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# taz.de -- Senat soll T34 abräumen: Ehrenmal ohne Panzer?
> CDU-Abgeordnete fordert Umdenken wegen Putins Krieg: Panzer würden nicht
> in friedliches Berlin passen. Der Senat weist die Forderung zurück.
Bild: Das sowjetische Ehrenmal an der Straße des 17. Juni in Berlin
Berlin taz | Die Panzer am sowjetischen Ehrenmal an der Straße des 17. Juni
sollen verschwinden – jedenfalls, wenn es nach der
CDU-Abgeordnetenhausmitglied Stefanie Bung geht. „Es passt nicht in das
friedliche Berlin, dass sich Panzer am sowjetischen Ehrenmal präsentieren“,
meint Bung in einem der taz vorliegenden Antrag, der den Senat zu einer
Neugestaltung auffordert. Viel Rückhalt hat sie dafür bislang nicht: Der
Senat weist das Ansinnen zurück, in ihrer eigenen Fraktion gibt es dazu
einem Sprecher zufolge „sehr unterschiedliche Meinungen“.
Das Putin-Regime habe mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine die
„Geschäftsgrundlage“ für das 1945 errichtete Ehrenmal zerstört,
argumentiert Bung: Die Panzer stünden „nicht mehr nur für die Befreiung
Deutschlands und Europas vom Nazi-Faschismus durch die Sowjetunion, sondern
sie werden zu Symbolen der Kriegsführung des Putin-Regimes.“ Bung ist
stellvertretende Vorsitzende ihrer 30-köpfigen CDU-Fraktion – diesen Posten
gibt es dort allerdings sieben Mal.
Die Gedenkstätte im Tiergarten besteht aus einer Säulenreihe hinter einer
Soldatenskulptur auf einem Sockel und wird links und rechts von je einem
Artilleriegeschütz und einem Panzer Modell T34 flankiert. Dahinter sind
rund 2.500 Soldaten bestattet. Bung widersprach gegenüber der taz dem
Eindruck, sie wolle Geschichte umschreiben, ähnlich wie jene, die in
Kreuzberg fordern, Straßennamen aus der Zeit der Befreiung von
napoleonischer Herrschaft zu tilgen. „Ich weiß gar nicht, warum Panzer da
stehen müssen“, sagte Bung der taz. Jungen Mitglieder ihrer Partei fehlt
nach ihren Worten dafür das Verständnis.
Das mochte der FDP-Abgeordnete Stefan Förster, studierter Historiker, nicht
gelten lassen: „Dann müssen die sich mal mit Geschichte befassen“, sagte er
gegenüber der taz. Förster unterscheidet zwischen einer moralischen und
einer rechtlichen Betrachtung: „Moralisch kann ich schon verstehen, dass
die Panzer aus der Zeit gefallen scheinen.“ Rechtlich aber sei die Sache
klar: Deutschland habe sich vertraglich bei der Wiedervereinigung
verpflichtet, die Gedenkstätten zu pflegen.
## Jarasch weist Bungs Forderung zurück
Darauf hatte in einer ersten Reaktion auch Vize-Regierungschefin Bettina
Jarasch (Grüne) gegenüber der Deutschen Presseagentur verwiesen. Zudem ist
es aus ihrer Sicht falsch, die Gedenkstätte nur Russland zuzuordnen: „Hier
geht es um das Gedenken der Toten des Zweiten Weltkriegs, in dem auf Seiten
der Roten Armee Soldaten vieler Nationalitäten der Sowjetunion, darunter
etliche russische und ukrainische, im Kampf gegen das Nazi-Regime starben“.
Das Gedenken bleibt laut Jarasch bedeutsam, auch in seiner historischen
Gestalt.
Auf eine Anfrage, wie Regierungschefin Franziska Giffey zu dem Antrag
steht, verwies Senatssprecherin Lisa Frerichs auf Jaraschs Reaktionen.
Bungs am Dienstag noch urlaubender Fraktionschef Kai Wegner, zugleich
Landesvorsitzender der Christdemokraten, beantwortete eine taz-Anfrage
nicht.
