
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Franziska Giffey
Olaf Scholz
Robert Habeck
Energie
Wochenkommentar
Berlin
Gasknappheit
Energiesparen
Franziska Giffey
Erdöl
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