| # taz.de -- Waffen für die Ukraine: Deutsche Geparden für die Ukraine | |
| > Die Ampelkoalition exportiert nach viel Hin und Her schwere Waffen. | |
| > Obwohl die SPD vorher vor einer Eskalationsgefahr gewarnt hatte. | |
| Bild: Sowas liefert man lieber: Nachtsichtgerät der Bundeswehr | |
| Am Dienstag lernten die Deutschen also mal wieder einen neuen Panzer | |
| kennen. Den [1][Leopard, den Marder, die Panzerhaubitze 2000]: Kennt man | |
| inzwischen alle, sie sind in der wochenlangen Diskussion über neue Waffen | |
| für die Ukraine schließlich oft genug durch die Tagesschau gefahren. Als | |
| Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Vormittag den Wendepunkt in | |
| der Debatte verkündete, ging es aber weder um den Kampf- noch um den | |
| Schützenpanzer und auch nicht um das Artilleriegeschütz. Nein, die erste | |
| schwere Waffe, die die Ukraine direkt aus Deutschland erhält, ist der | |
| Gepard. | |
| Lambrecht verkündete die Nachricht in Ramstein, wohin die USA 40 Staaten | |
| geladen hatte, um über weitere Waffenhilfen für Kiew zu sprechen. „Erst | |
| gestern haben wir entschieden, dass Deutschland die Lieferung von | |
| Gepard-Flugabwehrpanzern an die Ukraine ermöglichen wird“, sagte sie dort. | |
| Es ist kein Panzer aus Bundeswehrbeständen: Das deutsche Militär hat den | |
| Gepard schon vor Jahren aus Kostengründen aussortiert. Stattdessen kommt | |
| die Lieferung vom Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann, der ein paar | |
| Dutzend der alten Geräte besitzt und sie der Ukraine direkt angeboten hat. | |
| Die Regierung genehmigt den Export jetzt. | |
| Die Panzer stammen noch aus der Zeit des Kalten Kriegs. Vorgesehen sind sie | |
| vor allem zur Bekämpfung von Zielen in der Luft, tieffliegende Flugzeuge | |
| und Helikopter zum Beispiel. Sie sind 48 Tonnen schwer, gepanzert und mit | |
| zwei Maschinenkanonen ausgestattet, die bis zu 6 Kilometer weit schießen | |
| können. | |
| Gegen die Lieferung solcher schwerer Waffen aus westlicher Produktion hatte | |
| die Bundesregierung über Wochen verschiedene Argumente angeführt. Ein | |
| häufig genanntes, ganz praktisches: Wichtig sei, dass die ukrainische Armee | |
| gelieferte Waffen sofort nutzen könne. Bei den Gepard-Panzern ist das eher | |
| nicht der Fall: Sie müssen erst noch instandgesetzt werden. Dazu kommt die | |
| Ausbildung ukrainischer Soldat*innen, die beim relativ komplizierten Gepard | |
| wohl noch länger dauert als etwa beim Schützenpanzer Marder. Ein zweites, | |
| grundsätzliches Gegenargument war bisher vor allem aus der SPD zu hören: | |
| [2][die Eskalationsgefahr]. Die russische Führung könne demnach die | |
| Lieferung schwerer Waffen aus dem Westen als Provokation sehen und [3][mit | |
| einem direkten Angriff reagieren]. | |
| ## International wuchs der Druck | |
| Beide Argumente zählen nun beim Gepard offenbar nicht mehr. Für Marder- und | |
| Leopard-1-Panzer, die die Industrie der Ukraine laut Medienberichten | |
| ebenfalls angeboten hatte, gibt es dagegen bislang noch keine | |
| Exportgenehmigung. Ein Ringtausch, bei dem die Bundeswehr Marder aus | |
| eigenen Beständen an Slowenien abgeben würde, die dafür jugoslawische | |
| Kampfpanzer an die Ukraine gibt, ist seit vergangener Woche in | |
| Vorbereitung. Grünes Licht gibt es hier allerdings noch nicht. Stück für | |
| Stück robbt sich die Bundesregierung also an die Lieferung schwerer Waffen | |
