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# taz.de -- Ukrainekrieg lässt Getreidepreise steigen: „Völlig überzogene …
> Weniger Pflanzen für Agrokraftstoffe wegen des Kriegs? Der Bauernverband
> lehnt das ab – und fordert stattdessen einen Verzicht auf
> Umweltschutzregeln.
Bild: Ein Junge im Kornfeld: Wegen des Ukrainekriegs steigen die Weizenpreise
Berlin taz | Der Deutsche Bauernverband lehnt Forderungen ab, wegen des
Ukrainekriegs [1][keine Pflanzen für Agrokraftstoffe] mehr anzubauen.
„Pauschale Forderungen nach Abschaffung von Bioethanol in Deutschland sind
völlig überzogen“, sagte Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär
der Organisation. Allenfalls „über Anpassungen im Detail“ könne nachgedac…
werden.
Umweltverbände wie der WWF oder die Deutsche Umwelthilfe hatten verlangt,
im Kampf gegen eine drohende Hungerkrise etwa die Weizen-, Roggen- und
Maisflächen für Agrokraftstoffe künftig für Lebensmittel zu nutzen. So
könnten schätzungsweise mehr als 800.000 Hektar oder rund 5 Prozent der
Agrarfläche freigemacht werden.
Diese Umstellung wäre anders als eine Reduzierung der Tierzahlen und damit
des Getreideverbrauchs für Futter kurzfristig möglich. Die Weltmarktpreise
für Getreide sind stark gestiegen, weil Lieferungen aus der Ukraine und
Russland ausfallen. Das könnte laut Hilfsorganisationen Millionen von
Menschen in Entwicklungsländern in den Hunger treiben.
Bisher dürfen die Mineralölkonzerne laut Bundesimmissionsschutzgesetz die
von der EU geforderten Treibhausgaseinsparungen erfüllen, indem sie Benzin
und Diesel Agrosprit beimischen. Mehreren Studien zufolge hat Agrosprit
jedoch eine [2][schlechtere Klimabilanz] als fossile Kraftstoffe, wenn man
die Folgen des hohen Flächenverbrauchs einkalkuliert.
## Schlempe für Rinder
„Insgesamt ist der Einsatz von Getreide für Biokraftstoffe in Deutschland
mit derzeit etwa 900.000 Tonnen bei einer Getreideernte von circa 45
Millionen Tonnen als moderat anzusehen“, argumentierte Hemmerling. Der
Einsatz von Getreide und Raps für Biokraftstoffe bringe zusätzlich
heimische Eiweißfuttermittel für die Tierhaltung, zum Beispiel Rapsschrot.
Umweltschützer kann Hemmerling damit jedoch nicht überzeugen. Rapsschrot
und Getreideschlempe aus der Ethanolproduktion würden vor allem an Rinder
verfüttert, sagt Martin Hofstetter, Agraringenieur bei Greenpeace: „Wir
haben aber eigentlich keinen Mangel an eiweißreichem Futtermittel für
Rinder.“
Zudem seien die Getreidemengen für Agrosprit sehr wohl erheblich. „Das sind
2 Prozent der Ernte. Wenn wir darüber nicht reden wollen, dann brauchen wir
auch über die vom Bauernverband kritisierten Pläne der EU für eine
Flächenstilllegung nicht mehr reden, Herr Hemmerling“, so Hofstetter.
## Weitere 2 Prozent
Die EU verlangt, dass ab 2023 wegen des Naturschutzes 4 Prozent der
Ackerfläche nicht für die Produktion genutzt werden. „Schon jetzt gibt es
auf 2 Prozent zum Beispiel Bäume, Hecken oder Tümpel. Jetzt müssten also
nur noch 2 weitere Prozent aus der Produktion genommen werden“, erklärt der
Greenpeace-Aktivist.
Auch eine „[3][Kurzanalyse]“ der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung sieht
„nur einen marginalen Effekt auf Produktionsmengen und Weltmarktpreise von
Getreide“. Selbst wenn alle Stilllegungen wegfielen, würde die EU selbst
nach optimistischen Annahmen lediglich „bis zu 4,4 Prozent“ mehr
produzieren. Das würde die weltweite Produktion um 0,4 Prozent erhöhen.
„Unter dem gegebenen Szenario würden die durchschnittlichen Getreidepreise
auf dem Weltmarkt lediglich um 0,7 Prozent fallen“, so die Stiftung.
Statt auf Umweltschutz zu verzichten, sollten die Geberländer schnell sehr
viel mehr als bisher an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen
überweisen, damit es trotz der höheren Preise genügend Lebensmittel an
Hungernde etwa in Entwicklungsländern verteilen kann.
Das verlangten auch 200 WissenschaftlerInnen in einer [4][Erklärung] vom
Freitag. Sie empfahlen außerdem, dass reiche Länder noch schneller weniger
tierische Lebensmittel wie Fleisch und Milch verbrauchen. „Durch eine
stärker pflanzlich basierte Ernährung anstelle von Fleisch wären in der
Welt letztlich mehr Nahrungsmittel verfügbar, einfach weil die
Tierproduktion ineffizient ist“, sagte Co-Autor Marco Springmann von der
Universität Oxford.
Weiterhin müssten die Landwirte wesentlich mehr Hülsenfrüchte anbauen und
müsste die EU-Agrarpolitik insgesamt ökologischer werden, um die
Abhängigkeit von russischem, mithilfe von Erdgas produzierten Mineraldünger
zu verringern. Die ExpertInnen verlangen auch, dass weniger Lebensmittel
verschwendet werden, „da beispielsweise die Menge an vergeudetem Weizen
allein in der EU etwa der Hälfte der Weizenexporte der Ukraine entspricht“.
20 Mar 2022
## LINKS
[1] /G7-wollen-Getreidepreise-abbremsen/!5840543
[2] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/neue-studie-d…
[3] https://www.boell.de/de/2022/03/17/auswirkungen-aenderung-der-flaechenstill…
[4] https://zenodo.org/record/6366132#.YjR0F-rMJqM
## AUTOREN
Jost Maurin
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