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# taz.de -- Gesetz gegen Mietwucher: Die FDP bremst
> Mehrere Bundesländer wollen das Gesetz gegen Mietwucher verschärfen. Die
> Bundesregierung, vor allem die FDP, äußert rechtliche Bedenken.
Bild: Auch weiterhin keine Konsequenzen für Miethaie?
Freiburg taz | Die Bundesregierung hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen
einen Gesetzentwurf des Bundesrats, mit dem dieser Mietwucher besser
bekämpfen will. Die Stellungnahme der Bundesregierung, die der taz
vorliegt, wurde von [1][Justizminister Marco Buschmann (FDP)] vorbereitet.
Mietwucher wird im deutschen Recht in zwei Gesetzen geahndet. Wenn die
Miete mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und
der Vermieter dabei den örtlichen Mangel an Wohnraum ausnutzt, ist dies
eine Ordnungswidrigkeit. Diese „Mietpreisüberhöhung“ kann laut
Wirtschaftsstrafgesetz mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro
sanktioniert werden. Wenn die Miete sogar mehr als 50 Prozent über der
ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und der Vermieter dabei eine persönliche
Zwangslage ausnutzt, ist dies sogar eine Straftat. Laut Strafgesetzbuch
kann „Wucher“ mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.
Der Gesetzentwurf des Bundesrats will ausschließlich die Vorschrift zur
„Mietpreisüberhöhung“ verschärfen. Zum einen soll die maximale Geldbuße…
100.000 Euro verdoppelt werden. Zum anderen soll es nicht mehr darauf
ankommen, dass der Vermieter den Mangel an Wohnungen „ausnutzt“. Es soll
künftig genügen, dass ein Mangel „vorliegt“.
Anlass des Bundesratsvorschlags sind Urteile des Bundesgerichtshofs, die
die Anforderungen so hoch schraubten, dass die Vorschrift praktisch ins
Leere läuft. Mieter:innen müssen derzeit nachweisen, dass sie sich
bisher erfolglos um Wohnungen bemühten und diese Zwangslage „ausgenutzt“
wurde. Außerdem muss dem Vermieter ein entsprechender Vorsatz nachgewiesen
werden.
## Kritik vorallem von Unions-Minister:innen
Der Gesetzentwurf war im Bundesrat von fünf Ländern mit unterschiedlicher
parteipolitischer Ausrichtung eingebracht worden. Bayern und
Nordrhein-Westfalen sind unionsregiert. In Berlin, Hamburg und Brandenburg
stellt die SPD den oder die Regierungschef:in. Der Gesetzentwurf wurde 2019
vom Bundesrat schon einmal eingebracht, vom Bundestag dann aber nicht vor
Ende der Wahlperiode verabschiedet.
Die Bundesregierung sieht in ihrer Stellungnahme von Ende März Probleme mit
dem verfassungsrechtlichen Schuldprinzip. Wenn auf das „Ausnutzen“ einer
Mangellage verzichtet würde, fehle möglicherweise ein ahndungswürdiges
Unrecht und damit auch eine Schuld des Vermieters. Die Bundesregierung hat
wohl den häufigen Fall vor Augen, dass die überhöhten Mieten von gut
situierten Mietern bezahlt werden, die sich gar nicht in einer Notlage
sehen.
Federführend für die Stellungnahme der Regierung war Justizminister Marco
Buschmann (FDP). Laut Medienberichten haben Wirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) zugestimmt. Letzteres
erstaunt nicht, da 2019 die damalige Justizministerin Christine Lambrecht
(SPD) beim ersten Anlauf des Bundesrats eine fast identische Stellungnahme
vorlegte.
Kritik kommt nun vor allem von Unions-Minister:innen.
NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) erklärte die Stellungnahme der
Bundesregierung für „nicht nachvollziehbar“. Seine Stuttgarter Kollegin
Marion Gentges (CDU) bezeichnete die derzeitige Rechtslage als „stumpfes
Schwert“.
Wichtigstes Instrument gegen steigende Mieten ist derzeit [2][die 2015
eingeführte zivilrechtliche Mietpreisbremse.] Sie sieht vor, dass die Miete
in Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt bei Neuvermietung nicht mehr als
10 Prozent über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen darf. Inzwischen
können Mieter:innen die überhöhte Miete auch nachträglich zurückfordern.
12 Apr 2022
## LINKS
[1] /Ueber-Marco-Buschmann-alias-MB-Sounds/!5830669
[2] /Wohnungsnot-und-Mieterrecht/!5663751
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Mietenwahnsinn
Mietenpolitik
Marco Buschmann
Ampel-Koalition
Wohnungspolitik
Deutscher Mieterbund
FDP
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Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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