# taz.de -- Yorck-Kinos starten Streamingdienst: „Filmen ein Fortleben ermög… | |
> Die Berliner Yorck-Gruppe bietet nun auch Kinofilme „on demand“. | |
> Geschäftsführer Christian Bräuer glaubt, dass sich damit Geld verdienen | |
> lässt. | |
Bild: Filme gucken kann man überall, natürlich auch in der Badewanne | |
taz: Herr Bräuer, die Corona-Maßnahmen laufen langsam aus und man kann bald | |
wieder so problemlos ins Kino gehen wie vor der Pandemie. Ausgerechnet | |
jetzt haben Sie als Kinogruppe Ihre Streaming-Plattform [1][Yorck On | |
Demand] gestartet. Graben Sie sich damit nicht selbst das Wasser ab? | |
Christian Bräuer: Ich sehe nicht, dass man damit eine Konkurrenz zum Kino | |
schafft. Wir machen es eher wie ein Restaurant, das nun auch einen | |
Lieferservice anbietet. Wir zeigen die Filme, die die große Leinwand | |
verdienen – und die es aber auch verdienen, nach der Auswertung im Kino | |
noch gesehen zu werden. Irgendwann müssen wir Filme aus dem Programm | |
nehmen, weil Neue kommen. Und die betreut man dann gleich weiter. | |
Wer einen bestimmten Film im Kino verpasst hat, soll ihn sich dann eben | |
daheim auf der Couch wenigstens streamen können. | |
Auch die größten Filmliebhaber verpassen etwas. Je einfacher die Leute | |
bestimmte Filme dann via Streaming sehen und wertschätzen können, desto | |
eher gehen sie doch umgekehrt auch wieder ins Kino. Es geht darum, | |
Filmkultur zu steigern. Wir sehen ja auch, dass gerade viele junge Menschen | |
ins Kino kommen, die vor der Pandemie nicht da waren. Vielleicht weil sie | |
online viel leichter Filme entdecken können als früher, wenn sie sich für | |
Cinephilie interessieren. Ich glaube, es könnte eine Win-win-Situation | |
entstehen. Je mehr Filmkultur präsent ist, desto besser ist das auch für | |
die Kinos. | |
Streaming soll also eine Ergänzung zum Erlebnis Kino sein und nicht der | |
Ersatz? | |
Kino bleibt Kino. Aber wir müssen uns weiterentwickeln, unsere | |
[2][Geschäftsmodelle anpassen]. Ich glaube an das Kino, und ich glaube an | |
den analogen Raum. Alles um uns herum hat sich verändert, aber das | |
Kinoerlebnis bleibt gleich. Trotzdem hat die Marktwelt sich verändert. Wir | |
denken den Schritt, was mit einem Film passiert, nachdem er im Kino zu | |
sehen war, nun mit. Wir wollen bestimmten Filmen ein Fort-, ein Weiterleben | |
ermöglichen. Tatsächlich lohnt sich das Produzieren von Arthousefilmen ja | |
auch nur, wenn sie auch nach der Auswertung im Kino noch Erlöse erzielen. | |
Einst lief das vor allem über den Video-, dann über den DVD- und | |
Blue-Ray-Markt. | |
Und dieser Zwischenstopp fällt ja zunehmend weg. Früher haben wir auch in | |
unseren Kinos DVDs verkauft, und jetzt sagen wir: Die Filme, die ihr in | |
unseren Häusern entdecken könnt, könnt ihr danach auch bei uns online | |
finden. | |
Streaming ist ein hart umkämpfter Markt. Gibt es zwischen den großen | |
Playern wie Netflix und einer Arthouse-Streaming-Plattform wie Mubi | |
wirklich noch eine Lücke für Sie? | |
Netflix ist ein riesiger Streamingdienst, der global funktioniert, vor | |
allem mit seriellen Formaten. Das ist ein ganz anderes Segment. Aber wir | |
unterscheiden uns auch von anderen Plattformen, die sagen: Da draußen ist | |
die große digitale Welt, in der bin ich zu Hause. Denn die Basis bei uns | |
ist weiterhin das Kino vor Ort, der kulturelle Raum in Berlin. Das ist der | |
Ausgangspunkt. Wichtig ist auch das Kuratieren. Ich glaube, dass die | |
menschliche Empfehlung wieder an Bedeutung gewinnt, und unser Programm wird | |
immer noch persönlich kuratiert. Das gibt auch Orientierung. | |
Aber ambitioniert klingt es schon: Eine kleine Berliner Kinogruppe will nun | |
deutschlandweit auf dem Streamingmarkt mitmischen. | |
Wir bekleben jetzt nicht in der ganzen Republik Litfaßsäulen und Busse mit | |
Werbung für Yorck On Demand. Das wäre auch vermessen. Aber ich höre immer | |
wieder aus anderen Städten: In Berlin habt ihr so eine tolle Auswahl an | |
Filmen. Man darf ja nicht vergessen: Es gibt keine Stadt auf der Welt, die | |
[3][mehr Kinos und Arthouse-Kinos] hat als Berlin. Dieses Angebot nun auch | |
außerhalb Berlins zeigen zu können ist nun eine Chance, damit es sich zudem | |
finanziell rechnet. | |
16 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.yorck.de/ondemand | |
[2] /Filmbranche-verliert-an-Sogwirkung/!5822046 | |
[3] /Filmempfehlungen-fuer-Berlin/!5840644 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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