Widerstand gegen Bungs Vorstoß kommt auch von der AfD-Fraktion. „Die CDU
sollte sich besser daran erinnern, dass auch für die mit der damaligen
Sowjetunion 1990 vereinbarten Verträge zur Erhaltung und Pflege der
sowjetischen Ehrenmale das alte Diktum von Franz Josef Strauß gilt: pacta
sunt servanda“, sagte ihr Sprecher für Erinnerungspolitik, Martin Trefzer.
Wie Jarasch verwies auch Daniel Bartsch, Sprecher der Senatsverwaltung für
Kultur, darauf, dass keine russische, sondern die Rote Armee der
Sowjetunion gegen Nazi-Deutschland kämpfte – „eine Verkürzung auf Russland
allein ist daher nicht sinnig“. Bung blendet das in ihrem Antrag durchaus
nicht aus: „Wir vergessen nicht, dass es zu wesentlichen Teilen Soldaten
aus der Ukraine und Belarus waren, die Berlin befreiten.“ Nun aber seien es
russische Panzer, die den Angriff gegen die Ukraine anführen: „Es passt
nicht in das friedliche Berlin, dass sich Panzer am sowjetischen Ehrenmal
präsentieren.“
Laut Kulturverwaltungssprecher Bartsch dürfte das Land Berlin, selbst wenn
es wollte, das Aussehen vier sowjetischen Gedenkstätten, zu denen auch jene
im Treptower Park gehört, nicht verändern. Denn nicht Berlin, sondern die
Bundesrepublik ist Eigentümer – das Land hat sich in ihrem Auftrag
lediglich darum zu kümmern, einen „denkmalwürdigen Zustand zu erhalten“.
Dafür ist nicht etwa die sonst mit Denkmälern befasste Kulturverwaltung
zuständig, sondern die von Jarasch geführte Senatsverwaltung für Verkehr,
Klima und Umwelt.
Wegen der Osterferien hat sich die CDU-Fraktion bislang nicht mit dem
Panzer-Thema befasst. Bung will ihren offiziellen Antrag Dienstagmittag in
der dortigen Geschäftsstelle eingereicht haben. Sie selbst ist zwar
Mitglied des Kulturausschusses des Parlaments, nicht aber die
kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Dieses Amt bekleidet der
Abgeordnete Robbin Juhnke. Mit ihm habe sie ihren Vorstoß nicht
abgesprochen, sagte Bung.
Laut FDP-Mann Förster, zuhause in Treptow-Köpenick, gab es in der dortigen
Bezirksverordnetenversammlung vor einigen Jahren bereits einen CDU-Vorstoß
zu einer Veränderung an einem sowjetischen Denkmal, jenem im Treptower
Park: Dort sollten nach dem Willen der Christdemokraten Stalin
verherrlichende Inschriften verschwinden, was laut Förster im
Bezirksparlament keine Mehrheit fand.
Eine Reaktion Berlins auf den Angriffskrieg hält der FDP-Mann durchaus für
berechtigt – aber eben nicht bei dem Denkmal, sondern mit Blick auf die
Städtepartnerschaft mit Moskau: Die solle man auf Eis legen. Andere
deutsche Städte haben das bereits getan. Eine entsprechenden Forderung von
CDU-Landeschef Kai Wegner hatte Regierungschefin Giffey schon Anfang März
zurück gewiesen: Es sei der Kriegs Putins, nicht der russischen
Bevölkerung.
Einen anderen Vorschlag mit Blick auf das Ehrenmal an der Straße des 17.
Juni machte der taz gegenüber die SPD-Abgeordnete Ina Czyborra,
denkmalpolitische Sprecherin ihrer Fraktion: „Die Panzer und Geschütze in
Regenbogen- und Ukrainefarben anstrahlen.“ Am 30. März waren die beiden
Panzer nachts mit je einer blau-gelben, ukrainischen Flagge bedeckt worden,
die die Polizei morgens wieder entfernte. Die russische Botschaft hatte
gegen die Aktion protestiert und von einer „Schändung des Denkmals für
sowjetische Soldaten gesprochen“.
20 Apr 2022
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Ukraine-Konflikt
Panzer
Wladimir Putin
Wahlkampf
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Tag der Befreiung
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
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