# taz.de -- Wissenschafts-Kooperationen mit Russland: Auf Eis gelegt | |
> Norddeutsche Unis und Hochschulen haben ihre Zusammenarbeit mit | |
> russischen Institutionen eingefroren. Aber persönliche Kontakte sollen | |
> bleiben. | |
Bild: Damals war Russland noch beteiligt: Die Mosaic-Expedition der „Polarste… | |
OSNABRÜCK taz | Für die Wissenschaft ist internationaler Austausch wie die | |
Luft zum Atmen. Wird ihr diese Luft abgeschnürt, leidet sie. So gut die | |
Gründe also auch sind, wissenschaftliche Verbindungen nach Russland zu | |
kappen: Die Konsequenzen für Forschung und Lehre sind hart. Putins | |
[1][Angriff] auf sein Nachbarland hat auch in der norddeutschen | |
Wissenschaftslandschaft zu klaren Statements geführt. | |
„Wir pflegen neun institutionelle Kooperationen nach Russland“, sagt Frieda | |
Berg, Sprecherin der Uni Osnabrück, der taz. „Diese Kontakte [2][liegen | |
temporär auf Eis].“ Zudem seien alle neuen projektbezogenen Mobilitäten aus | |
Russland nach Deutschland ausgesetzt. „Das ist eine grundsätzliche | |
Entscheidung“, sagt Berg. „Universitäten sind weder in der Lage noch | |
willens, eine Gesinnungsüberprüfung vorzunehmen und werden dies auch nicht | |
tun.“ | |
In Osnabrück ist der persönliche Austausch zwischen WissenschaftlerInnen | |
beider Staaten „selbstverständlich“ weiterhin möglich. „Wir wollen die | |
Bande nicht für immer kappen.“ Auch die Zusammenarbeit mit russischen | |
KollegInnen in Osnabrück geht weiter: „Alle Mitarbeitenden sind Teil | |
unserer akademischen Gemeinschaft“, sagt Berg. „Unabhängig von ihrer | |
Nationalität. Sie genießen unser Vertrauen und stehen unter unserem Schutz. | |
Weder die Herkunft noch die politische Gesinnung dürfen zu Diskriminierung | |
führen.“ | |
An der Uni Hamburg (UHH) sieht man das ähnlich. Sie habe „alle | |
institutionellen Kooperationsaktivitäten mit russischen Einrichtungen | |
vorübergehend ausgesetzt“, wird der taz mitgeteilt: „Bisher gab es keine | |
Resonanz von betroffenen Institutionen.“ | |
Kontakte „auf der individuellen Ebene“ zwischen deutschen | |
WissenschaftlerInnen und ihren KollegInnen in Russland seien nicht | |
untersagt. Brauchen russische WissenschaftlerInnen Hilfe, leistet ihnen | |
die UHH, Mitglied von Scholars at Risk, Unterstützung. Einen Braindrain, | |
den forcierten Abfluss qualifizierter Fachkräfte, um Russland zu schwächen, | |
unterstützt die UHH nach eigenen Angaben nicht: „Eine gezielte Anwerbung | |
russischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler findet nicht statt.“ | |
Auch die Carl-von-Ossietzky-Uni Oldenburg blockiert Russland. „Uns ist | |
bewusst, dass unser Aussetzen von Kooperationen und der aktiven | |
Zusammenarbeit mit russischen Wissenschaftsorganisationen auch Kolleginnen | |
und Kollegen sowie Studierende trifft, die den Krieg gegen die Ukraine | |
ablehnen“, sagt Uni-Präsident Ralph Bruder. „Gleichwohl sehen wir | |
angesichts der gegenwärtigen Krisensituation keine Alternative zu diesem | |
Schritt.“ | |
„Wir haben unsere Wissenschaftskooperationen mit Russland unterbrochen“, | |
sagt auch Claudia Eulitz, Sprecherin der Kieler Christian-Albrechts-Uni | |
(CAU), der taz. „Das beschränkt sich zunächst auf den Monat März.“ Auch … | |
gemeinsamer Studiengang mit einer russischen Universität ist betroffen: | |