| ran, nachdem der Druck zuletzt sehr groß geworden war. Er wuchs | |
| international, als über die letzten Wochen und Tage immer mehr Staaten | |
| vorgelegt hatten – unter anderem mit sowjetischen Kampfpanzern aus | |
| osteuropäischen Nato-Staaten, Panzerhaubitzen aus den Niederlanden und | |
| weiteren Geschützen aus den USA und Frankreich. | |
| Dazu kam der Druck aus der Koalition selbst, wo sich öffentlich am | |
| deutlichsten vernehmbar die Bundestagsausschussvorsitzenden Marie-Agnes | |
| Strack-Zimmermann (FDP), Toni Hofreiter (Grüne) und Michael Roth (SPD) für | |
| mehr Waffen ausgesprochen hatten. Und nicht zuletzt: der Druck aus der | |
| Opposition im Bundestag. Für die laufende Sitzungswoche hatte die Union | |
| einen eigenen Antrag zum Thema eingebracht. | |
| Ein Bundestagsbeschluss wäre rein appellativ, er hätte für die Regierung | |
| keine bindende Wirkung. Als PR-Instrument kann so ein Oppositionsantrag | |
| aber durchaus seine Wirkung erfüllen. CDU und CSU fordern in ihrem Papier | |
| die Lieferung von schweren Waffen aus Bundeswehrbeständen, inklusive | |
| Kampfpanzer, sprich: den Leopard 2. Das würde qualitativ nicht nur über den | |
| Gepard-Export hinausgehen, sondern über alle bisherigen Panzerlieferungen | |
| aus dem Westen. Die Ampelfraktionen haben dem Unionsvorschlag einen | |
| eigenen, schwächer formulierten Antrag entgegengestellt. | |
| Die Spitze der CDU/CSU-Fraktion reagierte am Dienstag dennoch positiv auf | |
| die Signale aus der Ampel. „Ich habe den Eindruck, dass das auf dem | |
| richtigen Weg ist“, sagte Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer | |
| der Fraktion. Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander | |
| Dobrindt. Er zeigte sich gesprächsbereit für Verhandlungen mit der | |
| Koalition über einen gemeinsamen Antrag im Bundestag. Auch die Ankündigung | |
| der Exportgenehmigung für die Gepard-Panzer sei ein Schritt in die richtige | |
| Richtung. | |
| ## Kritik aus der Linksfraktion | |
| Aber nicht alle in der Fraktion sehen das so. Henning Otte (CDU), | |
| stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, hält | |
| Lambrechts Gepard-Ankündigung für „die nächste Nebelkerze“, die leicht | |
| durchschaubar sei: „Vorzugeben, schwere Waffen zu liefern, aber | |
| gleichzeitig sicherzustellen, dass sie nicht rechtzeitig im Einsatz genutzt | |
| werden können“, kritisierte Otte auf Twitter. Dennoch spricht viel dafür, | |
| dass die Union ihren eigenen Antrag, der am Donnerstag im Bundestag | |
| debattiert werden sollte, zurückziehen wird. Seinen Zweck hat dieser schon | |
| erfüllt: Er hat die Ampel getrieben. | |
| Kein eigener Antrag, dafür aber umso deutlichere Kritik kommt aus der | |
| Linksfraktion. Sie lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine entschieden ab. | |
| Die US-Einladung für das Treffen in Ramstein nannte die Abgeordnete Sevim | |
| Dağdelen einen „dreisten Angriff auf die Souveränität Deutschlands“. Die | |
| Ampel hätte ihr zufolge den „von den USA einberufenen Kriegsratschlag mit | |
| ausgewählten Staaten auf deutschem Boden“ untersagen sollen. | |
| Waffenlieferungen verhindern ihr zufolge einen Verhandlungsfrieden im Krieg | |
| gegen die Ukraine und drohten den „Ukrainekonflikt zum dritten Weltkrieg“ | |
| auszuweiten. | |
| 26 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
| Sabine am Orde | |
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