| # taz.de -- Die Erfolge der AfD in Sachsen: Das große Muffeln | |
| > In Dorfchemnitz haben über 50 Prozent AfD gewählt. Warum fahren so viele | |
| > Sachsen auf diese Partei ab? Eine Spurensuche in der Provinz. | |
| Dorfchemnitz/Großdubrau/Crostwitz taz | Zurück zur Normalität“, so warb | |
| überall in Sachsen ein Straßenplakat der AfD im Bundestagswahlkampf. Doch | |
| im rund 1.500 Einwohner zählenden Dorfchemnitz, wo die Wähler mit 52,3 | |
| Prozent der Erststimmen und 47,9 Prozent der Zweitstimmen für die AfD | |
| bundesdeutsche Rekorde aufstellten, muss und will man gar nicht zurück zu | |
| einer angeblich zerstörten Normalität. Das lang gezogene Straßendorf am | |
| Rand des Erzgebirges macht weder einen besonders hilfsbedürftigen noch | |
| einen rebellischen Eindruck. | |
| Die einzige schon etwas schäbig wirkende Deutschlandfahne an einem Haus | |
| wird kompensiert durch eine Europafahne im Garten eines Architekten. Zwei | |
| Tage nach der Wahl hängt nur noch ein großes Wahlplakat der hier geborenen | |
| und nun direkt gewählten AfD-Abgeordneten [1][Carolin Bachmann] herum. Von | |
| irgendwelchen Unruhen und Protesten während der vergangenen Jahre ist | |
| nichts bekannt. | |
| Erwartungsgemäß trifft man keinen bekennenden AfD-Wähler auf der Straße | |
| entlang des Chemnitzbaches. Nur auf das bei den missgelaunten Sachsen | |
| besonders ausgeprägte Muffeln, auf den latenten Generalfrust. „Es ist doch | |
| immer der gleiche Scheißhaufen, egal, welche Fliegen darauf sitzen“, | |
| kommentiert ein Einwohner, der gerade Holz hackt. Er habe unter den | |
| Kommunisten nicht viel verdient und jetzt auch nicht. Von der AfD | |
| verspricht er sich aber auch kaum neue Glückseligkeit. | |
| „Mit Presse habe ich nichts am Hut“, schiebt ein Installateur das | |
| hingehaltene Mikrofon beiseite, bevor er in seinen Transporter steigt. „Ihr | |
| dreht ja alles so, wie ihr es braucht“, setzt er eher resignierend als | |
| schimpfend hinzu. | |
| „Sind halt so Sachen, wo man den Kopf schüttelt“, blickt der | |
| Dachdeckermeister kurz von der Werkbank auf. Konkreter wird er nicht, wird | |
| niemand in Dorfchemnitz. Ob es mit der AfD besser würde, stellt aber auch | |
| er infrage. Wo drückt der Schuh, wo drückt das Herz im idyllischen | |
| östlichen Erzgebirge? Oder ist die kleine Welt hier in Ordnung und | |
| deprimiert nur der Blick von knapp 500 Metern Seehöhe herab auf die | |
| Niederungen der großen Politik? | |
| ## Die AfD als Kümmererpartei? | |
| Der Politikwissenschaftler [2][Hans Vorländer] vertritt die These, die AfD | |
| habe die Linke und vor allem die CDU mit dem Image der Kümmererpartei | |
| abgelöst. Diese Annahme lässt sich zumindest in Dorfchemnitz und in der | |
| Lausitz nicht halten. Denn die CDU, die zu Zeiten ihrer nahezu | |
| vollständigen Dominanz in Sachsen hier von drei Vierteln der Wählenden die | |
| Stimme erhielt, war spätestens seit den Bundestagswahlen 2017 alarmiert. | |
| Die Abgeordnete [3][Veronika Bellmann] ließ sich häufiger im Süden des | |
| mittelsächsischen Wahlkreises sehen. Es hat ihr nicht geholfen, dass sie zu | |
| den vehementen Unterstützern der Kandidatur des früheren | |
| Verfassungsschutzpräsidenten [4][Hans-Georg Maaßen] in Südthüringen gehörte | |
| und zum erzkonservativen Berliner Kreis der Union zählt. Sie verlor ihr | |
| Bundestagsmandat an AfD-Konkurrentin Bachmann. | |
| Doch die im Freistaat nach wie vor regierende CDU hat sich durchaus um | |
| Dorfchemnitz gekümmert. Das vermeintliche „Tal der Vergessenen“ bekam | |
| 70.000 Euro Investitionspauschale jährlich. Damit und mit Fördermitteln | |
| konnte für 130.000 Euro die alte Turnhalle saniert werden. Zwei Jungs | |
| verweisen stolz auf die Halle wie auf die beiden gepflegten Fußballplätze. | |
| Für die gleiche Summe wurde der historische „Eisenhammer“ | |
| wiederhergestellt. | |
| Mittel flossen vom sächsischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium und | |
| von den EU-Entwicklungsprogrammen EPLR und Leader für ländliche Räume. Der | |
| Eisenhammer gehört zum Rundwanderweg „Eisernes Dreieck“ und diente mit | |
| seinem Mühlrad wohl schon seit dem 14. Jahrhundert der Eisenbearbeitung. | |
| Zwei Gasthäuser gibt es am Ort auch noch, das eine mit Saal und Kegelbahn, | |
