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# taz.de -- SPD-Vorstoß zu Lehrkräftemangel: Weniger Pflicht, mehr Kür
> Die Schulen könnten Pflichtstunden etwa in Naturwissenschaft einsparen,
> fordert ein Antrag für den Parteitag. So will man dem Lehrermangel
> begegnen.
Bild: Bücher sind gut, aber wer bringt den Kindern bei, was drin steht? Rund 1…
Berlin taz | In der Diskussion um [1][Stundenplankürzungen wegen des
Lehrermangels] an den Berliner Schulen gehen jetzt
Bildungspolitiker*innen der SPD mit einem neuen Vorschlag nach
vorne. Auf dem Landesparteitag am Sonntag soll ein Antrag eingebracht
werden, der die aktuell fixe Zahl von Pflichtstunden für zum Beispiel
Naturwisschenschaften oder Fremdsprachen zugunsten eines flexiblen
Stundenkontingents an den Schulen abschafft.
Konkret könnten die Schulen dann etwa in den Jahrgangsstufen 9 und 10
jeweils zwei Stunden Naturwissenschaften pro Woche weniger unterrichten, so
ein modellhafter Vorschlag der SPD-Politiker*innen. So könnten die Schulen,
trotz des dramatischen Lehrermangels, anderes weiter aufrecht erhalten –
etwa Förderunterricht.
Wo genau Stunden genommen werden, müsse mit den Rahmenvorgaben der
Kultusministerkonferenz abgestimmt werden, betont Marcel Hopp,
bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der den Antrag mit
einbringt. Andere Bundesländer hätten bereits solche flexiblen Lösungen.
Entlasten würde das vor allem die Schulen, deren Schüler*innen dringend
auf Förderstunden angewiesen sind – also sogenannte Brennpunktschulen.
„Insgesamt würde dadurch pro Schule im Schnitt eine Vollzeitstelle weniger
benötigt als derzeit“, sagt [2][Hopp]. Bei rund 900 allgemeinbildenden
Schulen in Berlin, rechnet Hopp vor, sei das durchaus eine relevante
Größenordnung.
Tatsächlich wäre das in etwa die Zahl an Lehrkräften, die zum neuen
Schuljahr fehlt: [3][Knapp 1.000 Lehrer*innen-Stellen werden nicht besetzt
werden können], hatte Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) gesagt.
Busses erklärte Strategie gegen das bisherige Allzeithoch beim
Pädagog*innenmangel ist eine Kürzung bei den Förderstunden. Die
Pflichtstunden hingegen will sie nicht anfassen: Man werde sich „angesichts
der Personalsituation auf die Sicherung der Stundentafel fokussieren“, hieß
es.
Diese Ansage wird seitdem zunehmend lauter in Frage gestellt: Auch Grünen-
und Linken-Politiker*innen aus der Koalition finden, das sei viel zu eng
gedacht. Hopp sagt: „Damit schwächen wir die inklusive Schule, und das ist
eigentlich genau die gegenteilige Linie von Bildungspolitik, die wir in der
SPD bisher immer verfolgt haben.“
In einem „Strategiepapier Lehrkräftebedarf“, das die Grünen am
Donnerstagnachmittag veröffentlichten, spricht sich die Fraktion erneut
gegen eine pauschale Kürzung bei den Förderstunden aus: „Förderstunden sind
essenziell für die Schüler*innen, die Unterstützung am meisten benötigen“,
heißt es in dem Papier. Die Grünen wollen, wie auch der
Landeselternauschuss, einen „Runden Tisch Lehrkräfteversorgung“ und wollen
die Krise auch „als Chance für die pädagogische Weiterentwicklung von
Schule“ verstanden wissen.
Ob der Spontan-Antrag am Sonntag Chancen hat, wird sich zeigen – die
drastischen Zahlen beim Lehrermangel dürften aber einige Genoss*innen
zumindest aufmerksam zuhören lassen. Die Unterzeichnenden des Antrags haben
jeweils durchaus Gewicht: Neben Hopp hat seine Vorgängerin im Amt, Maja
Lasić, unterschrieben, die nach ihrem Ausscheiden aus dem Abgeordnetenhaus
inzwischen selbst an einer Brennpunktschule im Wedding als Quereinsteigerin
unterrichtet.
## Rückzieher bei Verbeamtung
Einen Rückzieher macht man bei der Frage, wie künftig die Lehrkräfte zu
entschädigen sind, die nicht verbeamtet werden können. Rot-Grün-Rot hat
eine schrittweise Rückkehr zur Lehrerverbeamtung in Berlin beschlossen.
Bisher fordert ein Antrag der AG Bildung der SPD, die nach
Gewerkschaftsangaben geschätzt rund [4][7.000 Lehrkräfte, die zu alt oder
zu krank für die Verbeamtung sind], mit Entlastungsstunden zu „entlohnen“.
Das ist auch im Koalitionsvertrag eigentlich so festgehalten.
Tarifexpert*innen halten das aber für juristisch nicht umsetzbar.
Weil Entlastungsstunden zudem wieder mehr Personalbedarf bedeuten würden,
rückt man jetzt in der SPD davon ab: Eine finanzielle Entschädigung könne
ebenfalls „eine vorübergehende Lösung darstellen“, heißt es jetzt in ein…
Änderungsantrag. Hopp sagt: „Wir erkennen da die realpolitischen Spielräume
an.“
16 Jun 2022
## LINKS
[1] /Drastischer-Lehrermangel-in-Berlin/!5857349
[2] /Bildungspolitiker-ueber-Berlin-Neukoelln/!5836999
[3] /Fast-1000-Lehrkraefte-fehlen-in-Berlin/!5857014
[4] /Verbeamtung-von-Lehrkraeften/!5837378
## AUTOREN
Anna Klöpper
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