# taz.de -- Weizen gegen drohende Hungersnöte: Indien drängt auf den Weltmarkt | |
> Ernteausfälle in der Ukraine, russisches Ausfuhrverbot: Der weltweit | |
> zweitgrößte Produzent Indien steht bereit. Doch es gibt Probleme mit der | |
> WTO. | |
Bild: Weizenernte in Indien | |
MUMBAI taz | Wegen des Kriegs in der Ukraine wächst weltweit die Sorge um | |
[1][Engpässe in der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Weizen]. Bisher | |
exportierten Russland und die Ukraine knapp 30 Prozent des Weizens | |
weltweit. Obwohl Indien nach China der größte Produzent des Getreides ist, | |
trug es bisher nur ein Prozent zur weltweiten Ausfuhr bei – und wittert nun | |
seine Chance. | |
Im vergangenen Jahr waren es 6,1 Millionen Tonnen, die Indien ins Ausland | |
verkaufte. Zu den Kunden zählt beispielsweise Bangladesch. Das | |
südasiatische Land bezog zuletzt fast die Hälfte seines Weizens aus der | |
Ukraine und aus Russland. Doch seit dem Krieg kommt mehr Getreide aus dem | |
Nachbarland Indien. Weitere Interessenten dürften mit der jüngsten | |
Ankündigung Russlands auf der Liste stehen. | |
Denn am Montag unterzeichnete Premierminister Michail Mischustin einen | |
Erlass, der die Ausfuhr von Weiß- und Rohzucker bis Ende August und die | |
Ausfuhr von Weizen, Roggen, Gerste und Mais in die ehemaligen | |
Sowjetrepubliken Armenien, Belarus, Kasachstan und Kirgistan | |
(Nachbarstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion) bis Ende Juni verbietet. | |
Die Entscheidung solle „den inländischen Lebensmittelmarkt schützen“. | |
Durch den Krieg sind die Preise für Getreide bereits rasant gestiegen. | |
UN-Generalsekretär António Guterres warnte bereits vor einer [2][weltweiten | |
Hungerkrise]. In vielen afrikanischen und asiatischen Ländern wird bereits | |
der Weizen knapp, da Lieferungen aus der Ukraine ausfallen. Allein Afrika | |
bezieht rund 30 Prozent seiner Weizenimporte aus Russland und der Ukraine. | |
## Genügend Vorräte vorhanden | |
Indien würde gern als Lieferant einspringen. Zu den Maßnahmen gehören laut | |
Behördenkreisen Qualitätskontrollen und zusätzliche Transportmöglichkeiten. | |
„Derzeit hat Indien mehr als genügend Vorräte von Reis und Weizen zum | |
Export“, sagt Devinder Sharma, Experte für Ernährungspolitik aus Punjab. | |
Allerdings haben bislang Richtlinien der Welthandelsorganisation WTO den | |
Export teilweise behindert. Noch im Januar übten Mitglieder des | |
US-Kongresses Druck auf die WTO aus: „Amerikanische Rohstoffproduzenten | |
sind gegenüber ihren Konkurrenten vor allem aus Indien klar im Nachteil“, | |
schreiben sie. | |
„Hier subventioniert die Regierung mehr als die Hälfte des Erzeugerwerts | |
von Reis und Weizen, statt der nach den Regeln WTO-zulässigen 10 Prozent.“ | |
Gemeint sind Ankäufe von Weizen und Reis der indischen Regierung zu einem | |
Mindestpreis für Bauern, um zu gewährleisten, dass sich die Landwirtschaft | |
für sie lohnt. Dieses System wurde unter anderem als Folge von Hungersnot | |
eingeführt. | |
Es gebe auch Widerstand aus Brasilien, sagt Sharma. So schnell wie Indien | |
könne derzeit wohl kaum jemand liefern. „Die Ernte in Brasilien und | |
Argentinien wird erst im Juni, Juli reif“, so Sharma, die vergangene Ernte | |
in Indien sei ertragreich gewesen. | |
## Problem auch beim Speiseöl | |
Ähnlich ist die Situation bei Speiseölen. Shamra betont, dass es auch hier | |
einen Rückgang der Importe aus der Ukraine gibt, vor allem bei | |
Sonnenblumen. „Indien verzeichnet bereits einen enormen Anstieg der | |
Maisexporte, und auch bei Speiseöl erwarte ich in diesem Jahr ein Plus.“ | |
Indien habe das Potenzial, nicht nur Weizen und Reis zu exportieren, | |
sondern auch Mais, Baumwolle, Sojabohnen und, so Shamra, „Sonnenblumen, da | |
die neue Anbausaison bald beginnt.“ | |
16 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /G7-wollen-Getreidepreise-abbremsen/!5840543 | |
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/un-versorgung-weizen-afrika-ukraine-… | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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