Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Auflösung des tunesischen Parlaments: Vom Westen vergessen
> Tunesien galt als demokratische Hoffnung der arabischen Welt. Jetzt
> kümmert uns nicht, dass dort ein Despot dem Parlament die Macht entreißt.
Bild: Demonstration gegen die Regierungsübernahme durch den Präsidenten Kais …
Viel ist dieser Tage zu lesen vom Kampf zwischen autokratischen und
demokratischen Systemen, der auch im Ukrainekrieg ausgefochten wird. Europa
schickt Waffen und Sympathie ins östliche demokratische Nachbarland,
sanktioniert den Autokraten Wladimir Putin und fürchtet den Schulterschluss
zwischen Russland und China.
Derweil hat man die Ereignisse im Süden aus den Augen verloren. Dass die
arabische Welt von Despoten regiert wird, gehört anscheinend zu den festen
Gegebenheiten dieser Welt. Geschäfte mit arabischen Autokraten laufen unter
„Realpolitik“. Man fragt nicht nach, wenn Menschen in Saudi-Arabien in
Massen exekutiert oder in Ägypten verhaftet werden.
Selbst dort, wo sich tatsächlich etwas verändert hat, interessiert uns das
nicht mehr. Etwa in [1][Tunesien, vor einem Jahrzehnt gefeiert als einziges
positives Ergebnis des Arabischen Frühlings], mit all den Schwierigkeiten,
die mit diesem demokratischen Experiment einhergingen. Dort demontiert
Präsident [2][Kais Saied] nun kontinuierlich alle demokratischen
Errungenschaften. Letzten Sommer hob er die Gewaltenteilung auf, indem er
das Parlament suspendierte. Seitdem regiert er im Alleingang.
Nachdem es über die Hälfte der Abgeordneten am Mittwoch gewagt hatte, ihm
die Stirn zu bieten und sich online zu treffen, um den von Said verkündeten
Ausnahmezustand für nichtig zu erklären, löste der Präsident das Parlament
jetzt endgültig auf. Er droht, die Abgeordneten wegen „Verschwörung gegen
die Staatssicherheit“ vor Gericht zu stellen. Unterstützt wird er von
Ländern wie den Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien, die jegliche
demokratische Veränderung in der arabischen Welt verhindern wollen,
vergessen wird das Land von Europa.
[3][Tunesien], einst die einzige demokratische Insel im
arabisch-autokratischen Meer, droht unterzugehen. Das schlägt ein paar
kleinere Wellen. Wenn die in Europa ankommen, werden wir sie nicht spüren.
Wir sind zu beschäftigt, unsere demokratischen westlichen Werte in Richtung
Osten hochzuhalten.
31 Mar 2022
## LINKS
[1] /Zehn-Jahre-Arabischer-Fruehling/!5737510
[2] /Gewaltenteilung-in-Tunesien/!5834888
[3] /Politische-Krise-in-Tunesien/!5823401
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
## TAGS
Tunesien
Zehn Jahre Arabischer Frühling
Kais Saied
Tunesien
Protest
Gaslieferungen
Tunesien
Tunesien
Tunesien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verfassungsreferendum in Tunesien: Sargnagel für die Demokratie
Tunesiens Präsident Saied baut seine Macht aus. Die geringe Beteiligung am
Volksentscheid zeigt aber, dass sein Rückhalt in der Bevölkerung sinkt.
Verfassungsreferendum in Tunesien: Vom Präsidenten zum Autokraten
In Tunesien lässt Präsident Saied über ein Verfassungsreferendum abstimmen.
Es verschafft ihm mehr Macht und den Menschen ein wenig Basisdemokratie.
Russland pocht auf Zahlungen in Rubel: Wirtschaftskrieg um Gas
Russland will für den Rohstoff nur noch Rubel als Zahlungsmittel
akzeptieren. Der Westen sollte das hinnehmen – alles andere hätte fatale
Folgen.
Demokratiekrise in Tunesien: Präsident löst Parlament auf
Seit acht Monaten war das tunesische Parlament suspendiert. Nachdem sich
die Abgeordneten trotzdem trafen, löst Präsident Kais Saied es nun auf.
Gewaltenteilung in Tunesien: Saied baut Kontrolle über Justiz aus
Tunesiens Präsident schuf am Sonntag per Dekret einen neuen Obersten
Justizrat, dessen Mitglieder er teils selbst ernennt. Tausende gingen
daraufhin auf die Straße.
Tunesiens Präsident Kais Saied: Den Kontrolleuren an den Kragen
Tunesiens Präsident hat den Obersten Justizrat des Landes aufgelöst.
Letztes Jahr war er schon gegen Parlament und Regierung vorgegangen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.