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# taz.de -- Drastisch gestiegene Lebensmittelpreise: FDP trotz Hunger für Agro…
> Kraftstoff aus Pflanzen sei nötig im Kampf gegen den Klimawandel, so die
> Regierungspartei. Sie sieht kaum Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion.
Bild: Raps kann auf dem Teller, im Trog oder Tank landen
Berlin taz | Die von mehreren Bundesministerien angestrebte Reduzierung des
Einsatzes von Lebensmitteln als Kraftstoff droht an der FDP zu scheitern.
„Biokraftstoffe sind eine wichtige Technologie zum Übergang in die
Klimaneutralität des Verkehrs und oftmals durch den Einsatz von Abfällen
und Reststoffen gar keine Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion“, sagte am
Montag der taz Carina Konrad, die für [1][Landwirtschaft] und Umwelt
zuständige Vize-Vorsitzende der Liberalen im Bundestag. Behauptungen über
einen Konflikt „Tank gegen Teller“ griffen zu kurz.
„In der aktuellen Lage sind die kurzsichtigen Vorschläge zum Stopp der
Beimischung kein echter Problemlöser, da die eingesetzten Pflanzensorten
nicht für Nahrungsmittel verwendet werden können“, ergänzte die
Abgeordnete. Ihre Partei hat die in der Ampelkoalition praktisch ein
Vetorecht. Alle kostengünstigen Methoden zur Senkung des CO2-Ausstoßes
müssten genutzt werden, sagte Konrad. „Denn steigende Energiepreise sind
auch ein Risiko für die Ernährungssicherheit.“
Bisher dürfen die Mineralölkonzerne laut Bundesimmissionsschutzgesetz die
von der EU geforderten Treibhausgaseinsparungen erfüllen, indem sie Benzin
und Diesel Agrosprit beimischen, weil er offiziell eine bessere Klimabilanz
hat als fossile Kraftstoffe. So werden laut Umweltministerium 4 Prozent des
Energieverbrauchs im Straßenverkehr gedeckt, wofür etwa 9,8 Millionen
Tonnen Rohstoffe wie Weizen, Raps, Mais und Soja eingesetzt werden. Sie
kommen zu über 90 Prozent aus dem Ausland. Doch unter anderem wegen des
Ukraine-Kriegs sind die Preise für solche Lebensmittel drastisch gestiegen,
weshalb mehr Hunger in Entwicklungsländern befürchtet wird.
Zudem ist Agrosprit mehreren Studien zufolge klimaschädlicher als Erdöl,
wenn man die Folgen des hohen Flächenverbrauchs einkalkuliert. Der Anbau
für Agrosprit verdrängt laut Umweltministerium die Nahrungsmittelproduktion
in Gebiete wie Wälder und Moore, was Rodungen und Trockenlegungen zur Folge
habe. Diese Effekte würden nicht in der offiziellen Klimabilanz
berücksichtigt.
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte deshalb erklärt, sie wolle den
Einsatz von Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen
[2][weiter reduzieren]. Das Umwelt- und das Landwirtschaftsressort möchten
Greenpeace zufolge die Obergrenze für die Energie im Straßenverkehr aus
solchen Pflanzen von bisher [3][4,4 Prozent] ab dem kommenden Jahr
halbieren. Das Umweltministerium wollte das nicht offiziell kommentieren.
Ein Sprecher des ebenfalls von den Grünen geführten Agrarressorts sagte der
taz, beide Ministerien hätten das Ziel, die Agrospritanrechnung „sukzessive
auslaufen“ zu lassen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hatte
sich Agrosprit-kritisch positioniert. Die ebenfalls beteiligten Ministerien
für Wirtschaft und Verkehr ließen eine Bitte der taz um Stellungnahme bis
zum Redaktionsschluss unbeantwortet.
„Eine Gesetzesänderung, die lediglich vorsieht, den Anteil zu senken, und
erst im kommenden Jahr greift, kommt zu spät und reicht nicht aus“, sagte
Greenpeace-Sprecher Matthias Lambrecht. „Die steigenden Preise gefährden
schon jetzt die ausreichende Versorgung von Millionen Menschen mit
erschwinglichen Lebensmitteln.“
Martin Hofstetter, Agraringenieur der Umweltorganisation, wies die
Gegenargumente der FDP zurück: „Nicht mal 25 Prozent der Biokraftstoffe,
die bei uns eingesetzt werden, stammen von Abfällen oder Reststoffen wie
Frittenfett. Der Großteil wird aus Lebensmittelpflanzen wie Getreide
hergestellt.“
2 May 2022
## LINKS
[1] /Landwirtschaft/!t5007831
[2] /Steigende-Nahrungsmittelpreise/!5847482
[3] https://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_38_2017/BJNR389200017.html#BJNR3…
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Hunger
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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