# taz.de -- Antrag auf Gleichbehandlung in Bädern: Oben ohne für alle | |
> Die SPD Hamburg hat einen Antrag gestellt, Frauen und Nicht-Binäre sollen | |
> ohne Oberbekleidung ins Schwimmbad dürfen. In Göttingen geht das – | |
> teilweise. | |
Bild: Immer öfter erfolgreich: Protest gegen Ungleichbehandlung im Schwimmbad,… | |
Hamburg taz | Noch sind es nur wenige Schwimmbäder, in denen alle | |
Geschlechter auch ohne Oberbekleidung planschen dürfen. Doch gerade im | |
Norden treiben Kommunen der Reihe nach den Wandel voran: Für Frauen und | |
nicht-binäre Personen sollen künftig keine anderen Regeln gelten als für | |
Männer. So will die SPD-Fraktion in der Hamburger Bezirksversammlung | |
Eimsbüttel kommende Woche einen Antrag einbringen, der den Weg für das | |
Baden ohne Oberbekleidung bereitet. | |
„Für viele Menschen auch in Eimsbüttel ist das schlicht und einfach eine | |
Frage der Gleichberechtigung“, sagt Paulina Reineke-Rügge, die für die SPD | |
in der Bezirksversammlung sitzt. Sollte der Antrag durchkommen, dürfte bald | |
in den städtischen Schwimmbädern in Hamburg das Schwimmen mit blanker Brust | |
allen erlaubt sein. | |
Bislang ist das nicht der Fall. Wer vom Personal als Frau identifiziert | |
wird, muss beim Verzichten auf Oberbekleidung mit einem Rauswurf aus dem | |
Schwimmbad rechnen. So geschah es im vergangenen Jahr in Göttingen: Mina | |
Berger (Name von der Redaktion geändert) hatte beim Schwimmen im | |
Badeparadies Eiswiese ihr Oberteil ausgezogen – [1][und wurde von | |
Bademeistern deshalb rausgeworfen.] | |
Berger möchte sich keinem Geschlecht zuordnen und beschwerte sich | |
anschließend beim Geschäftsführer der städtischen Betreibergesellschaft. | |
Der verteidigte zunächst die Entscheidung der Bademeister. Doch da war | |
schon in Göttingen, aber auch bundesweit eine Debatte über die bisherige | |
Praxis entstanden. Das Bündnis „Gleiche Brust für alle“ hatte in mehreren | |
Städten zu Protesten aufgerufen. | |
## Badeordnung ändern | |
Die Eimsbütteler Bezirksabgeordnete Reineke-Rügge bezieht sich in ihrem | |
Antrag explizit auf diesen Vorfall. „Dass im Jahr 2022 solche Unterschiede | |
zwischen den Geschlechtern gemacht werden, ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt | |
sie. Mit dem Antrag soll „zum Zweck der Gleichstellung von Frauen sowie | |
nichtbinären Menschen in den Hamburger bzw. Eimsbütteler Schwimmbädern | |
allen Besucherinnen und Besuchern der Aufenthalt im Schwimmbereich mit | |
freiem Oberkörper“ ermöglicht werden. | |
Klar ist, dass dafür die Haus- und Badeordnungen in Hamburgs Schwimmbädern | |
geändert werden müssen. Beim städtischen Schwimmbadbetreiber Bäderland | |
Hamburg, der 27 Hallen- und Freibäder unterhält, heißt es bislang: „Die | |
Nutzer haben alles zu unterlassen, was den guten Sitten sowie dem | |
Aufrechterhalten der Sicherheit, Ruhe und Ordnung zuwiderläuft.“ | |
In vielen anderen Schwimmbädern ist angeordnet, dass „angemessene Kleidung“ | |
beim Schwimmen zu tragen sei. Diese schwammigen Formulierungen sollen nach | |
dem Willen Reineke-Rügges in Hamburg dann der Vergangenheit angehören: „Wir | |
wollen mit unserem Antrag deshalb Klarheit schaffen, damit Besucher:innen | |
und Bäder sich künftig an eindeutigen und vor allem zeitgemäßen Regeln | |
orientieren können“, sagt Reineke-Rügge. | |
Sollte es soweit kommen, würde die Regelung in Hamburg sogar weiter gehen | |
als in [2][Göttingen]: Nach dem geschilderten Vorfall entschied der | |
Stadtrat, dass alle Geschlechter seit dem 1. Mai dieses Jahres auf | |
Oberkörperbekleidung verzichten können – allerdings nur an den Wochenenden. | |
## Auch Hannover will Regeln ändern | |
Das wiederum geht schon deutlich weiter als im Rest der Republik. In | |
[3][Berlin], Düsseldorf und München etwa ist es zwar teilweise möglich, mit | |
freiem Oberkörper herumzulaufen oder in der Sonne zu liegen – für | |
Schwimmbäder gibt es allerdings noch keine derartige Entscheidung. | |
Ausnahmen sind einzelne, privat betriebene Freibäder, wie etwa das | |
Strandbad Jungfernheide in Berlin. | |
In Hannover deutet sich seit wenigen Tagen an, dass eine ähnliche Regelung | |
wie in Göttingen und für Hamburg anvisiert wird: Zumindest haben die | |
Ratsfraktionen von SPD, Grünen und auch CDU klargestellt, dass sie sich | |
hinter einen Antrag der gemeinsamen Fraktion von Volt und Die Partei | |
stellen werden. Auch sie wollen die städtische Badeordnung dahingehend | |
ändern, dass der Aufenthalt im Nassbereich nicht mehr nur „in der üblichen | |
Badebekleidung (Badeanzug, Badehose, Badeshorts, Bikini, Burkini und | |
Tankini)“ erlaubt ist. | |
Sollte sich für den Eimsbütteler Antrag eine Mehrheit in der | |
Bezirksversammlung finden – was als wahrscheinlich gilt –, könnte es aber | |
noch dauern, ehe die Schwimmbadbetreiber tatsächlich die Gleichbehandlung | |
vollziehen. Bindend wäre der SPD-Antrag für sie nicht. | |
21 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Ungleichbehandlung-im-Schwimmbad/!5810196 | |
[2] /Goettingen-gegen-das-Verhuellungsgebot/!5842943 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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