# taz.de -- Fridays for Future in Berlin: Keine Wahl, außer zu demonstrieren | |
> Am Freitag sind Tausende für konsequentere Klimapolitik auf die Straße | |
> gegangen. Von den Sondierungsgesprächen sind sie enttäuscht. | |
Bild: Luise Neubauer und Klimaschützer bei Fridays For Future vor der SPD Zent… | |
BERLIN taz/epd | Pünktlich zum Start der Koalitionsverhandlungen | |
protestierten heute in Berlin gut mehrere tausend Demonstrant:innen für | |
strengere Klimaziele in den Koalitionsverhandlungen. Hauptorganisator war | |
Fridays for Future, unterstützt wurde der Klimastreik von einer Vielzahl an | |
Bündnissen, darunter Greenpeace, Attac und der WWF. | |
Das Motto dieses Mal: Ihr Lasst uns keine Wahl. Sichtbar enttäuscht von den | |
bisherigen Soniderungsverhandlungen ließen die Demonstrierenden in Berlin | |
ihrem Unmut freien Lauf. Davon hielt sie auch der zwischendurch immer | |
wieder einsetzende Regen nicht ab. | |
„Keine der Parteien bei der Wahl hat ausreichende Klimaziele gehabt, selbst | |
Die Linke nicht“, sagte Grundschullehrer Max. Er lebt seit 8 Jahren in | |
Berlin und brachte seine Tochter mit, die gerade eingeschult wurde. Die | |
vergangene Bundestagswahl war Max' erste als deutscher Staatsbürger. In | |
seiner britischen Heimat bastele man gerade an Mini-Atomkraftwerken, ein | |
Unding, findet er. Einmal im Monat will Max sich freitags frei nehmen. | |
Seine Tochter möchte er zu den Demos mitnehmen und schon früh auf | |
Umweltprobleme hinweisen. | |
Im Wahlkampf hätten alle Parteien über Klimapolitik gesprochen, [1][sagte | |
die Fridays for Future-Sprecherin Carla Reemtsma]. Das vorliegende | |
Sondierungspapier gehe „komplett an der eskalierenden Klimakrise vorbei.“ | |
Es biete stattdessen ein „Mischmasch an Einzelmaßnahmen“. | |
Teilnehmer:innen schwenkten Plakate und Spruchbänder mit Aufschriften | |
wie „Wir sind jung und brauchen die Welt“ und „Wir streiken bis ihr | |
handelt“. Ein kleiner Junge trug den Slogan „Fischers Fritze fischt jetzt | |
Plastik“. | |
## Forderungspapier veröffentlicht | |
Am Mittwoch hatten Fridays for Future einen Forderungspapier an die | |
[2][zukünftige Bundesregierung] veröffentlicht. Darin werden die bisher von | |
SPD, Grünen und FDP im Sondierungspapier festgehaltenen Absichten zur | |
Klimapolitik als unzureichend kritisiert, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad | |
zu begrenzen. So soll es wohl kein Tempolimit ab 130 geben und | |
Dienstwagenprivilegien bleiben bestehen. Wichtige Punkte wie die | |
CO2-Bepreisung werden in dem Papier noch gar nicht angesprochen. | |
Unter anderem haben Fridays for Future den Ausstieg Deutschlands aus dem | |
Erdgas bis 2035, den definitiven Kohleausstieg bis 2030 und eine | |
Versiebenfachung des Ausbaus von regenerativen Energien gefordert. Auch die | |
Neubauten von Autobahnen und Bundesstraßen sollen gestoppt werden. | |
„Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Die Wissenschaft ist so eindeutig wie | |
nie und die Mehrheit der Bevölkerung befürwortet radikalen Klimaschutz“, | |
sagte Luisa Neubauer am Mittwoch bei der Vorstellung des Forderungspapiers. | |
Die zukünftige Bundesregierung soll diese Forderungen laut Fridays for | |
Future innerhalb der ersten 100 Tage Amtszeit umsetzen. | |
Parallel zu den Protesten haben die IG Metall und der Bund für Umwelt und | |
Naturschutz Deutschland zusammen [3][ein Papier vorgestellt], indem sie | |
eine zügige Mobilitätswende fordern, die die Pariser Klimaziele einhält und | |
gleichzeitig die Arbeit von Beschäftigten sichert. Am 29. Oktober werden | |
die Gewerkschafter:innen der IG Metall dafür bundesweit demonstrieren. | |
## Klimastreik ist Auftakt mehrerer Aktionstage | |
Für die Anreise zur Demo in Berlin organisierten Fridays for Future eigens | |
Busse, die die Demonstrierenden aus gut 50 Orten aus ganz Deutschland nach | |
Berlin brachten. Der vorherige Klimastreik fand vor fast genau einem Monat | |
statt – zwei Tage vor der Bundestagswahl hatten Aktivist:innen [4][in | |
mehr als 470 deutschen Städten] als Teil des globalen Klimastreiks | |
protestiert; in Berlin hatte Greta Thunberg eine Rede gehalten. | |
Der heutige Demonstrationszug war um 12 Uhr am Brandenburger Tor gestartet, | |
lief über das Bundeskanzleramt zum Potsdamer Platz und soll um 18 Uhr | |
wieder am Bundeskanzleramt enden. | |
Der Klimastreik ist zugleich Auftakt der Aktionstage, zu denen das Bündnis | |
Gerechtigkeit Jetzt! anlässlich der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grüne | |
und FDP aufgerufen hat. Bis zum 29. Oktober sind Veranstaltungen und | |
Blockaden geplant, unter anderem von Extinction Rebellion. Am Sonntag soll | |
in Berlin eine Demonstration für eine „soziale und ökologische | |
Transformation“ stattfinden, heißt es auf der Website der Initiative. | |
22 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Aktivistin-Reemtsma-ueber-Klimaerwaermung/!5809895 | |
[2] /Rot-gelb-gruene-Koalitionsverhandlungen/!5806205 | |
[3] https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/ig-metall-und-bund-forder… | |
[4] /Globaler-Klimastreik-am-Freitag/!5803504 | |
## AUTOREN | |
Lukas Nickel | |
Nathanael Häfner | |
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