# taz.de -- Grünes Gewissen der Industrieländer tagt: Ein neues Feindbild fü… | |
> Umwelt- und Klimaminister der G7 wollen bis 2035 CO2-freien Strom, | |
> E-Autos und Hilfen für arme Staaten. Die Chefs entscheiden im Juni. | |
Bild: Die G7-Minister/innen für Klima, Energie und Umwelt stellen sich für ei… | |
BERLIN taz | „Diese Konferenz hatte einen gemeinsamen Feind“, sagte Robert | |
Habeck nach dem Treffen der G7-MinisterInnen für Umwelt, Klima und Energie | |
am Freitagmittag in Berlin. Der grüne Klima-und Wirtschaftsminister meinte | |
nicht [1][Russland], sondern „den Status Quo. Was wir tun, ist zu wenig, | |
wir müssen das Ambitionsniveau steigern.“ | |
Dafür hatten die Delegationen drei Tage über Klimaschutz, Naturschutz, den | |
Erhalt der Artenvielfalt und den Schutz der Meere verhandelt – alles | |
Probleme, deren Lösungen „eng zusammenhängen“, wie Umweltministerin Steffi | |
Lemke sagte. Herausgekommen sind viele Empfehlungen an die G7-Staats- und | |
Regierungschefs für deren Gipfel im bayerischen Elmau in einem Monat. | |
## Kohleausstieg in den G7-Ländern bis 2035 | |
Zumindest beim Klimathema hätten sich die G7-Länder etwa 15 Seiten ihrer | |
Ausführungen sparen können. Denn bereits auf Seite 23 [2][der 39-seitigen | |
Erklärung] steht eigentlich alles Nötige: „Wir erkennen an, dass es zentral | |
wichtig ist, Klimawandel-Betrachtungen konsistent in alle ökonomischen und | |
finanziellen Entscheidungsprozesse einzubinden.“ Täten die G7-Staaten das, | |
drohte der Erde nicht eine Erwärmung um 3,2 Grad Celsius bis 2100, wie die | |
Erklärung beklagt. Und die Regierungen müssten auch nicht mit „Sorge zu | |
Kenntnis nehmen, welchen Umfang private Investitionen, vor allem die | |
fossilen Energien“ erreicht haben, die dem Pariser Abkommen widersprechen. | |
Weil die Welt aber nicht so einfach ist, geht die Erklärung sehr ins Detail | |
– durchaus mit Fortschritten, wie KlimaschützerInnen meinen: Bis 2035 | |
versprechen die westlichen Industrieländer, ihre Stromversorgung | |
größtenteils ohne CO2-Ausstoß zu organisieren, was Greenpeace einen | |
„wichtigen Schritt zum globalen Klimaschutz“ nennt. [3][Das erhoffte Datum | |
2030 für einen Kohleausstieg] schaffte es allerdings nicht in den Text. | |
Aber alle G7-Länder, jetzt auch Japan, stellen ihre Exportfinanzierung für | |
Kohle ein; bis 2030 soll ihr Verkehr „in hohem Maße“ dekarbonisiert sein, | |
also ohne Verbrennungsmotoren laufen; die Industrieländer wollen sich auf | |
Standards einigen, was als „grüner“ Stahl und Zement gilt, um den Sektor in | |
Schwung zu bringen. Den Ausbau des grünen Wasserstoffs wollen sie ebenfalls | |
vorantreiben, beim Ausbau der Erneuerbaren sprechen sie von einer | |
Verdreifachung, und sie wollen den Klimakiller Methan energischer | |
bekämpfen. | |
## Flexibel beim Schadensersatz, aber nicht mehr Geld | |
International wollen die G7 in einem „Klima-Club“ ihre Politik abstimmen | |
und weiter Schwellenländern wie Südafrika helfen, von der Kohle | |
loszukommen. Dazu kommt das Versprechen, jeweils ein Drittel der Land- und | |
Meeresgebiete [4][unter Naturschutz zu stellen], die Kreislaufwirtschaft zu | |
stärken und Handelsketten sozialer und ökologischer zu organisieren. | |
Die westlichen G7-Industriestaaten senden auch Signale an die | |
Entwicklungsländer, dass sie zu Fortschritten im UN-Prozess im Herbst | |
bereit sind: Zum ersten Mal lassen die Industrieländer in dem Text | |
ausdrücklich die Bereitschaft erkennen, beim heftig umstrittenen Thema | |
„Verluste und Schäden“ konkret zu verhandeln. Dabei geht es um | |
Schadensersatz für bereits akute Klimaschäden. | |
Auch soll es für arme Länder mehr Geld für die Anpassung an den Klimawandel | |
geben – allerdings nicht insgesamt mehr Hilfen als die bislang schon | |
zugesagten 100 Milliarden Dollar jährlich, bei denen die Industriestaaten | |
ihre Versprechen derzeit nicht einhalten. Klarheit über höhere Hilfen soll | |
es erst 2024 geben – „dass hier klare Zusagen fehlen, ist für viele Länder | |
enttäuschend“, sagt Brick Medack von der Umweltorganisation E3G. | |
Eine Formulierung, dass die G7 die Investitionshilfen für saubere Techniken | |
in den Entwicklungsländern von „Milliarden zu Billionen“ aufstocken wollen, | |
die zwischenzeitlich rausgeflogen war, kehrte in den Endtext zurück. | |
Allerdings fehle der Zusatz, dass sich der Ausbau der Erneuerbaren in | |
diesen Ländern dadurch versiebenfachen muss, um die globalen Klimaziele zu | |
erreichen. | |
Ohnehin bleibt der Bereich Finanzen schwierig. Zwar bekräftigen die G7 | |
ihren Beschluss, „ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe“ bis | |
2025 zu streichen. Aber derzeit werden vor dem Hintergrund des | |
Ukraine-Kriegs für neue Gas-Infrastruktur erstmal wieder öffentliche Gelder | |
debattiert – diese sollen aber laut Beschluss „zielgerichtet und zeitlich | |
begrenzt sein.“ | |
Klimaminister Habeck machte aber auch klar: Selbst wenn die G7 alles | |
richtig machen würden, werde das „die Erderwärmung nicht maßgeblich | |
bremsen“. Dafür müssten sie gemeinsam mit den G20-Staaten sorgen. Denn die | |
„Großen 20“ verursachen alle zusammen etwa 80 Prozent der weltweiten | |
CO2-Emissionen. | |
Indonesien als G20-Gastgeber im November auf Bali nahm an dieser | |
G7-Konferenz teil, Habeck lobte den „Geist der Gemeinsamkeit“. Die große | |
Debatte in Bali wird aber wohl sein, ob der gemeinsame Feind der G7 dann | |
immer noch der Status Quo ist – oder der G20-Staat Russland. | |
27 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5857352 | |
[2] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/05/20220527-abschl… | |
[3] /Neues-Ziel-der-G7-Klimaminister/!5857223 | |
[4] /Spanischer-Meerbusen-wird-Rechtsperson/!5847235 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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