# taz.de -- Gedenkveranstaltungen in Kriegszeiten: Tag der Befreiung macht Sorg… | |
> Berliner Behörden rechnen wegen des Ukraine-Kriegs mit Kundgebungen | |
> russischer Nationalisten am 9. Mai. Gegendemos gibt es schon. | |
Bild: Antirussische Schmierereien am sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park | |
BERLIN taz | Der Autokonvoi mit russischen Fahnen und Parolen mitten durch | |
Berlin vor einer Woche war offenbar nur ein Vorspiel für das, was Berlin am | |
Jahrestag des Endes des zweiten Weltkriegs erwartet. Für den 8. und 9. Mai | |
sind bei der Polizei bisher 17 Veranstaltungen angemeldet. Die meisten | |
Anmeldungen kommen von Organisationen, die jedes Jahr dem Ende des Krieges | |
gedenken, etwa Bezirksämter und Parteien, DGB, Bund der Antifaschisten, | |
eine polnische und mehrere lokale Initiativen. Sie sollen an den | |
Sowjetischen Ehrenmalen im Tiergarten, im Treptower Park, in Buch, am | |
KZ-Außenlager Lichterfelde, am Kapitulationsmuseum Karlshorst oder auf dem | |
Ernst-Reuter-Platz stattfinden. | |
Hinzu kommen jedoch in diesem Jahr Anmeldungen zu Veranstaltungen, über | |
deren Zielgruppe man bislang nur Vermutungen anstellen kann. So hat für die | |
Mittagsstunden des 9. Mai eine Privatperson am Sowjetischen Ehrenmal im | |
Tiergarten einen „Rotarmisten-Gedächtnis-Aufzug“ zum Gedenken an die im 2. | |
Weltkrieg gestorbenen sowjetischen Soldaten mit 1.300 Teilnehmern | |
angemeldet. Ob sich dahinter russische Nationalisten verbergen, ist unklar. | |
Eigentlich [1][mobilisieren jene bundesweit vor allem in Telegram-Gruppen | |
für denselben Tag in den Treptower Park] und stimmen sich bereits über | |
Details wie die Parkplatzsuche ab. Für diesen Ort gibt es aber bislang | |
keine Anmeldung von ihnen. | |
In der Nacht zum 9. Mai 1945 wurde in Berlin die Kapitulationsurkunde | |
unterschrieben und an die Rote Armee übergeben. Damit endete der Zweite | |
Weltkrieg für Europa. Wegen der Zeitverschiebung wird das Kriegsende in | |
Russland erst am 9. Mai gefeiert. Angesichts des Kriegs Russlands gegen die | |
Ukraine ist das Datum in diesem Jahr besonders symbolträchtig. Putin möchte | |
auf dem Roten Platz in Moskau den Sieg über die Ukraine zelebrieren – was | |
auch immer er darunter versteht – und diesen in eine Reihe mit dem Sieg | |
über Hitlerdeutschland stellen. | |
Die Berliner Politik ist daher sensibilisiert. „In Hinblick auf die | |
Sicherheitslage ist die Senatskanzlei im Austausch mit der Innenverwaltung | |
sowie den zuständigen Sicherheitsbehörden,“ heißt es aus der Senatskanzlei | |
zur taz. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) erklärte vergangene Woche im | |
Abgeordnetenhaus, sie rechne am 8. und 9. Mai mit Konflikten. Vor dem | |
Autokorso russischer Nationalisten war ihre Einschätzung noch | |
zurückhaltender gewesen. | |
## Russe ohne Begleitung | |
Wenn der russische Botschafter am 9. Mai in den Treptower Park pilgert, | |
wird ihn anders als in den Vorjahren kaum jemand aus der Berliner oder | |
bundesdeutschen Politik begleiten. Das ist weder von der Bundes- noch von | |
der Landesregierung vorstellbar. Für die Linkspartei schloss dies | |
Landeschefin Katina Schubert auf Anfrage der taz definitiv aus. | |
Stattdessen ist mit Gegenveranstaltungen zu rechnen, die sich der | |
Instrumentalisierung des Kriegsendes 1945 für den russischen Krieg gegen | |
die Ukraine entgegenstellen. Und anders als beim Autocorso vor einer Woche | |
werden dazu voraussichtlich nicht nur wenige Russlanddeutsche und | |
UkrainerInnen kommen. „Es ist unsere Aufgabe, dagegen zu demonstrieren“, | |
sagt die grüne Vorsitzende des Innenausschusses, Gollaleh Ahmadi. „Das | |
können wir nicht den UkrainerInnen allein überlassen. Über das Wie müssen | |
wir noch diskutieren.“ | |
Medina Schaubert, russlanddeutsche CDU-Bezirkspolitikerin in | |
Marzahn-Hellersdorf, hatte sich auch schon dem pro-russischen Autokorso | |
entgegengestellt. „Aber wir waren zu wenige“, bedauert sie. Für den 9. Mai | |
fordert sie von der Polizei harte Auflagen gegenüber den Putinisten, | |
beispielsweise ein Verbot russischer und sowjetischer Fahnen und | |
entsprechender Symbole. „Ein Sicherheitskonzept ist sehr wichtig“, sagte | |
sie der taz. „Kommt es zu Krawallen, wird nach Moskau die Botschaft | |
gesendet, auch in Berlin seien Russen in Gefahr.“ | |
Bereits besser vorbereitet sind russische Exilgruppen in Berlin. Sie haben | |
für den 9. Mai zwei Gegenveranstaltungen im Tiergarten und Treptower Park | |
angemeldet, wo sie gegen den russischen Überfall auf die Ukraine | |
protestieren wollen. Natascha Ivanova von der Gruppe „Demokratie – Ja“, d… | |
an der Veranstaltung im Tiergarten mitwirken wird, sagte der taz: „Wir | |
können diesen Raum nicht den Putinisten überlassen. Wir planen | |
mehrsprachige Infostände über den Krieg in der Ukraine und über die | |
russische Kriegspropaganda.“ Weitere Aktionen seien noch in Absprache mit | |
den beteiligten Gruppen. | |
11 Apr 2022 | |
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[1] /Gedenken-am-Sowjetischen-Ehrenmal/!5841628 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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