# taz.de -- Erneuerung der Linkspartei: Seit an Seit mit den Fridays | |
> Bewegungslinke und Klimaaktivist:innen treffen sich am Samstag. Sie | |
> möchten, dass die Linke sich künftig in den Dienst der Klimabewegung | |
> stellt. | |
Bild: So soll es weitergehen: Linken-Fraktionschef Bartsch diese Woche mit eine… | |
BERLIN taz | Die erste Schlacht hatten sie verloren. Im Dezember | |
protestierten Klimapolitiker:innen der Linkspartei gemeinsam mit | |
Aktivist:innen von Fridays for Future [1][in einem offenen Brief] gegen | |
die Ernennung des Linken-Abgeordneten Klaus Ernst zum Vorsitzenden des | |
Ausschusses für Klima und Energie im Bundestag. 12.000 unterschrieben | |
dagegen. Umsonst. Die Linksfraktion zog durch und machte den erklärten | |
Erdgas- und Autoliebhaber Ernst zum Linken-Aushängeschild im | |
Klimaausschuss. | |
Nun sammeln sich die Kritiker:innen erneut im Netz, diesmal zu einem | |
eintägigen digitalen Vernetzungstreffen. Und es geht ihnen nicht mehr um | |
einen einzelnen Ausschussposten, sondern darum, die Gesellschaft und die | |
Linkspartei umzukrempeln. Viele Parteimitglieder und besonders viele Aktive | |
aus der Klimabewegung lehnten das „Weiter so“ in der Linken ab und | |
wünschten sich eine Erneuerung, heißt es in einem [2][Aufruf im Netz]. | |
Ziel des Treffens ist es, in einem ersten Schritt gemeinsam mit der | |
Klimabewegung eine Demonstration gegen die Politik der Ampel-Regierung im | |
März zu organisieren, wenn diese 100 Tage im Amt ist. Doch darüber hinaus | |
wollen die Initiator:innen, dass die Linkspartei sich künftig in den Dienst | |
der Klimabewegung stellt „und mit ihrem Know-How, den Strukturen und dem | |
Enthusiasmus ihrer Mitglieder all jenen den Rücken stärkt, die sich eine | |
andere Klimapolitik wünschen“, heißt es in dem Aufruf. Man brauche mehr | |
denn je eine Partei, die die Interessen der Klimabewegung vertrete, ohne | |
die Bewegung zu verraten oder sie zu bevormunden. Ein kleiner Seitenhieb | |
auf die Grünen. | |
Eingeladen sind unter anderem [3][Carla Reemtsma] von Fridays for Future | |
und der ehemalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger, die zu Beginn reden | |
werden. Im weiteren Verlauf soll es auch darum gehen, wie man gemeinsam | |
Klimabündnisse von unten aufbauen kann. Außerdem sind mehrere parallel | |
tagende regionale Vernetzungstreffen geplant. Angemeldet sind nach Auskunft | |
der Organisator:innen 250 Menschen, die mehrheitlich Mitglieder der | |
Linkspartei seien. | |
## Die Gretchenfrage der Linken | |
„Wir wollen, dass die Linke eine Bewegungspartei wird, die ihre | |
parlamentarischen Möglichkeiten vor allem in den Dienst der | |
außerparlamentarischen Bewegung stellt“, sagte Yaak Pabst vom | |
Organsationsteam zur taz. Pabst gehört zu den Bewegungslinken und ist | |
außerdem Mitglied im trotzkistischen Netzwerk Marx21. Letzteres lehnt | |
Regierungsbeteiligungen der Linken grundsätzlich ab. | |
Entsprechend kritisch sehen die Organisator:innen des samstäglichen | |
Treffens auch „den Ausverkauf an der Regierung und die Politik der kleinen | |
Schritte“ und fordern Alternativen. Damit machen sie eine Uralt-Debatte in | |
der Linken wieder auf: Will man regieren und Kompromisse machen oder | |
kompromisslos in der Opposition bleiben. | |
Eine Frage, die die Mehrheit der Mitglieder und Wähler:innen längst für | |
sich entschieden hat. In parteiinternen Umfragen haben | |
Regierungsbeteiligungen satte Mehrheiten. Auch die Berliner Linkspartei | |
hatte sich im Dezember mit Dreiviertel-Mehrheit für die Zusammenarbeit mit | |
SPD und Grünen im Land ausgesprochen. | |
[4][Susanne Hennig-Wellsow], die die Linkspartei seit einem Jahr zusammen | |
mit Janine Wissler führt, hatte im Bundestagswahlkampf auf ein solches | |
Bündnis auf Bundesebene gesetzt. Mit einem Ergebnis von 4,9 Prozent | |
verfehlte die Linkspartei dieses Ziel jedoch klar und beinahe auch den | |
Einzug in den Bundestag. Der gelang nur dank dreier Direktmandate. Seitdem | |
sucht die Partei einen Weg aus der Krise. | |
Hennig-Wellsow sagt der taz, sie verstehe das Treffen am Samstag nicht als | |
Kritik an ihrem Kurs, sondern als einen Versuch, sich einen Kopf darüber zu | |
machen, wie sozial-ökologische Erneuerung gehen könne. Sie fühle sich weder | |
übergangen, noch finde sie, dass sie in das Treffen hätte eingebunden | |
werden müssen. „Es ist das, was jetzt überall passiert, die Suche nach | |
einem Weg. Ich bin auf die Ideen gespannt“, sagte Hennig-Wellsow. | |
Eingeladen hatten die Organisatoren auch Ko-Vorsitzende Janine Wissler, die | |
den Bewegungslinken nahe steht und ehemals zu Marx21 gehörte. Sie habe ihre | |
Teilnahme an dem Treffen aus Zeitgründen abgesagt, so Pabst. Er betonte, | |
dass das Treffen den Erneuerungskurs der Parteiführung teile. | |
Es gelte aber nun, den Worten auch Taten folgen zu lassen. „Da passiert | |
bislang zu wenig, wie die Ernennung von Klaus Ernst zum | |
Ausschussvorsitzenden gezeigt hat.“ Um die Causa Ernst werde es auf dem | |
Treffen aber höchstens noch am Rande gehen, es gehe nun darum, nach vorn zu | |
schauen und den Protest für eine nachhaltige und soziale Klimapolitik auf | |
die Straße zu bringen. | |
Der Fall Ernst ist für die Linkspartei erst mal abgeschlossen, ihre Krise | |
aber dauert an. | |
28 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://linke-erneuern.de/offener-brief-an-die-linksfraktion/ | |
[2] https://linke-erneuern.de/ | |
[3] /Fridays-for-Future-in-Berlin/!5810238 | |
[4] /Linken-Chefin-ueber-Zukunft-der-Partei/!5824391 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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