# taz.de -- Schule startet in Berlin: „Den Personalbedarf reduzieren“ | |
> Schulen müssen angesichts des Personalmangels beim Fachunterricht kürzen | |
> dürfen – und sollten das als Chance sehen, sagt SPD-Politiker Marcel | |
> Hopp. | |
Bild: Wie viel Mathe muss eigentlich sein? | |
taz: Herr Hopp, das neue Schuljahr hat am Montag begonnen, in Berlin sind | |
[1][rekordhafte 600 Vollzeitstellen nicht besetzt]. Sie fordern deshalb, | |
beim Stundenplan zu kürzen. Aber darf weniger Mathe und Deutsch tatsächlich | |
die Lösung sein? | |
Marcel Hopp: Unser Vorschlag ist komplexer. Der Ausgangspunkt bei der | |
Diskussion war ja: Wir haben einen großen Personalmangel, bei dem klar ist: | |
Es wird zu Kürzungen kommen. Die Frage ist nur wo. Vor einigen Monaten | |
stand hier eine [2][drohenden Kürzung bei der Inklusion und bei den | |
Profilstunden der Schulen] im Raum. Die gilt es unbedingt zu vermeiden. | |
Also zum Beispiel beim Förder- und Projektunterricht. | |
Genau. Den möchten wir als SPD aber schon aus politischer Überzeugung | |
schützen. Die pauschale Kürzung bei Schwerpunkten, die die Schulen selbst | |
setzen können, wäre ein Angriff auf die eigenständige Schule. | |
Aber nochmal die Frage: Auch angesichts der immer wieder bescheidenen | |
Ergebnisse von Berliner Schüler*innen in Vergleichsarbeiten – kann man | |
es sich leisten, beim Fachunterricht zu kürzen? | |
Unser Vorschlag sieht ja nicht nur eine behutsame Reduzierung der | |
Stundentafel vor, sondern auch eine Erhöhung der Profilstunden für die | |
Schulen, die sie nach Bedarf einsetzen können. Das kann man auch als Chance | |
sehen, ohne dass ich da jetzt etwas schönreden will. Ich glaube übrigens | |
auch nicht, dass eine Kürzung des Fachunterrichts zum Nachteil der Kinder | |
ist, im Gegenteil: Die Fach- und Leistungsbelastung von Schüler*innen | |
insbesondere in der Oberschule ist sehr groß. Dabei hat ja gerade auch die | |
Corona-Pandemie gezeigt, wie wichtig die psychosoziale Gesundheit ist, | |
damit Kinder gut lernen können. Es geht also um Lernen außerhalb des | |
Notendrucks, letztlich auch um eine Stärkung der Idee Ganztags-Schule – und | |
genau auch dafür sind die Profil- und Förderstunden da. | |
Machen Sie die Chance doch mal konkret: Wo gewinnen die Schulen etwas, wenn | |
sie an welcher Stelle genau kürzen? | |
Wir machen mit unserem Konzept keine genauen Fächervorschläge, was weg kann | |
und was nicht. Die Idee ist vielmehr, dass die Schulen [3][ein | |
Wochenstundenkontingent zur Verfügung] haben: Wo jetzt 32 Stunden in der | |
Sekundarstufe I Pflicht sind, könnten es künftig 30 bis 32 Stunden sein. | |
Systematisch betrachtet würde so der Personalbedarf reduziert werden. Die | |
Schulen wären dann flexibler bei der Entscheidung, wo sie ihre | |
Personalressourcen einsetzen. | |
Aber wenn eine Schule dann bei Mathe kürzt und die andere bei | |
Naturwissenschaften, wie stellt man die Vergleichbarkeit der Leistungen | |
sicher? | |
Wo die Schulen kürzen dürfen, bei welchen Fächern und in welchem Umfang, | |
das muss einheitlich sein – das stimmt. Das wäre Aufgabe der | |
Bildungsverwaltung, da entsprechende Vorgaben zu entwickeln. | |
Wie hoch wäre denn das Einsparpotenzial an Stellen bei Ihrer | |
Kontingent-Idee? | |
Bis zu einer Vollzeitstelle wäre aus meiner Sicht pro Schule möglich. Das | |
rechnet sich natürlich bei über 800 allgemeinbildenden Schulen in Berlin | |
Nach der Sommerpause soll sich nun auch der Runde Tisch | |
Lehrkräfteversorgung zusammenfinden, den die Bildungsverwaltung als | |
Reaktion auf den Fachkräftemangel einberufen hat. Was erhoffen Sie sich von | |
dieser Runde? | |
Mein Plädyoer ist, man sollte nicht zu lange warten mit der Entscheidung | |
über die Stundentafel. Wir haben bereits sehr positive Signale von | |
Schulleiterverbänden und auch vom Landeselternschuss auf unsere Idee | |
bekommen, die ja aus der Landesarbeitsgemeinschaft Bildung der SPD kommt. | |
Zum Halbjahr, spätestens zum nächsten Schuljahr muss etwas passieren. | |
23 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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