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# taz.de -- Protesttermine in Berlin: Housing oder Profite first?
> Das effektivste Mittel gegen Obdachlosigkeit bleibt die eigene Wohnung.
> Gar nicht so einfach in einer Stadt, in der Rendite vor Menschenwürde
> geht.
Bild: Nach der erfolgreichen Besetzung im letzten Dezember sollen die Bewohner:…
Die für nächste Woche geplante Obdachlosenzählung in Berlin wurde abgesagt,
[1][weil es zu wenige Freiwillige gibt]. Bereits im Vorfeld hatten
Initiativen wie die [2][Selbstvertretung wohnungsloser Menschen die
Erhebung kritisiert], unter anderem weil sie in ihren Augen würdelos ist
und ihr Nutzen gering. So hatte [3][die erste Zählung im Januar 2020
überraschend niedrige Zahlen von weniger als 2000 Obdachlosen in der
Hauptstadt gebracht].
Schätzungen waren zuvor von 6.000 bis 10.000 Obdachlosen ausgegangen. Laut
Expert*innen sind die Ergebnisse allerdings alles andere repräsentativ,
weil sich viele Menschen der Zählung entzogen hätten. Obdachlosigkeit sei
mit Scham behaftet, wer obdachlos sei, wolle sich als solcher nicht
identifizieren lassen, sagte Werner Franke von der [4][Selbstvertretung
wohnungsloser Menschen] zur taz.
Statt einen enormen Aufwand zu betreiben, die Menschen, die auf der Straße
leben, zu zählen, sollte ihnen lieber konkret geholfen werden – etwa mit
einer Wohnung, begründen Betroffene und ihre Unterstützer*innen ihre
Ablehnung der geplanten Erhebung, d[5][ie nun auf Januar nächstes Jahr
verschoben wurde].
Immerhin hat der Senat [6][das Ziel ausgegeben, bis 2030 Obdachlosigkeit in
der Hauptstadt zu beenden.] Kern des Plans bildet [7][das Prinzip Housing
First:] Die betreute Vermittlung von wohnungslosen Menschen in eigene
Mietverträge ohne große bürokratische Hürden. Allerdings fanden [8][seit
Projektstart im Jahr 2018 erst rund 80 Menschen mit Housing First eine
feste Bleibe.]
## Zurück in die Obdachlosigkeit
Erfolgreicher ist da die Initiative „Leerstand hab ich Saath“, die nach der
Besetzung eines seit vielen Jahren leerstehenden Gebäudes in Berlin-Mitte
[9][auf einen Schlag 56 Obdachlose mit Wohnraum versorgen konnte.]
Seit Anfang des Jahres können die ehemaligen Obdachlosen in der
Habersaathstraße 40-47 in ihren eigenen vier Wänden zur Ruhe kommen. Der
Sozialträger „Neue Chance“ im Erdgeschoss hilft ihnen dabei, eine
langfristige Perspektive jenseits von der Straße zu bekommen. Möglich
machte dies eine Vereinbarung zwischen dem Bezirk und dem Eigentümer, der
Arcadia Estates GmbH, über eine Zwischennutzung.
Die will den Gebäudekomplex aus den 1980er Jahren seit Jahren abreißen
lassen, um dort neu und teuer zu bauen. Während sich der Bezirk anfangs
noch dafür einsetzte, dass die Obdachlosen bis zur Sanierung der rund 120
Wohnungen oder ihrem etwaigen Abriss bleiben können, hat er sie nun
offenbar aufgegeben: [10][Die Eigentümerin fordert die Räumung bis Ende des
Monats und das Bezirksamt sieht sich machtlos, etwas dagegen zu
unternehmen.]
Die 56 neuen Bewohner*innen wollen jedoch nicht zurück auf die Straße
und wehren sich gegen ihren Rausschmiss. Unterstützung bekommen sie dabei
von der Lauratibor Protestoper, die Berliner Geschichten von Verdrängung
und Widerstand aufgreift und sie als bunte Demo verbreitet. Los geht es
diesen Samstag mit einer [11][Demo gegen den Ausverkauf der Stadt und eine
Woche später mit einer Kundgebung vor dem Obdachlosen-Hausprojekt in der
Habersaathstraße] (Sa. 18.6. 17 Uhr Reichenberger Str./Ratiborstr. & 26.6.
