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# taz.de -- Legehennen und Genmanipulation: Das neue Huhn-Ei-Problem
> Eier von Hennen mit gentechnisch veränderten Eltern dürfen in der EU ohne
> Risikoprüfung auf den Markt gelangen. Bauernvetreter kritisieren dies.
Bild: Platzangst sollte man als Küken von jeher nicht haben
Eier von Legehennen mit gentechnisch veränderten Eltern dürfen in der EU
laut Europäischer Kommission ohne Risikoprüfung auf den Markt gelangen. Die
„Legehennen und ihre Eier würden keine Zulassung“ und Kennzeichnung nach
der Verordnung über genetisch veränderte Nahrungsmittel benötigen, heißt es
in einem [1][Schreiben] der Brüsseler Behörde an das deutsche Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Die Mitteilung liegt
der taz vor. Kritiker warnen jedoch vor möglichen Gefahren.
Das staatliches Forschungsinstitut „Volcani Center“ in Israel hat einem
[2][Patentantrag] zufolge in das Erbgut von Hähnen mit Hilfe der Technik
Crispr/Cas ein Gen eingebaut, das die Embryonen absterben lässt, wenn sie
mit blauem Licht bestrahlt werden. So lässt sich verhindern, dass neue
Hähne schlüpfen.
Die männlichen Tiere von Legehennenrassen haben aus wirtschaftlicher Sicht
den Nachteil, dass sie kaum Fleisch ansetzen und keine Eier produzieren.
Deshalb werden sie bislang in vielen Ländern gleich nach dem Schlüpfen
getötet. [3][In Deutschland ist das seit Januar verboten.] Die Alternativen
– Geschlechtserkennung bereits im Ei, die Aufzucht der Hähne oder
[4][weniger spezialisierte Rassen] – sind vergleichsweise teuer und teils
auch aus Umweltsicht umstritten.
Für die EU-Kommission sind die neuen Hennen keine gentechnisch veränderten
Organismen (GVO), weil laut Hersteller das artfremde, potenziell tödliche
Gen „nur an die männlichen Embryonen weitergegeben wird, nicht an die
weiblichen Embryonen, die sich zu diesen Legehennen entwickeln“. Denn als
gentechnisch verändert gelte gemäß der [5][EU-Richtlinie 2001/18] nur ein
Organismus, „dessen genetisches Material so verändert worden ist, wie es
auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht
möglich ist“.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der
gentechnikkritische Verein Testbiotech interpretieren das EU-Recht anders.
Sie zitieren den Abschnitt der [6][EU-Verordnung], wonach als GVO auch
Lebensmittel gelten, „die aus GVO hergestellt werden“. Die Organisationen
warnen „vor einer ‚kalten‘ Deregulierung der umstrittenen
Crispr/Cas-Gentechnik (…) mit weitreichenden Folgen für Verbraucher:innen,
Lebensmittelerzeuger:innen und den Lebensmittelhandel“.
Ergebnisse der Grundlagenforschung hätten gezeigt, dass Nachkommen von
Tieren, deren Erbgut mit Hilfe von CRISPR/Cas gentechnisch manipuliert
wurde, „von unbeabsichtigten Veränderungen betroffen sind“. Das könne
Risiken verursachen. Bisher scheinen die neuen Hennen nicht in der EU
angekommen zu sein. [7][Die Firma NRS Poultry] will sie aber weltweit
vermarkten.
Hinweis der Redaktion vom 10.03.: Wir haben aus dem Text aus Platzgründen
gekürzte Angaben über die von Kritikern befürchteten Risiken ergänzt.
9 Mar 2022
## LINKS
[1] https://nextcloud.bauernstimme.de/index.php/s/Mffoxjt577Y4Yjg
[2] https://patentscope2.wipo.int/search/en/detail.jsf?docId=WO2020178822
[3] /Kueken-in-der-Gefluegelbranche/!5700750
[4] /Neuer-Agrarminister-als-Tierschuetzer/!5822110
[5] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A32001L0018…
[6] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A32003R1829…
[7] https://www.nrspoultry.com/
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft
Kükenschreddern
CRISPR
Hühnereier
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Gentechnik
Landwirtschaft
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Bio-Lebensmittel
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