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# taz.de -- Wissenschaftler im Lobbyregister: Interessenskonflikte offen legen
> Auch Wissenschaftler sollen im Lobbyregister des Bundestags gelistet
> werden. Diese sind damit überhaupt nicht einverstanden.
Bild: Aktuell wird ein neues Lobbyregister für den Deutschen Bundestag aufgest…
Berlin taz | Wenn Wissenschaftler fachlich fundierte Ratschläge geben,
sprechen sie dann für die Allgemeinheit oder vertreten sie spezifische
Eigeninteressen und werden damit zu Lobbyisten? Diese Frage wird derzeit
bei der Aufstellung eines [1][Lobbyregisters für den Deutschen Bundestag]
diskutiert. Eine Wissenschaftler-Inititiative sammelt Stimmen für eine
Petition an das Parlament, um eine Präzisierung des Lobbyregister-Gesetzes,
das zum Jahresbeginn 2022 in Kraft trat, zu erreichen.
Angestoßen wurde die Initiative von Wissenschaftlern des BICC (Bonn
International Centre for Conflict Studies). Sie halten es für einen
„fatalen Fehler“ des Gesetzes, dass sich in das Register neben
Interessenverbänden und Wirtschafts-Consultants auch wissenschaftliche
Einrichtungen und einzelne Wissenschaftler eintragen lassen müssen.
Ausgenommen von der Registrierungspflicht sind lediglich
Sachverständigenräte und Expertengremien, die von der Bundesregierung
einberufen wurden.
Nur mit einem Eintrag in das Lobbyregister bekommen Organisationen und
Personen künftig die Erlaubnis, in den Austausch mit Leitungsebenen von
Exekutive und Legislative zu treten. Durch diese Transparenz-Regel soll die
verdeckte Beeinflussung der politischen Entscheidungsträger verhindert
werden.
„Wissenschaftliche Politikberatung ist keine Sammlung von persönlichen,
parteipolitisch oder anders gefärbten Meinungen und schon gar nicht eine
politische Beeinflussung aus ökonomischen Interessen oder aus
gesellschaftlichen und Standesvertretungen“, begründen die beiden
BICC-Direktoren Conrad Schetter und Marc von Boemcken ihren Vorstoß. Die
Wissenschaft verfüge auf ihrer Seite über „eingeübte Prozesse und solide
Standards“, die eine Qualitätskontrolle der Forschung und ihrer Übersetzung
in Politikempfehlungen gewährleiste.
Zu den Unterstützern gehört auch das Deutsche Institut für
Entwicklungspolitik (DIE). „Die unlautere Einflussnahme auf politische
Prozesse und Entscheidungen zu unterbinden, ist eine wichtige Aufgabe in
einer Demokratie“, betont das DIE in einer am Mittwoch veröffentlichten
Erklärung.
## Mehr Differenzierung gefordert
„Aber die Entscheidung des Bundestags, dass sich auch außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen in ein Lobbyregister eintragen müssen, ohne auf den
Unterschied zwischen strategisch-motiviertem Lobbyismus und
wissenschaftlich-basierter Beratung hinweisen zu können, verkennt den
wissenschaftlichen Beratungsauftrag vieler dieser Institutionen“,
kritisiert DIE-Direktorin Anna-Katharina Hornidge. Die wichtige
Grenzziehung zwischen Lobbyismus und Wissenschaft werde vom Gesetz
aufgeweicht, weil „zwischen strategischer, wirtschaftlicher oder
politischer Interessensvertretung und wissenschaftlicher Beratung“ nicht
differenziert werde.
Eine andere Auffassung vertritt die [2][zivilgesellschaftliche Organisation
„Transparency Deutschland“], die seit ihrer Gründung gegen die verdeckte
Beeinflussung staatlicher Instanzen zu Felde zieht. „Anders als von der
Petition dargestellt, werden Wissenschaftler:innen und
Wissenschaftseinrichtungen durch das derzeitige [3][Lobbyregister-Gesetz]
nicht pauschal als Lobbyist:innen gekennzeichnet“, erklärte Norman
Loeckel, Leiter der Arbeitsgruppe Politik von Transparency Deutschland, auf
Anfrage der taz. Wenn Wissenschaftler:innen zum Beispiel vonseiten des
Bundestags um Expertise gefragt werden, müssten sie sich derzeit nicht ins
Lobbyregister eintragen.
Eine andere Sachlage ergibt sich, wenn die Wissenschaft von sich aus aktiv
wird, um Gesetzgebung und Politik zu beeinflussen. „Dann ist sie auch eine
Interessenvertreterin“, erläutert Loeckel. Das könne durchaus für eine gute
Sache sein.
„Aber auch die Interessenvertretung für eine gute Sache ist am Ende noch
Interessenvertretung und darf nicht im Geheimen stattfinden“, so der
Vertreter von Transparency Deutschland. Andernfalls schaffe man nur „eine
Umgehungsmöglichkeit für das Lobbyregister, indem zum Beispiel Unternehmen
öffentliche und private wissenschaftliche Organisationen oder Forscher
beauftragen können, um verdeckt Lobbyarbeit zu betreiben“.
Die [4][Petition] wurde am 24. Februar beim Bundestag eingereicht und kann
bis zum 14. April von Unterstützern mitgezeichnet werden. Für eine Anhörung
vor dem Petitionsausschuss werden 50.000 Unterstützer benötigt.
25 Mar 2022
## LINKS
[1] /Registrierungspflicht-im-Bundestag/!5823339
[2] /Lobbyismus-und-Korruption/!5797198
[3] /Neues-Lobbyregister-kommt/!5759460
[4] https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2022/_02/_24/Petition_…
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Experten
Politikberatung
Lobbyisten
Bundestag
Transparenz
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Lobbyarbeit
Schwerpunkt Korruption
Demokratie
Lobby
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