Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Göttingen gegen das Verhüllungsgebot: Frei machen im Schwimmbad
> Noch muss entschieden werden, an wie vielen Tagen: Aber bald sollen in
> Göttingen wirklich alle Menschen oben ohne baden dürfen.
Bild: Oben ohne abgetaucht
Göttingen taz | In Göttingen gehen Kommunalpolitiker:innen gegen
das [1][Verhüllungsgebot in Schwimmbädern] vor. Noch konnte sich der
Sportausschuss des Stadtrats zwar nicht einigen, an wie vielen Wochentagen
alle oben ohne baden dürfen, der Beschluss wurde auf die nächste Sitzung im
Mai verschoben.
Dennoch würde sich Göttingen ganz nach vorne auf die Liste der Städte
setzen, die Frauen und nichtbinären Menschen entgegenkommen, wenn diese
ohne Oberteil baden wollen – so wie Männer.
Denn in Düsseldorf, München und demnächst auch Berlin ist es zwar teilweise
allen möglich, mit freiem Oberkörper herumzulaufen oder in der Sonne zu
liegen.
Aber in Schwimmbädern gilt nach wie vor die Vorschrift, sich „geeignet“ zu
kleiden. Was das aber genau bedeutet, lässt sich unterschiedlich
interpretieren. In der Regel wird dies so ausgelegt, dass alle, die für
eine Frau gehalten werden, ihre Brustwarzen mit Kleidung bedecken müssen.
Dagegen formiert sich Widerstand. Nachdem im vergangenen Jahr
Sicherheitskräfte eine barbusige [2][Mutter von einem Berliner
Wasserspielplatz verwiesen] hatten, hatte sich das bundesweite Bündnis
„Gleiche Brust für alle“ gegründet, das in einer Petition fordert, die
Ungleichbehandlung abzuschaffen.
Die Göttinger Kommunalpolitik beschäftigt sich mit dem Thema wegen
eines Vorfalls im August 2021. Mina Berger*, damals 30, hatte im städischen
Schwimmbad im Solebecken ihr Oberteil ausgezogen – und wurde von
Bademeistern hinausgeworfen. Anschließend beschwerte sich Berger, der/die
sich keinem Geschlecht zuordnen möchte, beim Geschäftsführer der
Betreibergesellschaft und schloss sich mit Unterstützer:innen dem
Bündnis „Gleiche Brust für alle“ an. „Ich will nicht, dass Körper gege…
Willen der Person sexualisiert werden“, begründete Berger das Engagement.
Zunächst hatte der Geschäftsführer das Verhalten der Bademeister [3][in
einer Mail verteidigt], es sei zum Schutz „vor sexuell motivierten
Verhaltensweisen und Blicken des anderen Geschlechts“ geschehen. Weiter
hieß es: „Das Schwimmbad soll nicht zum Schauplatz von triebhaften Personen
werden, sondern dem unbeschwerten Freizeitspaß aller im Wasser dienen.“ Im
Gespräch mit der taz hatte Berger darauf hingewiesen, dass dies der Logik
folge, Vergewaltigungsopfern die Schuld zu geben, weil sie sich „falsch“
gekleidet hätten. Zudem müsse sie auch angezogen mit Anglotzen, Sprüchen
und Übergriffen rechnen.
Alle Göttinger Ratsfraktionen wollen jetzt das Verhüllungsgebot tageweise
und als Modellversuch aufheben. Die CDU konnte sich dabei allerdings nur zu
einem Nachmittag pro Woche durchringen, deshalb gab es noch keine
Entscheidung. SPD und Linke sind bereit, sich dem Vorschlag des Göttinger
Frauenforums anzuschließen. Danach soll die Badeordnung nur das Bedecken
der primären Geschlechtsmerkmale vorschreiben.
Auch Mina Berger und das Göttinger Bündnis „Gleiche Brust für alle“ wür…
dies für die beste Lösung halten. Denn eine Regelung, die Oben-ohne-Baden
nur ausnahmsweise zulässt, zementiere nur die Vorstellungen dessen, was als
„normal“ und was als davon abweichend gilt.
*Name von der Redaktion geändert
5 Apr 2022
## LINKS
[1] /Ungleichbehandlung-im-Schwimmbad/!5810196
[2] /Oben-Ohne-Demo-in-Berlin/!5784798
[3] /Ungleichbehandlung-im-Schwimmbad/!5810196
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
Gleichberechtigung
Göttingen
Schwimmbad
SPD Hamburg
Gleichberechtigung
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Klimawandel
Landesantidiskriminierungsgesetz
Brüste
Diskriminierung
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Antrag auf Gleichbehandlung in Bädern: Oben ohne für alle
Die SPD Hamburg hat einen Antrag gestellt, Frauen und Nicht-Binäre sollen
ohne Oberbekleidung ins Schwimmbad dürfen. In Göttingen geht das –
teilweise.
Gleichberechtigung für nackte Oberkörper: Brust raus im Schwimmbad
In Göttingen können bald alle Menschen oberkörperfrei ins Schwimmbad. Ein
Fortschritt bei der Gleichberechtigung – allerdings bisher nur am
Wochenende.
Streit Polizeiwache am Kottbusser Tor: Nicht zu Ende gedacht
Am Kotti, dem linkem Mythenort in Berlin schlechthin, soll eine
Polizeiwache einziehen. Es ist ein höchst sensibles Projekt – und ebenso
umstritten.
Baumpflanzaktion für besseres Klima: Miniwälder auf engstem Raum
Platz für Wald im Mini-Format ist überall und er ist auch nicht teuer. Mit
dieser Botschaft macht ein Verein aus Schleswig-Holstein Schule.
Diskriminierung von Frauen in Berlin: Es muss mehr geklagt werden
Frauen dürfen nicht mit freiem Oberkörper sonnenbaden? Eine Berlinerin
wurde deswegen aus der Plansche geworfen – und klagt. Ein Wochenkommentar.
Kampf für Gleichberechtigung: Brust raus!
Gabrielle Lebreton ist wegen ihres freien Oberkörpers einer Grünanlage
verwiesen worden. Nun verklagt sie den Berliner Bezirk wegen
Diskriminierung.
Verhüllungsgebot für weibliche Brüste: Vielleicht jetzt doch oben ohne
Der Geschäftsführer der öffentlichen Bäderbetriebe in Göttingen rudert
zurück. Er hat nun doch Verständnis, wenn Frauen Gleichberechtigung
fordern.
Eine Woche im Stadtbad Berlin-Neukölln: Wir müssen das ausbaden
Frauen, Schwule, Flüchtlinge: Im Stadtbad Neukölln hat jede Gruppe ihre
Zeit. Wie sollen wir zusammenleben, wenn wir nicht mal zusammen planschen
können?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.