# taz.de -- Explodierende Baukosten: Baustopp für Sozialwohnungen | |
> „Bauen, bauen, bauen“ hieß Hamburgs Antwort auf steigende Mieten. Wegen | |
> höherer Kosten müssen Wohnungsunternehmen nun Neubauprojekte verschieben. | |
Bild: Liegen erst mal auf Eis: Bauprojekte in Norddeutschland | |
Hamburg taz | Stahl, Holz und Arbeitskraft: Alles, was es heute zum Neubau | |
braucht, ist teurer geworden. Deshalb befürchten zahlreiche norddeutsche | |
Unternehmen für sozialen Wohnungsbau, die Neubauprojekte nicht angehen zu | |
können, die sie für 2022 geplant hatten. Das geht aus einer Befragung von | |
104 Wohnungsunternehmen hervor, die der Verband norddeutscher | |
Wohnungsunternehmen (VNW) am Montag veröffentlichte. Darin hieß es weiter, | |
dass 86 Prozent der Unternehmer die Zukunft im Neubaugewerbe als schlecht | |
oder sehr schlecht bewerten. | |
Grund dafür seien die gestiegenen Preise von Baumaterialien, gestörte | |
Lieferketten sowie Personalmangel in den Unternehmen. 60 Prozent der | |
befragten Unternehmen wollten deshalb den Start von Neubauprojekten | |
verschieben, die für 2022 geplant waren, oder sind sich über den Baustart | |
noch unsicher. Das betrifft laut Angaben des Verbandes den Baustart von | |
rund 3.000 Wohnungen in Norddeutschland, 1.300 davon in Hamburg. | |
Der Hamburger Senat hat [1][die Zielvorgabe], rund 10.000 neue Wohnungen | |
jährlich zu bauen. 35 Prozent dieser Wohnungen sollten Sozialwohnungen | |
sein, also von der Stadt gefördert und mit einer Miete zwischen 6,80 und | |
neun Euro. Nachdem dieses Ziel in den vergangenen Jahren recht zuverlässig | |
erreicht wurde, [2][verfehlte die Stadt es 2021 deutlich]: Statt eines | |
Drittels wurden im vergangenen Jahr nur ein Fünftel der neu entstandenen | |
Wohnungen subventioniert. Die Subventionierung beinhaltet auch eine | |
Mietpreisbindung. | |
VNW-Direktor Andreas Breitner geht nun davon aus, dass die selbst | |
gesteckten Vorgaben wegen der Lage in der Branche 2022 erneut gerissen | |
werden. „Ich fürchte einen deutlichen Rückgang des Wohnungsneubaus in | |
Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg“, so Breitner in | |
einer Mitteilung des Verbandes. Gerade in [3][Ballungszentren wie Hamburg] | |
werde sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen. | |
Die Genossenschaften stehen vor einem zentralen Problem: Im Gegensatz zu | |
kommerziellen Vermietern können sie die Preissteigerungen nicht einfach an | |
Mieter weitergeben. Denn diese können für die gestiegen Preise nicht | |
aufkommen. Daher ist bisher der Baustopp die einzige Option, um Kosten zu | |
decken. | |
Gesteigert werde die Planungsunsicherheit für die Wohnungsbaugesellschaften | |
zudem durch Zulieferer und Bauunternehmer, die keine genauen Preise für | |
Projekte nennen könnten. Weil die Energiekosten aktuell stark schwanken, | |
sind langfristige Vorhaben wie Bauprojekte kaum planbar – zumal die | |
laufenden Kosten für Bauunternehmen teils deutlich gestiegen sind. In | |
Schleswig-Holstein etwa berichten 15,4 Prozent der befragten Unternehmen | |
von einer Preissteigerung von bis zu 50 Prozent. | |
Kommunen und Städte könnten zwar für die Preissteigerungen einspringen, | |
doch die nötige Summe wäre enorm. Laut VNW-Angaben müsse man bei | |
Neubauprojekten heute mit einer Nettokaltmiete zwischen 14 und 15 Euro pro | |
Quadratmeter rechnen – statt höchstens neun Euro Miete pro Quadratmeter, | |
wie bei Sozialwohnungen vorgesehen. Für die Differenz kann auch die | |
öffentliche Hand nicht aufkommen. „Das Problem ist: Die hohen Baukosten | |
sind für alle gleich und wer keine Mondmiete nehmen will, der ist raus“, so | |
VNW-Chef Breitner. Daher liegt ein Großteil der geplanten Projekte vorerst | |
auf Eis. | |
5 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Leopold Pelizaeus | |
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