# taz.de -- Guerilla-Aktion vor Bundestagswahl: Millionen AfD-Flyer im Altpapier | |
> Die AfD ist im Wahlkampf auf einen fingierten Flyer-Verteilservice | |
> reingefallen. Hinter der Aktion steckt das „Zentrum für politische | |
> Schönheit“. | |
Bild: AfD-Flyer im Altpapier | |
BERLIN taz | Die Firma hat eine [1][seriös wirkende Webseite] und ist in | |
Branchendiensten gelistet, den Lebenslauf des Geschäftsführers kann man auf | |
LinkedIn nachlesen: Täuschend echt wirkt der Online-Auftritt von | |
„Flyerservice Hahn“ – so echt, dass [2][die AfD] das vermeintliche | |
Unternehmen beauftragte, mehrere Millionen Wahlkampfflyer zu verteilen. | |
Die extrem rechte Partei ist damit auf eine Aktion des Zentrums für | |
politische Schönheit (ZPS) reingefallen, wie das Kollektiv am | |
Dienstagmorgen bekanntgab. Den „Spezialdienstleister für Dialogmarketing“ | |
gibt es nicht. Anstatt das Material zu verteilen, habe das ZPS die fünf | |
Millionen Flyer von verschiedenen Kreisverbänden der Partei gesammelt, um | |
sie später zu entsorgen. Bereits am Freitag hatte die AfD mitgeteilt, dass | |
ein von ihr beauftragtes Unternehmen nicht existiert – und gemutmaßt, das | |
ZPS könnte hinter der Aktion stecken, ohne Beweise zu liefern. | |
Die Aktionskünstler:innen berichten nun, der „Flyerservice Hahn“ habe | |
der AfD vor einigen Monaten angeboten, Wahlkampfmaterial zu günstigen | |
Preisen zu verteilen. Daraufhin sei die Firma als „Geheimtipp“ innerhalb | |
der Partei weiterempfohlen worden. Insgesamt hätten 85 Orts-, Kreis- und | |
Landesverbände rund fünf Millionen Flyer mit einem Gesamtgewicht von 72 | |
Tonnen an vorgetäuschte Logistikzentren der Firma geliefert. | |
Am Dienstag vor der Wahl hat das Unternehmen die betreffenden Verbände und | |
Kandidat:innen dann informiert, es könne die Flyer „aus | |
organisatorischen Gründen“ nicht austeilen. Die AfD tobte, wie die | |
Beschwerden von Parteivertreter:innen zeigen, die das ZPS auf der | |
[3][Webseite] zur Aktion spöttisch in Form von Testimonials zitiert. | |
AfD-Co-Bundessprecher Tino Chrupalla warf dem ZPS bereits am Freitag einen | |
„massiven Eingriff in den demokratischen Wahlkampf“ und „einen Angriff auf | |
unsere Demokratie“ vor. Sein Kollege, Co-Bundessprecher Jörg Meuthen, | |
kündigte an, Anzeige zu erstatten und weitere rechtliche Schritte zu | |
prüfen. | |
Für den Rechtsstreit und die damit verbundenen Kosten wappnet sich das | |
Zentrum für politische Schönheit nun mit einer Crowdfunding-Aktion. Wer | |
spendet, erhält Merchandise vom „Flyerservice Hahn“, etwa Feuerzeuge, | |
Basecaps und T-Shirts. Mit dem Geld will das Künstler:innen-Kollektiv | |
außerdem die Entsorgung der AfD-Wahlwerbung finanzieren. Nach einem halben | |
Tag waren bereits 50.000 Euro zusammen. | |
Das ZPS ist optimistisch: Einen Prozess fürchte man nicht, man habe | |
schließlich nichts Strafbares getan. „Es existieren keine | |
Auftragsbestätigung, keine rechtsgültigen Verträge, sondern nur ‚Angebote�… | |
einer Flyerverteilfirma ohne jegliche Rechtsform“, erklärt das Kollektiv. | |
Es sei ohnehin fraglich, woher die AfD das Geld für ihren Wahlkampf hat, | |
schreiben die Künstler:innen mit Blick auf die AfD-Spendenaffären der | |
vergangenen Jahre. | |
Ganz so einfach wird es wohl nicht. Wie der Abgleich mit einer archivierten | |
Version der Homepage des „Flyerservice“ zeigt, hatte das ZPS bis vor Kurzem | |
die Firma als GmbH dargestellt. Ein Journalist [4][hat weitere | |
Veränderungen des Web-Auftritts entdeckt] – das ZPS hatte zudem | |
Steuernummer und Handelsregistereintrag angegeben, die inzwischen | |
verschwunden sind. | |
Aktualisiert am 28.09.2021 um 16:00 Uhr | |
28 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.flyerservice-hahn.de/ | |
[2] /Die-AfD-nach-der-Bundestagswahl/!5800245 | |
[3] https://afd-muell.de/ | |
[4] https://twitter.com/DanielLaufer/status/1442788833297326084 | |
## AUTOREN | |
Hanno Fleckenstein | |
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