# taz.de -- Durchsuchungen bei Kunstkollektiv ZPS: Razzia nach AfD-Flyeraktion | |
> Das „Zentrum für Politische Schönheit“ hatte kurz vor der Bundestagswahl | |
> die AfD reingelegt. Die Polizei hat nun Räume des Kollektivs durchsucht. | |
Bild: Für die Tonne: Vor der Bundestagswahl hatte das ZPS die AfD mit einer Fl… | |
BERLIN taz | Im September 2021 [1][gab das „Zentrum für politische | |
Schönheit“ (ZPS) bekannt, die AfD mit einer falschen Flyerfirma getäuscht | |
zu haben]. Jetzt hat es in Berlin wegen der Aktion Hausdurchsuchungen bei | |
Künstler*innen des Kollektivs gegeben. Das teilte das ZPS zuerst auf | |
Twitter mit und sprach von einem „schwarzen Tag für die Kunstfreiheit in | |
Deutschland“. | |
Die Berliner Polizei bestätigte auf Anfrage der taz, dass am | |
Donnerstagmorgen aufgrund eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses ein | |
Atelier und eine Wohnung in Prenzlauer Berg von Ermittler*innen des | |
polizeilichen Staatsschutzes durchsucht wurden. Das sei aufgrund eines | |
laufenden Verfahrens wegen „Fälschung beweiserheblicher Daten“ passiert. | |
Bei den Durchsuchungen wurden nach Angaben der Polizei Beweismittel | |
sichergestellt. Mehrere Datenträger wie Smartphones oder Computer sollen | |
beschlagnahmt worden sein. | |
Im Vorlauf des Bundestagswahl soll der fiktive „Flyerservice Hahn“ von der | |
extrem rechten Partei den Auftrag erhalten haben, mehrere Millionen | |
AfD-Wahlkampfflyer für die Bundestagswahl unter die Wähler*innen zu | |
bringen. Anstatt das Material zu verteilen, habe das ZPS die fünf Millionen | |
Flyer von verschiedenen Kreisverbänden der Partei allerdings nur | |
eingesammelt, um sie später zu entsorgen. Die Künstler*innen sprachen | |
von etwa 30 Tonnen Werbematerial, das sie bei einem Unternehmen für | |
Aktenvernichtung geschreddert hätten. Die AfD kündigte damals eine Anzeige | |
an. | |
Das ZPS kritisierte die Durchsuchungen auf Twitter und kommentierte mit | |
Blick auf die Landesregierung aus SPD, Grünen und Linken: „Die erste | |
Amtshandlung des neuen R2G-Senats in Berlin: Wohnungen von Künstlern | |
durchsuchen.“ Das Vorgehen des LKA nennen die Künstler*innen einen | |
„politischen Skandal“. Für einen möglichen Rechtsstreit und die damit | |
verbundenen Kosten hatte sich das Zentrum für politische Schönheit bereits | |
mit einer Crowdfunding-Aktion gewappnet. Zahlreiche Menschen unterstützten | |
die Künstler*innen und die Aktion gegen die AfD mit einer Geldspende. | |
Nach Angaben des ZPS gab es keinen rechtsgültigen Vertrag mit der AfD. Auch | |
hätte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des fiktiven „Flyerservice | |
Hahn“ gestanden, dass „die Verteilung von ‚Propaganda und Falschaussagen�… | |
sowie Werbematerialien ‚politischer Parteien‘ ausdrücklich“ ausgeschloss… | |
sei. | |
Das Zentrum für politische Schönheit beschreibt sich auf ihrer Homepage als | |
„Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und | |
menschlicher Großgesinntheit“. In der abstrakten, poetischen Beschreibung | |
liegt bereits eine der Charakteristiken der Arbeit des Kollektivs: Sie | |
provozieren mit ihren Aussagen, kreieren sprachliche Widersprüche und | |
wollen auch durch ihre Kommunikationsart Debatten anstoßen. Die handelnden | |
Personen sind ein Zusammenschluss von Künstler*innen, die sich mit ihren | |
Aufsehen erregenden Kunstaktionen insbesondere gegen die Verletzung von | |
Menschenrechten engagieren. | |
Ihre Kunstaktionen kreiden politische Tatenlosigkeit an, etwa in der | |
Politik für Geflüchtete und auch im Hinblick auf das Erstarken von | |
Rechtspopulismus in Deutschland, etwa durch die AfD. So bauten die | |
Künstler*innen beispielsweise im November 2017 auf dem Nachbargrundstück | |
des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal | |
nach, nachdem dieser es öffentlich als „Denkmal der Schande“ betitelt | |
hatte. | |
Gegründet hat sich die Gruppe im Jahr 2009. Insgesamt sollen sich über 70 | |
Personen zum Zentrum für politische Schönheit zusammengeschlossen haben. | |
Das Kernteam besteht dabei aus einer Gruppe von etwa zehn Menschen. | |
Zentrale Akteur*innen der Gruppe sind und waren der | |
[2][Politikwissenschaftler und Theaterregisseur Philipp Ruch], der | |
Dramaturg André Leipold, die [3][Schauspielerin Cesy Leonard] und der | |
Busunternehmer Stefan Pelzer. | |
13 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Linda Gerner | |
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