# taz.de -- Umweltschützer zu Strom aus Mais: Gegen mehr Biogas wegen Krieg | |
> Pflanzen für die Stromerzeugung belegten zu viele Äcker, sagen | |
> Umweltbundesamt und Naturschutzbund. Dort sollten lieber Lebensmittel | |
> angebaut werden. | |
Bild: Umstrittene Klimabilanz: Biogasanlage in Mecklenburg-Vorpommern | |
Berlin taz | Umweltschützer lehnen Forderungen ab, Erdgas aus Russland | |
wegen des Ukrainekriegs durch [1][Biogas] zu ersetzen. „Biogas ist im | |
Vergleich etwa zu Photovoltaik-Anlagen sehr ineffizient, was den Verbrauch | |
an Fläche angeht“, sagte der taz Sebastian Scholz, Teamleiter Energie und | |
Klima beim Naturschutzbund (Nabu). | |
So gingen Äcker für den Anbau von Lebensmitteln verloren, ergänzte Jan | |
Seven, Fachgebietsleiter Erneuerbare Energien des Umweltbundesamts (UBA). | |
Die Anlagen würden nämlich für 75 Prozent des Biogases Pflanzen wie Mais | |
vergären, die extra dafür angebaut werden. Mit dem so gewonnenen Gas wird | |
hauptsächlich Strom und in geringeren Mengen Wärme erzeugt. „Wir brauchen | |
die Flächen für die Welternährung und die Biodiversität“, so Seven. | |
Wegen des Angriffs auf die Ukraine will die Bundesregierung die | |
Abhängigkeit von Erdgasimporten aus Russland reduzieren. Bisher bezieht | |
Deutschland rund die Hälfte seines Gases von dort. Der [2][Fachverband | |
Biogas] etwa riet deshalb, seine Branche stärker zu fördern. Zum Beispiel | |
sollten die 8.600 Anlagen anders als bisher für unbegrenzt viel Strom die | |
Vergütung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz bekommen. Durch solche | |
Maßnahmen ließe sich die Energieerzeugung aus Biogas kurzfristig um 20 | |
Prozent steigern. Mittel- bis langfristig könnte die Biogaserzeugung dem | |
Wirtschaftsverband zufolge von heute 95 Terawattstunden mindestens | |
verdoppelt werden – was einem Drittel der aktuellen Gasimporte aus Russland | |
entspräche. | |
Doch schon bisher belege der Anbau von Pflanzen für die Biogasproduktion | |
1,6 Millionen Hektar oder 13 Prozent des deutschen Ackerlands, so das UBA. | |
Diese hohe Flächenbelegung sei angesichts der sich verschärfenden | |
Ernährungskrise „kontraproduktiv“. Infolge des Krieges fallen | |
Getreidelieferungen aus der Ukraine und Russland aus, sodass die | |
Weltmarktpreise steigen. Das könnte Hilfsorganisationen zufolge Millionen | |
von Menschen in Entwicklungsländern in den Hunger treiben. | |
Auf den knappen Agrarflächen erzeugen Biogasanlagen auch viel weniger Strom | |
pro Hektar als Photovoltaik (PV). „Bezogen auf PV-Bestandsanlagen könnte | |
pro Hektar im Jahr rund 13- bis 20- mal mehr Strom (0,75 x 413 | |
Megawattstunden) erzeugt werden als beim Maiseinsatz in Biogasanlagen (15 | |
bis 23 Megawattstunden)“, heißt es in einem noch unveröffentlichten | |
Arbeitspapier des UBA. Neue PV-Anlagen würden sogar 26- bis 39-mal mehr | |
Strom liefern als Biogas aus Mais. Dabei ist diese Pflanze schon der | |
effizienteste Rohstoff für die Biogasproduktion. | |
Der Staat hat Biogas hauptsächlich deshalb gefördert, weil es als | |
erneuerbare Energie klimafreundlich sein soll. Doch in Wirklichkeit ist die | |
Klimabilanz nach UBA-Daten schlecht. Auch das liegt vor allem am | |
Flächenverbrauch. Denn wenn Pflanzen für Biogas auf Flächen wachsen, auf | |
denen vorher zum Beispiel Futter erzeugt wurde, muss das möglicherweise | |
importiert werden aus Ländern, in denen dafür Wald abgeholzt wurde. Zwar | |
dürfen die Emissionen wegen dieser indirekten „Landnutzungsänderungen“ la… | |
EU-Recht nicht in den offiziellen Bilanzen auftauchen. „Sie sind jedoch | |
gemäß der Mehrheit von Studien dazu signifikant hoch und können unter | |
Umständen die positive Klimabilanz gegenüber der fossilen Referenz völlig | |
zunichtemachen“, so das UBA. Selbst nach der offiziellen Statistik | |
verursacht Biogas mehr Treibhausgase als andere erneuerbare Energien wie | |
Windkraft oder Solar. | |
Besser wären die Bilanzen, wenn die Biogasanlagen nicht hauptsächlich extra | |
für sie angebaute Pflanzen vergären würden, sondern Abfall- und Reststoffe | |
wie Gülle oder Mist, die sich nicht anderweitig nutzen lassen. Doch laut | |
UBA gibt es zu wenige solcher Stoffe, um die Biogasanlagen damit | |
vollständig zu versorgen. Mit diesem Material lasse sich nur etwa die | |
Hälfte der aktuellen Biogasmenge produzieren. Ein Drittel dieser Stoffe | |
lande schon jetzt in den Anlagen. | |
„Und die Industrie wird diese Stoffe auch haben wollen, weil fossile | |
Energien teurer werden“, ergänzt Nabu-Experte Scholz. Abgesehen davon werde | |
der Mais für die Biogasanlagen oft in Monokulturen oder sehr engen | |
Fruchtfolgen angebaut. Dadurch sinkt die Artenvielfalt. | |
Das Umweltbundesamt und der Nabu fordern deshalb, möglichst keine Pflanzen | |
mehr für Biogas anzubauen. Der Bund müsse die Förderung durch das | |
Erneuerbare-Energien-Gesetz herunterfahren. | |
25 Mar 2022 | |
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[1] /Biogas/!t5045274 | |
[2] https://www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf/id/DE-Der-Biogas-Sektor-soll-bis-20… | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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