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# taz.de -- Relativierung des Ukraine-Kriegs: Ostermarsch sucht Schuld bei Nato
> Das Forum für Völkerverständigung organisiert die Hamburger Ostermärsche.
> Im Aufruf für 2022 wird vor allem „der Westen“ angegriffen.
Bild: Bescheidenes Friedenszeichen: Ein Mann hält beim Hamburger Ostermarsch 2…
Hamburg taz | „Krieg ist ein Verbrechen“, schreibt das Hamburger Forum für
Völkerverständigung und weltweite Abrüstung in seinem aktuellen Rundbrief
von Anfang April, und: „Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Was dann
folgt, ist im Großen und Ganzen eine Rechtfertigung Russlands.
Das Forum organisiert alljährlich die Ostermärsche in Hamburg. Der Flyer
mit der Einladung für die Märsche am Karsamstag und Ostermontag beinhaltet
auf den ersten Blick vor allem pazifistische, antimilitaristische
Positionen: Abrüstung, Verhandlungen, Aufnahme von Flüchtenden und keine
Waffenlieferungen. Ähnliche Forderungen liest man [1][auch für andere
Friedensdemos,] so auch für die Ostermärsche in Oldenburg, Bremen oder
Osnabrück.
Der Hamburger Aufruf unterscheidet sich aber durch eine Analyse, die die
Schuld in erster Linie bei der Nato sucht. „Die Bundesregierung hat sich
als Vasall an die Seite der USA gestellt, die im Kampf um die Erhaltung
ihrer weltweiten Hegemonie mit der Nato-Osterweiterung Russland in die
Knie zwingen will“, schreibt Markus Gunkel vom Hamburger Forum im
Rundbrief.
Und im Ostermarsch-Flyer selbst [2][heißt es:] „Die Kündigung vieler
wichtiger Rüstungskontrollverträge durch die USA, die kontinuierliche
Nato-Osterweiterung und die forcierte Nato-Aufrüstung, mediale Hetze gegen
Russland und China haben zur Eskalation beigetragen und die
Sicherheitsinteressen Russlands bedroht.“
## Russlands Rolle wird relativiert
Aufgegriffen hatte das Schreiben die Hamburger Morgenpost [3][in ihrer
Ausgabe vom Dienstag]. „Zoff um den Ostermarsch“ schreibt die Mopo dort und
wirft dem Hamburger Forum vor, auf Kreml-Linie zu sein. Die Kritik hält
Rundbrief-Autor Gunkel für verleumderisch. „Dort wird behauptet, dass ich
für Putin bin“, bemängelt Gunkel. „Wir schreiben aber klar, dass wir den
Rückzug der russischen Truppen fordern.“ Tatsächlich kommt Putin in den
Texten Gunkels mit keinem Wort vor. Die Forderung nach einem Rückzug
Russlands steht prominent am oberen Rand des Aufrufs.
Doch es lohnt der Blick ins Detail: Aus Russlands Angriff auf die Ukraine
wird bei Gunkel „Russlands Eintritt in den Ukrainekrieg, der innerhalb des
Landes schon seit 2014 ausgetragen wird.“ Die Rede ist damit nur noch von
einer „Ausweitung der Kampfhandlungen“ durch Russland.
USA und Nato „wollen die Entwicklung hin zu einer multipolaren Welt nicht
akzeptieren und gehen dafür über Leichen“, schreibt Gunkel, bevor er
zugibt, dass „jetzt auch Russland im Ukrainekonflikt auf militärische
Machtpolitik“ setze. Dies wird weiter relativiert: Schließlich gebe der
Westen weit mehr Geld für Rüstung aus.
## Gewerkschaften werben für Teilnahme
Die Mopo hatte in ihrem Artikel vermutet, dass nun der Ostermarsch
geschwächt werde: Vertreter*innen der Linken, darunter die ehemaligen
Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider und Kersten Artus gaben an,
an der Friedensdemo nicht teilnehmen zu wollen. Schneider möchte sich nicht
ein weiteres Mal öffentlich zu dem Thema äußern.
Doch ob die Aussagen tatsächlich viele Besucher*innen abhalten werden,
ist schwer zu ermessen. Der öffentlichen Äußerung von Schneider und Artus
zum Trotz ruft etwa die Linke weiter zum Ostermarsch auf. Das kann kaum
verwundern: Beim Parteitag der Hamburger Linken Ende März hatte sich
ohnehin [4][keine Mehrheit für eine als „Minimalkonsens“] angekündigte
schlichte Verurteilung des russischen Angriffs gefunden; große Zustimmung
fand dagegen eine alte friedenspolitische Forderung, die vor
Kriegsvorbereitungen der Nato warnte.
Auch bei der Diakonie wird weiter für die Teilnahme am Ostermarsch
geworben. Und anders, als in der Mopo impliziert, distanzieren sich auch
die Gewerkschaften nicht von den Veranstalter*innen des
Friedensmarsches.
„Gerade jetzt ist es wichtig, gemeinsam zu zeigen, dass sich viele Menschen
in Deutschland für Frieden in Europa und weltweit einsetzen“, sagt Hamburgs
DGB-Pressesprecherin Savannah Guttmann. Die Ostermärsche spiegelten
traditionell die ganze [5][Bandbreite der in der Friedensbewegung
vertretenen Positionen]. Das zeige sich eben auch an der Vielzahl
unterschiedlicher Aufrufe.
14 Apr 2022
## LINKS
[1] /Linke-Demo-gegen-Russland-und-die-Nato/!5843627
[2] http://daten2.verwaltungsportal.de/dateien/seitengenerator/ff0c0fe2f571aec4…
[3] https://www.mopo.de/hamburg/zoff-um-ostermarsch-kein-wort-zu-putin-aber-die…
[4] /Ukrainekrieg-entzweit-Partei/!5844269
[5] /Friedensaktivist-ueber-Ukraine-Invasion/!5837777
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
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Hamburg
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