17 Uhr Habersaathstr. 40-48).
Die Habersaathstraße ist längst zum Symbol geworden für den Kampf gegen
Investor*innen, [12][denen das Allgemeinwohl nichts und ihre Börse alles
bedeutet.] Genau die wollen nächste Woche Mittwoch in Berlin die Stadt von
Morgen diskutieren. 3.000 Teilnehmer*innen haben sich angekündigt,
inklusive Politikprominenz wie Friedrich Merz. Das Berliner Bündnis gegen
Verdrängung und Mietenwahnsinn will ihnen zeigen, dass die Stadt der
Zukunft nicht den Investor*innen, sondern den Mieter*innen gehört, und
[13][ruft für den Tag zu einer wütenden Krach-Demonstration auf] (Mittwoch
22.6., 16.30 Uhr, Blücherplatz Kreuzberg).
## Autobahnblockieren for Future
Dass dieser Planet nicht rücksichtslosen Unternehmen gehört, die ihn aus
Profitgier zugrunde richten, sondern den Menschen, die auf ihm leben,
wollen Klimaschutz-Aktivist*innen ab diesem Samstag zeigen. Die Gruppe
„Letzte Generation“ will wieder Autobahnen blockieren, „um den fossilen
Wahnsinn zu stoppen“, und dafür noch mehr Menschen als bisher mobilisieren.
[14][69 Blockaden von Autobahnen und 50 Aktionen öffentlichen Containerns
haben die Aktivist*innen nach eigenen Angaben bislang durchgeführt], um
die Bundesregierung zu einem Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung zu
bewegen. Gebracht hat das alles nichts, also soll weiter gehen mit den
Aktionen, die im März wegen des Krieges in der Ukraine unterbrochen worden
waren.
Mittlerweile geht es der „Letzten Generation“ nicht mehr nur um
Lebensmittelverschwendung, sondern um eine vollständige Abkehr „von
zukünftiger Infrastruktur für fossiles Öl, Kohle und Gas“. Dafür sei man
bereit „alles zu riskieren – unsere persönliche Sicherheit und gar
Gefängnisstrafen – um als Gesellschaft aus diesem Klimanotfall
herauszufinden“, heißt es in dem Aufruf der Aktivist*innen.
Dafür habe man in den vergangenen Wochen deutschlandweit Vorträge und
Treffen organisiert und immer mehr Menschen in gewaltfreiem, zivilen
Widerstand trainiert. [15][Ab dem 18. Juni wollen die
Klimaaktivist*innen in Berlin die Autobahnen zum „Ort des friedlichen
Widerstands“ machen] (Samstag 18. Juni, Anmeldung unter
[16][www.letztegeneration.de]).
15 Jun 2022
## LINKS
[1] /Wissenschaftlerin-zu-Obdachlosenzaehlung/!5857868
[2] https://www.wohnungslosenstiftung.org/neuigkeiten/2022-05-19-positionspapie…
[3] /Wohnungsnot-und-Verelendung/!5658789
[4] http://www.wohnungslosentreffen.de/projekt/71-selbstvertretung.html
[5] /Obdachlosenpolitik-in-Berlin/!5860342
[6] /Wohnungslose-in-Berlin/!5795305
[7] /Revolution-der-Wohnungslosenhilfe/!5805697
[8] /Obdachlosigkeit-in-der-Pandemie/!5838345
[9] /Projekt-gegen-spekulativen-Leerstand/!5828915
[10] /Wohnungspolitik-in-Berlin/!5855206
[11] https://www.lauratibor.de/
[12] /Obdachlosenprojekt-Habersaathstrasse/!5858778
[13] https://www.wem-gehoert-kreuzberg.de/
[14] /Krieg-beschaeftigt-Bewegung/!5835712
[15] https://letztegeneration.de/blog/2022/06/autobahn-blockaden-ab-mitte-juni-…
[16] http://www.letztegeneration.de
## AUTOREN
Marie Frank
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