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# taz.de -- Gedenken am Sowjetischen Ehrenmal: Propaganda im Park
> Putin-Freunde mobilisieren für den 9. Mai am Sowjetischen Ehrenmal in
> Treptow. Politiker*innen und ukrainische Initativen sind beunruhigt.
Bild: Russische Nachtwölfe-Rocker in Berlin 2015
Ein Meer russischer und sowjetischer Fahnen soll am 9. Mai am
[1][Sowjetischen Ehrenmahl im Treptower Park] auf einer riesigen
Propagandashow für Russlands Präsidenten Wladimir Putin wehen. Diese Bilder
sollen im russischen Staatsfernsehen gezeigt werden. So jedenfalls das
Vorhaben von Putin-Freunden, die sich derzeit bundesweit in
Telegram-Gruppen wie „Putin Fanclub“, „Russländer & Friends“ oder den …
russischsprachigen Gruppen „Русские в Германие“ (Russland u…
und „Поддержка Русскоязычных“ (Unterstützung für Ru…
organisieren und dafür mobilisieren.
Die Botschaft der Initiatoren, die der Kreml-Propaganda folgen: Der Krieg
in der Ukraine soll historisch in eine Reihe zum „Großen Vaterländischen
Krieg“ gestellt werden – dem Krieg, in dem die Rote Armee 1945 gemeinsam
mit den Alliierten Europa vom deutschen Faschismus befreite und den Zweiten
Weltkrieg beendete.
Unklar ist die Rolle der russischen Botschaft in Deutschland bei der
Mobilisierung für die Kundgebung. Unklar ist auch, ob Ableger der
nationalistischen und orthodox-fundamentalistischen Bikerformation
„Nachtwölfe“ unter den Russlanddeutschen zu der Show nach Berlin kommen
werden.
Die „Nachtwölfe“ aus Moskau waren mit ihren Ablegern aus Deutschland und
Polen zwischen 2015 und 2017 am Sowjetischen Ehrenmahl dabei. Eine Einreise
aus Russland könnte dieses Jahr aber schwierig werden.
## Familienausflug für Menschen mit russischen Wurzeln
Traditionell wird jedes Jahr am 8. und 9. Mai im Treptower Park des Endes
des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs gedacht. Vertreter der
Bundesregierung und der Berliner Landesregierung legen Kränze nieder,
ebenso Linken-Politiker wie Gregor Gysi oder Ministerpräsidenten anderer
Bundesländer.
In den letzten Jahren sind zunehmend AfDler und Reichsbürger hinzugekommen,
die Putin verehren. In das Gedenken hatten sich von Jahr zu Jahr russische
Propaganda und Kriegsverherrlichung gemischt, die die Trauer um die
Kriegstoten an den Rand drängte. Für viele Menschen mit russischen Wurzeln
aus Berlin ist die Veranstaltung auch eine Art Familienausflug.
Die Umdeutung des Sieges der Alliierten über den Faschismus in einen
russischen Sieg blieb oft unwidersprochen und für viele auch unterhalb der
Wahrnehmungsgrenze. Seit der Okkupation der Krim 2014 durch Russland bleibt
der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk der Zeremonie fern und gedenkt
stattdessen am 8. Mai am Ehrenmahl im Tiergarten.
Auch die Vereinigung der [2][Verfolgten des Naziregimes – Bund der
Antifaschisten] organisierte Gedenkveranstaltungen mit Reden und Musik, an
der viele BerlinerInnen mit und ohne Wurzeln in den Staaten der früheren
Sowjetunion teilnahmen.
## Appell an Russlanddeutsche
Dara Kossok-Spieß ist Russlanddeutsche und Bezirkspolitikerin der Grünen in
Spandau. Auf ihrer Facebook-Seite appelliert sie an andere
Russlanddeutsche: „Jede:r von uns, der nicht gegen Putins Krieg aufsteht,
kann sich die Nelke und Selbstbeweihräucherung am 9. Mai sparen.
Antifaschismus muss man leben, nicht vererben!“ Sie beobachte die
Mobilisierung in den sozialen Medien in russischer und deutscher Sprache
mit Sorge. Es werde mit Parolen geworben wie „Wir haben schon einmal den
Faschismus besiegt. Lasst uns das in der Ukraine wiederholen. 9. Mai
Berlin“. Gegenüber der taz äußerte die Politikerin, dass die Mobilisierung
für die Putin-Jubelveranstaltung davon abhänge, was im April passiere:
„Wenn es zu Angriffen auf Russen in Deutschland kommt oder entsprechende
Fake News verbreitet werden, würde das die Mobilisierung erhöhen.“
Die Politikerin glaubt auch, dass „sicher auch viele Nicht-Putin-Fans an
diesem Tag in den Treptower Park strömen“, und befürchtet, dass die
Fernsehbilder dann mächtiger aussehen, als die Mobilisierung tatsächlich
ist.
Die Grünen-Bezirkspolitikerin ist besorgt um die Sicherheit dieser
Veranstaltung. „Sollte es zu Ausschreitungen kommen, und zwar in der
gesamten Stadt, könnte das in Moskau instrumentalisiert werden.“ Diese
Sorge teilt Oliver Igel (SPD), der Bezirksbürgermeister von
Treptow-Köpenick. Er habe das bereits gegenüber seiner Parteifreundin,
Innensenatorin Iris Spranger, und gegenüber der Polizei angesprochen, sagte
er der taz. „Der Ort sollte der Erinnerung an die Kriegstoten des Zweiten
Weltkrieges vorbehalten bleiben.“ Das Sowjetische Ehrenmahl sei „kein Ort,
um aktuelle Auseinandersetzungen auf dem Rücken der Toten auszutragen, denn
dort sind neben russischen und ukrainischen Soldaten noch viele weitere
Soldaten anderer Nationalität begraben.“
## Sicherheitslage wird bewertet
Die Innenverwaltung wird in den nächsten Tagen die Sicherheitslage
bewerten. Gollaleh Ahmadi (Grüne), die Vorsitzende des Innenausschusses im
Abgeordnetenhaus, zur taz: „Versammlungsfreiheit ist ein essenzieller Teil
unserer Demokratie. Wenn aber faschistische, kriegsverherrlichende und
hetzerische Parolen durch die Stadt getragen werden, haben
sicherheitspolitische Bedenken und Rechtsstaatlichkeit Vorrang.“ Die
öffentliche Billigung eines Angriffskrieges sei in Deutschland strafbar.
„Berlin wird keine kriegstreiberische Propaganda dulden – weder in den
Medien noch auf den Straßen!“
Die Allianz ukrainischer Organisationen in Berlin ist ebenfalls beunruhigt
über die Mobilisierung. „Wir beraten intern und mit dem Berliner Senat, wie
wir Provokationen an diesem Tag vermeiden können“, sagt Sprecherin Iryna
Kwitka. „Ukrainer feiern seit Jahren den 9. Mai nicht, weil dieser Tag von
Russland als Siegestag instrumentalisiert wird. Wir trauern stattdessen am
8. Mai um die Kriegstoten. Auch in Berlin.“
30 Mar 2022
## LINKS
[1] /Ueberfall-auf-die-Sowjetunion-1941/!5777467
[2] /VVN-BdA-feiert-Geburtstag/!5841143
## AUTOREN
Marina Mai
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