# taz.de -- Petition gegen Gene-Drive-Technologien: Malaria-Mücke mit Genschere | |
> Freilandversuche mit der Gene-Drive-Technologie rufen Protest hervor: | |
> 300.000 Menschen haben eine Petition an die Umweltministerin | |
> unterzeichnet. | |
Bild: Die Anopheles-Mücke ist der Hauptüberträger von Malaria in Afrika | |
Fast vier Jahre läuft die Kampagne, 239 Nichtregierungsorganisationen haben | |
sich zusammengetan. Am kommenden Dienstag wollen die Aktivist:innen von | |
„Stop Gene Drives“ [1][Bundesumweltministerin Steffi Lemke] in Berlin eine | |
Petition mit 290.000 Unterschriften überreichen. Die Petition fordert ein | |
Moratorium. Ein erster geplanter Freilandversuch der sogenannten | |
Gene-Drive-Technologien in Burkina Faso soll verhindert werden. | |
Das Thema hinter der Petition ist recht komplex. Gene-Drive-Technologien | |
können nämlich die Regeln der Genetik untergraben und eine gewünschte | |
Eigenschaft im Erbgut ganzer Lebensgemeinschaften oder sogar Arten | |
durchsetzen. Möglich ist das dank eines Werkzeugs, das eine gewisse | |
Bekanntheit erlangt hat. Nicht zuletzt, nachdem die zwei Erfinderinnen 2020 | |
einen Nobelpreis erhielten. | |
Gemeint ist die [2][Genschere Crispr-Cas], mit deren Hilfe sich gezielt und | |
präzise auch geringfügige Veränderungen im Erbgut von Lebewesen vornehmen | |
lassen. Im normalen Fall wird die Schere dafür einmal genutzt und ist | |
selbst nicht Gegenstand der Veränderung. Im Fall der sogenannten Gene | |
Drives wird die Schere aber zum Erbgut dazugelegt und ebenfalls weiter | |
vererbt. So kann Crispr-Cas die Eigenschaft auch in allen Nachkommen wie | |
gewünscht verändern. | |
Es gibt so eine forcierte Vererbung auch in der Natur, bei Insekten zum | |
Beispiel, um das Geschlechterverhältnis der Nachkommen zu beeinflussen. Als | |
neue Technologie sollen Gene Drives nun aber Menschheitsprobleme lösen. Vor | |
allem gegen die von Mücken übertragene Malaria sind Gene Drives eine große | |
Hoffnung. In die Umwelt verbrachte Insektizide, imprägnierte Moskitonetze | |
und Medikamente haben zwar Erfolge gegen Malaria erbracht. Aber eine | |
wirklich wirksame Impfung gibt es bis heute nicht. In Afrika sterben nach | |
wie vor jährlich knapp 500.000 Kleinkinder an der Krankheit. | |
Gene Drives könnten das ändern, indem sie die Mücken aktiv in ihrer | |
Fortpflanzungsfähigkeit behindern, bis sie ganz verschwunden sind. Oder | |
indem sie den Blutsaugern die Fähigkeit nehmen, Malariaerreger zu | |
übertragen. Wie gut das im Freiland funktioniert und ob unerwünschte Folgen | |
eintreten, ist aber noch unklar. Weshalb die „Stop Gene Drives“-Kampagne | |
von Save Our Seeds nicht ganz alleine dasteht mit der Forderung, die | |
Technologie vorerst besser nicht zu nutzen. | |
## Kleine Fehler können zukünftige Forschung behindern | |
Auch Pioniere der Gene Drives sprechen sich seit Jahren gegen voreilige | |
Freisetzungen aus. Nicht, weil ökologische Katastrophen zu befürchten | |
wären. Sondern weil selbst kleinste Fehler die Möglichkeiten eines | |
späteren, sicheren Einsatzes pulverisieren könnten. Dazu kommt, dass die | |
meisten Forscher:innen des Feldes aus Industrienationen stammen. So | |
sagte die Malariaexpertin Francine Ntoumi von der Universität Tübingen bei | |
einer Diskussion im Bundestag kürzlich, es sei sehr wichtig, | |
Wissenschaftler:innen aus Burkina Faso und Gabun mit entscheiden zu | |
lassen, welche Technologien in ihren Ländern unter welchen Bedingungen | |
eingesetzt werden. | |
Ob es jemals dazu kommt, hängt aber nicht nur von der Forschung an den | |
[3][Gene Drives] ab. Auch die Entwicklung und Zulassung eines hochwirksamen | |
Impfstoffs könnte der Kampagne letztlich recht geben. | |
30 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Plan-des-Umweltministeriums/!5841674 | |
[2] /EU-Kommission-fuer-Crispr/Cas-Pflanzen/!5763521 | |
[3] /Gentechnik-fuer-Artenvielfalt/!5793088 | |
## AUTOREN | |
Kathrin Zinkant | |
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