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# taz.de -- Chinas Elite verteidigt Ukraine-Invasion: An der Seite Russlands
> Während Chinas Regierung sich nach außen neutral gibt, äußern sich
> Intellektuelle des Landes offener – und ergreifen Partei für Russland.
Bild: China lässt sich nicht so leicht aus dem Konzept seiner Russlandpolitik …
Mit einer Portion Selbstverliebtheit trat Chinas Außenminister Wang Yi am
Samstag vor die Presse. Dabei behauptete der Spitzendiplomat, dass sein
Land in der Ukrainekrise „auf der richtigen Seite der Geschichte steht“.
Doch Fakt ist: Chinas Diplomaten vermeiden es, Russland überhaupt als
Aggressor zu benennen. Die Invasion in der Ukraine ist für viele nach wie
vor eine „spezielle Militäroperation“. Insofern steht die Volksrepublik
derzeit vor allem an der Seite eines Pariastaats.
Oder etwa doch nicht? [1][Die Kommunikation der Volksrepublik ist ein
ständiges Hin und Her.] Insbesondere auf den westlichen Onlineplattformen
schlagen die Botschafter und Journalisten der Staatsmedien deutlich
moderatere Töne an. Sie sprechen wiederholt von der eigenen Neutralität,
erwähnen die menschlichen Tragödien aufseiten der ukrainischen
Zivilbevölkerung in diesem beinahe vier Wochen alten Krieg.
Doch auf den heimischen sozialen Medien ist die Tonart eine andere. „Einige
Chinesen fordern, dass wir dem Westen folgen und die russische Invasion der
Ukraine verurteilen sollten. Das ist naiv“, schreibt Hu Xijin auf seinem
Weibo-Account. Hu gilt nach wie vor als einflussreichster Publizist des
Landes, als ehemaliger Chefredakteur der boulevardesk-nationalistischen
Parteizeitung Global Times ist er ein zuverlässiger Seismograf für die
Stimmung des gemeinen Volks.
Was Hu zu sagen hat, lässt keinen Zweifel daran, auf welcher Seite die
Regierung stehen sollte: „China, und nicht Russland, ist Amerikas
hauptsächlicher Herausforderer“, heißt es. Von daher sei jedes Land ein
strategischer Partner, das sich gegen die US-Hegemonie stellt. Zudem würde
man sich mit Russland gegenseitig diplomatisch unterstützen – auch in Bezug
auf die „inneren Angelegenheiten“ Xinjiang, Hongkong oder Taiwan.
## Westliches Wunschdenken
Eine solche Denkweise, die die Wurzel allen Übels auf die Vereinigten
Staaten zurückführt, ist stark verbreitet unter Chinas Parteikadern. Was
jedoch überrascht, ist, dass die Regierung nach außen den Westen
beschuldigt, einer Mentalität des Kalten Krieges anzuhängen, während man
diese im Inneren selbst aktiv befördert. Doch innerhalb des stark
zensierten chinesischen Internets erkennen nur die Wenigsten die Ironie des
Ganzen.
Hu Xijin schreibt ganz unverhohlen, dass die Konfrontation zwischen Peking
und Washington unweigerlich in einen Krieg münden würde. Und dass man die
Nuklearwaffen Russlands unbedingt brauche, damit die atomare Abschreckung
der USA nicht mehr greifen könne. Das klingt geradezu konträr zu den
Äußerungen europäischer Spitzendiplomaten, die zuweilen China als neutrale
Vermittler ins Boot holen wollen.
Allein, dass sich Peking an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland
beteiligen könnte, ist gänzliches Wunschdenken. Diao Daming, Politologe der
renommierten Pekinger Renmin-Universität, sagte dazu in einem Interview:
„China wird kein Land nötigen und auch niemals äußeren Zwang von
irgendeinem Land akzeptieren.“
## Politologe will sich nicht beirren lassen
Wer freien Informationszugang hat, weiß, dass China wie kaum ein zweiter
Staat seine Wirtschaftsmacht einsetzt, um Abweichler mit Handelsboykotten
und anderen Strafmaßnahmen abzukanzeln. Als Südkorea etwa ein
US-Raketenabwehrsystem installierte, um sich vor der militärischen
Bedrohung Nordkoreas zu schützen, strich China von einem Tag auf den
anderen sämtliche Gruppen-Visa in den ostasiatischen Tigerstaat. Die
Schäden gingen in die Milliarden.
Auch als Litauen es wagte, ein Vertreterbüro Taiwans zu eröffnen, stellte
China plötzlich den Warenverkehr mit dem baltischen Staat vollständig ein.
Und Australien wurde mit Importstopps seiner Kohle und seines Weins
bestraft, nachdem Premier Scott Morrison eine Untersuchung zu den
Ursprüngen der Pandemie in China forderte. Innerhalb Chinas haben die
Medien darüber nicht berichtet.
Wu Xinbo, der das Zentrum für Amerikastudien an der Fudan-Universität in
Shanghai leitet, äußerte sich auch unmissverständlich zur langfristigen
Ausrichtung seines Landes: „Wir werden Russland nicht aufgrund des Drucks
oder der Provokation der USA vor den Kopf stoßen“, sagte er einer
chinesischen Zeitung. Denn es sei klar, dass man dieselben strategischen
Ziele habe. Die Regierung sei sich darüber „sehr klar“, und man werde sich
nicht „durch Druck der USA oder Ähnliches beirren lassen“.
22 Mar 2022
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[1] /Mit-Ukraine-und-Russland-gut-Freund/!5839836
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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