# taz.de -- Bremer Gerichsturteil zum Gehwegparken: Freie Bahn vor der eigenen … | |
> Wegen zugeparkter Gehwege hatten Anwohner:innen gegen die | |
> Verkehrsbehörde geklagt. Ein Gericht entschied, dass sie ein Recht auf | |
> freie Wege haben. | |
Bild: Gehwegparken: Vor allem mit Rolli oder Kinderwagen ist ein Durchkommen of… | |
BREMEN taz | Bremer Anwohner:innen haben ein Recht auf freie Gehwege | |
vor ihrer Haustür. Zumindest diejenigen, [1][die gegen die Verkehrsbehörde | |
geklagt hatten], die ihrer Ansicht nach nicht genügend gegen aufgesetzt auf | |
dem Gehweg parkende Autos vorgeht. Obwohl sich das Urteil nur auf drei | |
Straßen in drei Bremer Stadtteilen bezieht, sehen das Gericht sowie | |
Kläger:innen und Beklagte darin eine Grundsatzentscheidung. | |
Am Dienstag veröffentlichte das Verwaltungsgericht die Urteilsbegründung. | |
Konkret hat es die Verkehrsbehörde darin verpflichtet, erneut über einen | |
Antrag von Anwohner:innen zu entscheiden. Schon 2018 wollten | |
Anwohner:innen dreier Straßen in zentral gelegenen Bremer Stadtteilen | |
mit dem Antrag erreichen, dass die Behörde „geeignete und wirksame | |
Maßnahmen gegen das regelmäßige Gehwegparken“ ergreift. So steht es in dem | |
Urteil. Die Kläger:innen fühlten sich beeinträchtigt: nebeneinander | |
gehen oder Kinder in ihren Straßen Rad fahren zu lassen, sei nicht möglich | |
gewesen. | |
Mitte 2019 lehnte die Verkehrsbehörde den Antrag der Anwohner:innen ab. | |
Ein Widerspruch bewirkte nichts. Daher erhoben sie schließlich Klage. | |
In der Ablehnung der Verkehrsbehörde habe es geheißen, Polizei und | |
Ordnungsamt seien zuständig – und diese könnten nach freiem Ermessen | |
entscheiden, welcher Ordnungswidrigkeit sie nachgehen. Auf dem Gehweg | |
parken ist laut Straßenverkehrsordnung (StVO) so eine Ordnungswidrigkeit. | |
Das Gericht teilte am Dienstag mit, dass dieser Verweis nicht in Ordnung | |
sei: Denn „die Ordnungsbehörden“ schritten „in den betroffenen Wohnstra�… | |
in der Regel nicht ein“ – womit sie die Kläger:innen „faktisch | |
rechtsschutzlos“ zurück ließen. | |
## Juristisches Neuland | |
Gegen das Innenressort, das für Polizei und Ordnungsamt zuständig ist, | |
hätten die Anwohner:innen lieber geklagt, sagten sie im November. Doch | |
wenn dieses nicht handele, müsse es eben jemand anderes tun. Weil es in der | |
StVO heißt „Zuständig zur Ausführung dieser Verordnung sind, soweit nichts | |
anderes bestimmt ist, die Straßenverkehrsbehörde“, fiel die Wahl auf die | |
Verkehrssenatorin. | |
Das Gericht hat diese nun zum Handeln verpflichtet. Was genau sie tut, ist | |
ihr jedoch überlassen. Ideen gibt es genug: Schilder aufstellen, | |
Informationen in Briefkästen verteilen, abschleppen lassen. Für Kontrollen | |
und Bußgelder dagegen ist das Innenressort verantwortlich. | |
„Das Besondere an dem Urteil ist, dass das Gericht überhaupt dieses | |
subjektive Recht festgestellt hat“, sagt Carsten Bauer, Sprecher des | |
Verwaltungsgerichts. Und das auf öffentlichem Grund. „Es wäre nicht | |
erstaunlich gewesen, wenn die Kammer das anders gesehen hätte.“ Bislang sei | |
die Frage, ob Anwohner:innen ein Recht darauf haben, dass gegen Parken | |
auf dem Gehweg vorgegangen wird, in der Rechtsprechung nicht diskutiert | |
worden. | |
„Wenn das so akzeptiert wird, gilt das sicherlich auch in anderen Straßen“, | |
sagt Bauer weiter. Nach seiner Einschätzung sei es durchaus denkbar, diese | |
Entscheidung auch auf andere [2][zugeparkte Gehwege], die von Menschen | |
genutzt werden, die dort aber nicht wohnen, anzuwenden. | |
## Kein Recht auf einen Parkplatz | |
Beide Parteien haben nun einen Monat Zeit, um Berufung einzulegen. Noch ist | |
unklar, ob das Verkehrsressort davon Gebrauch macht. Man müsse das Urteil | |
intern und mit dem Innenressort besprechen, sagt Verkehrssenatorin Maike | |
Schaefer (Grüne). Sie bezeichnet es als „Meilenstein für die | |
Verkehrswende“. | |
Inhaltlich steht es ihrer Politik nicht entgegen: „Bisher war unser Kurs, | |
mit Maßnahmen wie Bewohnerparken, Carsharing-Angeboten, Ausbau des | |
Umweltverbundes den Parkdruck in den Quartieren sukzessive abzubauen.“ Das | |
Urteil erzwinge nun konsequenteres und schnelleres Handeln. | |
Aufgesetztes Parken „weiter systematisch dulden“, gehe jetzt nicht mehr, | |
freuen sich auch die Kläger:innen. Die [3][Rechte des Fußverkehrs] würden | |
mit der Begründung nicht nur in Bremen gestärkt, sondern bundesweit, | |
schreibt eine von ihnen der taz. | |
Laut BUND Bremen werde mit dem Urteil zudem deutlich, „dass es kein Recht | |
auf einen Parkplatz vor der eigenen Haustür gibt, nicht einmal ein Recht | |
auf einen Parkplatz im öffentlichen Raum“. | |
22 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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