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# taz.de -- Uni Hannover schließt Studiengang: Kunst nur im Pendel-Studium
> Wer in Hannover Kunst als Teilfach studiert, soll dafür nun nach
> Braunschweig pendeln. Studierende wollen aber wenigstens noch zu Ende
> studieren.
Bild: In Braunschweig Kunst studiert: Sven-Julien Kanclerskis Skulptur „Skywa…
Hannover taz | Die Stimmung sei zickig gewesen. So beschreibt Johanna
Winter, Masterstudentin im Fach Lehramt für Sonderpädagogik an der
[1][Leibniz Universität Hannover (LUH),] ein entscheidendes Gespräch mit
der Studiendekanin der Philosophischen Fakultät und der Vizepräsidentin für
Lehre und Studium vor Weihnachten. Es ging um die Zukunft des
Teilstudiengangs Kunst.
Studierenden wurde erklärt, dass Verantwortliche der LUH und der Hochschule
für Bildende Künste in Braunschweig (HBK) ihre Köpfe zusammengesteckt
hätten. Dabei sei eine Kooperation zwischen den Lehrstätten in der Kunst
herausgekommen. In der Praxis heißt das, [2][dass das Fach in Hannover
dichtgemacht werden soll,] wenn es nach dem Präsidium der LUH geht, schon
zum kommenden Wintersemester. Diejenigen, die aktuell in Hannover
studieren, müssten nach Braunschweig pendeln.
Johanna Winter ist Teil der Fachschaft Sonderpädagogik und ärgert sich,
dass der Termin so kurzfristig angekündigt war. So fühlten sich die
Studierenden umso mehr vor Tatsachen gestellt, sagt sie. Dabei hätten sie
ahnen können, was auf sie zukommt: Auf taz-Anfrage erklärt die LUH, dass
das Teilfach Kunst seit vielen Jahren zu den „unterausgelasteten Fächern“
gehöre. Es sei „genau zu prüfen, ob eine professorale Besetzung eines
solchen Feldes zu rechtfertigen ist“.
Im Klartext: Seit mehreren Jahren wird das Fach über insgesamt drei
Dozierende abgedeckt, aber über keine Professur. Gemeinsam mit dem
Ministerium für Wissenschaft und Kultur halte die Uni in Hannover schon
lange Ausschau nach einer Lösung für die Kunst. Im Wintersemester 2019/20
sei die Neuaufnahme von Studierenden pausiert worden, „um an einem Konzept
zu arbeiten, welches dem Bereich gerecht wird“, heißt es von der
Pressestelle der Uni.
## Kunst ist Mangelfach
Von der Verlagerung sind vor allem Masterstudierende betroffen. Zehn an der
Zahl sind es, die mit ihrem Studium in Hannover bis dahin nicht fertig sein
werden und eine Handvoll Weiterer, die außerhalb der Regelstudienzeit sind
und betroffen sein könnten. „Wenn man weiß, dass einzelne Personen ihr
Studium nicht beenden können, ist die Menge von Betroffenen groß“, so
Winter.
Nicht wenige Studierende seien auf Nebenjobs angewiesen, andere hätten
Kinder – all das müssten sie unter einen Hut bekommen. „Man muss sich nur
vorstellen, was das für die eigene Biografie bedeutet, wenn man sein
Studium wegen des Zweitfachs nicht beenden kann.“
Kunst – vor allem mit einem sonderpädagogischen Schwerpunkt – ist ein
Mangelfach. Anna Frauendorf, Vorsitzende des Kunstpädagogik-Dachverbands
BDK, sieht die Kunst an der LUH als „kleines Orchideenfach“. Es brauche
eine Aufstockung, statt das Studium an eine andere Uni „outzusourcen“. Der
taz gegenüber erklärt die LUH, dass die HBK an einer neuen Struktur im
Lehramt Kunst arbeite. Es soll ein „hoch attraktives Studienangebot“
entstehen, bei dem von der Expertise beider Standorte profitiert werde.
Frauenhof bezweifelt das. Zwar sei das [3][Lehrangebot in Braunschweig]
gut, Sonderpädagogik lässt sich dort aber nicht studieren.
Sonderpädagogik-Studierende, die vom Angebot der Kunsthochschule Gebrauch
machen wollen, müssten sich aufteilen: Im Hauptfach wären sie in Hannover,
für das Zweitfach müssten sie pendeln. Für Frauenhof ist das ein
„unattraktives Pendel-Fach“. Sie glaubt, dass das Vorgehen eine bestehende
Mangelsituation in dem Gebiet befördert.
## „Ausreichend Substanz“ für Professur
Die Uni hält dagegen. Durch die Verlagerung soll es „ausreichend Substanz“
für eine Fachprofessur geben. Es heißt, dass Studierende den „Mehrwert des
Angebots“ schätzen und „sehr bewusst wählen“. Selbst wenn das bedeute, …
in der Region bewegen zu müssen.
Die Zugfahrten von und nach Braunschweig seien über das Semesterticket
abgedeckt. Mit Blick auf das Gespräch vor Weihnachten erinnert sich eine
Studentin gegenüber der taz jedoch, dass nicht geklärt werden konnte, ob
die Kosten für den Nahverkehr in Braunschweig individuell getragen werden
müssten.
Winter sagt, dass das Gespräch vor Weihnachten „frontenmäßig“ gewesen se…
teilweise sei auf Fragen nicht kooperativ geantwortet worden.
Von Studierendenseite ist die Stimmung aktivistisch. Sie fordern die
Verlegung auf das Wintersemester 2024/25 zu setzen. So hätten alle die
Chance, ihren Abschluss in Hannover zu machen. Laut Winter sei es „ein
schlechtes Zeichen für eine Uni, wenn sie es nicht möglich machen kann,
dass ein Studium unter denselben Konditionen beendet werden kann, wie es
begonnen wurde.“
5 Jan 2023
## LINKS
[1] /Uni-Hannover-streicht-Professur/!5773779
[2] /Geschlechterforschung-in-Goettingen/!5868815
[3] /Studierendenprotest-in-Braunschweig/!5456868
## AUTOREN
Katja Spigiel
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