„Der Studierendenaustausch in diesem Studiengang wird dieses Sommersemester | |
nicht stattfinden.“ | |
Die CAU hat 92 Studierende und Doktoranden aus Russland, zudem weitere | |
Mitarbeitende und Forschende. „Ihre Teilnahme am akademischen Leben wird | |
nicht beeinträchtigt“, betont Eulitz. „Weder stellen wir unsere russischen | |
Studierenden und KollegInnen unter einen Generalverdacht der Unterstützung | |
des Krieges noch fordern wir ein Bekenntnis gegen den Krieg.“ | |
Für eine derartige „Gesinnungsprüfung“ gebe es weder Grundlage noch Anlas… | |
„Die vielen tausend WissenschaftlerIinnen und Studierenden, die sich in | |
Russland gegen den Krieg aussprechen, sind ein deutliches Zeichen, dass | |
zwischen den Menschen als Einzelpersonen und den offiziellen | |
Verlautbarungen staatlicher Wissenschaftsinstitutionen unterschieden werden | |
muss.“ | |
Die CAU unterstützt, dass Forschende individuelle wissenschaftliche | |
Kontakte zu russischen KollegInnen aufrechterhalten und beteiligt sich an | |
Programmen, „die es Studierenden in Russland, die aufgrund von Protesten | |
exmatrikuliert worden sind, ermöglichen, nach Kiel zu kommen“. Man | |
versuche, mit Repressalien bedrohten russischen WissenschaftlerInnen zu | |
ermöglichen, ihr Land zu verlassen. | |
Wie Wissenschaftskooperationen mittelfristig aussehen können? Die CAU | |
orientiert sich hier an Bundesregierung und EU. Ferner an der Position des | |
Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und der Allianz der | |
Wissenschaftsorganisationen, deren Sprecherrolle 2022 die Deutsche | |
Forschungsgemeinschaft (DFG) innehat. | |
## DFG setzt Projekte aus | |
Derzeit hat die DFG alle von ihr geförderten Projekte zwischen | |
WissenschaftlerInnen aus Russland und Deutschland ausgesetzt; Förderanträge | |
für neue deutsch-russische Kooperationen und Fortsetzungsanträge für | |
laufende Projekte werden nicht angenommen. Sie bedauere diese Maßnahmen | |
„für die [3][Wissenschaft] zutiefst“. | |
Der DAAD hat seinen Austausch mit Russland gegenwärtig eingeschränkt. | |
Aufenthalte deutscher Studierender, Lehrender und Forschender sind davon | |
betroffen, auch Veranstaltungen deutscher mit russischen Hochschulen. | |
„Auf ein Minimum“ reduziert die Uni Bremen derzeit ihre Kooperationen mit | |
russischen Wissenschaftseinrichtungen. Austauschprogramme sind eingefroren, | |
neue werden nicht begonnen. Der Kontakt zu russischen WissenschaftlerInnen | |
besteht jedoch fort. Besonders heikel ist die Lage für die | |
[4][Forschungsstelle Osteuropa] (FSO). Kooperationsfortsetzung, Reisen nach | |
Russland? Beides steht in den Sternen. Hart auch für Promovierende, die | |
jetzt womöglich komplett umdenken müssen. | |
Die Zusammenarbeit mit russischen Forschenden läuft in Bremen weiter. „Die | |
Universität steht für Weltoffenheit, demokratische Werte, Diversität und | |
Toleranz“, sagt deren Sprecherin Meike Mossig zur taz. „Niemand wird | |
aufgrund seiner Herkunft oder Staatsbürgerschaft ausgegrenzt.“ | |
4 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150 | |
[2] /Deutsch-Russische-Forschungsprojekte/!5838701 | |
[3] /Oeko/Wissenschaft/!p4636/ | |
[4] https://www.forschungsstelle.uni-bremen.de/ | |
## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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