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# taz.de -- Folgen des Ukrainekriegs in Ostafrika: Ferner Krieg so nah
> Krieg in der Kornkammer der Welt: Brechen Exporte aus der Ukraine und
> Russland ein, wird die Ernährungslage in Ostafrika noch schwieriger.
Bild: Ein Bauer bei der Weizenernte in Äthiopien: Wegen der Dürre ist das Lan…
Kampala taz | Der Krieg in der Ukraine kann die [1][Lebensmittelkrise] vor
allem in Ostafrika weiter verstärken. Davor warnt jetzt das
UN-Welternährungsprogramm (WFP). „Konflikte sind eine der Hauptursachen
für Hunger und Ernährungsunsicherheit in der Welt“, erklärt WFP-Direktor
David Beasley: „Wir haben jetzt 283 Millionen Menschen, die in Richtung
Hunger marschieren, und 45 Millionen klopfen an die Tür der Hungersnot.“
Das Problem: Die Region um das Schwarze Meer, wo die Ukraine liegt, ist
quasi die Kornkammer der Welt. 18 Prozent des globalen Weizenexports, 40
Prozent des weltweiten Sonnenblumenöl-Exports und 14 Prozent der globalen
Mais-Exporte stammen dorther. Eine Unterbrechung dieser Lebensmittelexporte
auf den Weltmarkt werde die Preise extrem ansteigen lassen. Bereits jetzt
hat der globale [2][Weizenpreis] ein Rekordhoch erreicht.
Hauptsächlich betroffen wären laut WFP die Länder am Horn von Afrika und in
Ostafrika: Sudan, Südsudan, Kenia, Äthiopien. Diese Länder sind aufgrund
klimatischer Veränderungen ohnehin am Rande einer Hungerkrise: wenig Regen,
lange Trockenzeiten. WFP warnt: Die Zahl der Menschen, die weltweit
möglicherweise verhungern, war bereits in den vier Jahren vor der
russischen Invasion von 80 Millionen auf 276 Millionen gestiegen. Am
schlimmsten betroffen seien die Menschen am Horn von Afrika: 13 Millionen
leiden bereits dort an Hunger.
„Die Weizenmärkte in der Region Ostafrika sind derzeit gut versorgt“, so
WFP. Wenn sich allerdings die Lagerbestände verringern und Handelsstörungen
eintreten, „besteht Potenzial für steigende Preise von Weizenprodukten“, so
eine WFP-Analyse für die Region Ostafrika. „Das Ausmaß wird davon abhängen,
wie schnell sich die Importeure und Händler der Region anpassen werden und
neue Getreidequellen finden.“
## Weizen aus der Ukraine, Dünger aus Russland
Weizen macht ein Drittel des durchschnittlichen Getreideverbrauchs in der
Region Ostafrika aus, vor allem in Dschibuti, Eritrea und Sudan. 84 Prozent
der Weizennachfrage werden durch Importe gedeckt. Russland und die Ukraine
liefern gemeinsam rund 90 Prozent des Weizens – versiegen diese Quellen,
wird es problematisch. Am schlimmsten betroffen wäre Eritrea. Das kleine,
wirtschaftlich fast ganz isolierte Land bezieht fast 100 Prozent des
Weizens aus Russland. Das berühmte fermentierte Injera-Brot gehört zu den
Hauptlebensmitteln in dem bettelarmen Land.
Selbst Südsudan, das keinerlei Weizen aus Russland und der Ukraine bezieht,
wäre indirekt betroffen. Es bezieht Getreide vor allem aus den
Nachbarländern Uganda und Kenia, die wiederum aus Russland und der Ukraine
einkaufen. Die Südsudanesen bauen aufgrund ihres Bürgerkrieges kaum eigene
Lebensmittel an. Sie sind fast komplett von Importen abhängig, um zu
überleben.
Ein zusätzliches Problem: Russland ist der größte Lieferant von
Düngemitteln für die landwirtschaftlich geprägten Länder Ostafrikas. Wenn
diese Lieferungen aufgrund der Sanktionen ebenso eingestellt werden, könne
dies ebenso negative Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion haben.
Die ostafrikanischen Länder befinden sich derzeit wirtschaftlich ohnehin in
einer desolaten Lage. Die Langzeitfolgen der [3][Coronapandemie] machen
sich überall bemerkbar: hohe Inflationsraten und niedriges
Wirtschaftswachstum. Hinzu kommen wochenlange Streiks der Lastwagenfahrer
aufgrund der teuren Coronatests an den Grenzen. Diese haben jüngst die
Benzinpreise auf Rekordniveau hochschnellen lassen.
„Gerade wenn du denkst, die Hölle auf Erden kann nicht schlimmer werden,
tut sie es“, schlussfolgert WFP-Direktor Beasley. Eine jüngste Umfrage der
Universität Cambridge gemeinsam mit Ugandas Makerere-Universität ergab,
„dass die Lebensgrundlage von 76 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr
ohnehin durch Umweltveränderungen beeinträchtigt wurde“. Kommen nun noch
erhöhte Preise und knappe Liefermengen hinzu, steigt diese Zahl gewaltig
an.
9 Mar 2022
## LINKS
[1] /Ukraine-Krieg-gefaehrdet-Versorgung/!5835511
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[3] /Unterernaehrung-durch-Corona/!5694812
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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