| während die „Palme“ nur noch am Wochenende öffnet. | |
| Der ausgesprochen dialogfreudige Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) | |
| kam nach Dorfchemnitz zum Unternehmerstammtisch und nach „Blockhausen“, | |
| einem Walderlebniszentrum mit zahlreichen Holzskulpturen, bekannt auch | |
| durch seinen Kettensägen-Kunstwettbewerb. | |
| „Nachdem der Kretschmer da war, ist sofort die Straße oberhalb nach | |
| Friedebach erneuert worden“, erzählt eine gesprächsfreudige Anwohnerin und | |
| gerät geradezu ins Schwärmen: „Wenn Sie ihn treffen, grüßen Sie ihn von | |
| Dorfchemnitz – ich halte große Stücke auf ihn!“ Als ob das nicht genügte, | |
| fügt sie noch ein „Ich bin glücklich, hier kann es so bleiben“ hinzu. | |
| Ist das die sächsische AfD-Hochburg? Und wo waren die Kümmerer von der | |
| „Alternative“ in den vier Jahren? Niemand weiß etwas von deren Engagement | |
| zu berichten. | |
| ## Der AfD-Mann, der nie auftauchte | |
| Tags darauf in [5][Großdubrau] nördlich von Bautzen wird Bürgermeister Lutz | |
| Mörbe deutlich. Hundert Tage nach der Bundestagswahl 2017 habe er den | |
| erstmals gewählten AfD-Direktkandidaten [6][Karsten Hilse] in Ruhe | |
| gelassen, dann aber um einen kommunalen Treff gebeten. Erst 2019, aus | |
| durchsichtigen Gründen vor der sächsischen Landtagswahl, kam ein Gespräch | |
| mit Kommunalvertretern zustande. Es blieb das einzige. Hilse ist bekannt | |
| dafür, dass er den menschlichen Faktor beim Klimawandel leugnet. „Europa | |
| muss sterben, damit Deutschland leben kann!“, rief er auf dem Dresdner | |
| AfD-Parteitag im Frühjahr dieses Jahres. | |
| „Ich habe Hilse in meiner Amtsstube nie gesehen“, kommentiert Bürgermeister | |
| Mörbe das angebliche AfD-Kümmererbild. Es entspricht dem, was aus allen | |
| Parlamenten vom Gemeinderat bis zum Bundestag berichtet wird: geballte | |
| Inkompetenz und kaum Sacharbeit in den Fachausschüssen, aber polemische und | |
| populistische Brandreden im Plenum. | |
| Die Frage, warum die politische Landkarte in Sachsen immer blauer wird, je | |
| weiter man nach Südosten schaut, warum auch im gut 4.000 Einwohner | |
| zählendem Großdubrau 42 Prozent der Wähler die AfD favorisierten, stellt | |
| sich angesichts dieser Erfahrungen noch dringender. | |
| Kein einziger der etwa zwei Dutzend zufällig angesprochenen Passanten in | |
| der Lausitz oder im Erzgebirge knüpft konkrete Hoffnungen oder Erwartungen | |
| an die AfD. Viele können oder wollen nicht einmal artikulieren, was sie an | |
| den Zuständen in ihrer Heimat oder im großen Deutschland so massiv stört, | |
| dass eine Revolution von rechts kommen müsste. | |
| ## Lokale Gründe gesucht | |
| Im erzgebirgischen Dorfchemnitz kommen die ausführlichsten | |
| Erklärungsversuche von einem älteren Herrn, der für eine Viertelstunde vom | |
| Fahrrad steigt. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen, denn er | |
| steht in engerer Verbindung zu Bürgermeister Thomas Schurig. Der über die | |
| Liste der Freien Wähler ins Amt gelangte parteilose Schurig ist | |
| krankheitsbedingt nicht ansprechbar. | |
| Es sind ausschließlich lokale Gründe, über die der freundliche Mann | |
| spekuliert. Schon 1970 hatte die Gemeinde eine unabhängige | |
| Quellwasserversorgung gebaut, heute eine Genossenschaft. Die solle | |
| enteignet und an den Zweckverband angeschlossen werden, damit sich dieser | |
| rentiert. Ganz gewiss wirke nach, dass im Zuge der großen | |
| Schulschließungswelle vor rund 15 Jahren auch die Schule am Ort | |
| dichtmachte. Heute ist das Gebäude ein Hort, zum Unterricht fahren die | |
| Schüler ins nahe Städtchen Sayda. | |
| Anders als in Großdubrau haben die Auseinandersetzungen um die | |
| Coronaschutzmaßnahmen und Impfungen in Dorfchemnitz offenbar keine so | |
| dramatische Rolle gespielt. Im Gegenteil, moniert wurde, dass man zur | |
| Impfung immerhin 60 Kilometer in die Kreisstadt Mittweida fahren musste. | |
| Bis dann ein Impfbus kam – auch auf Drängen der abgewählten | |
| CDU-Abgeordneten Bellmann. | |
| Der auskunftsfreudige Radler nennt schließlich noch zwei simple mögliche | |
| Gründe, warum sich AfD-Kandidatin Bachmann durchsetzen konnte: Sie stammt | |
| aus Dorfchemnitz, und – die AfD und ihre Kandidatin standen auf dem | |
| Wahlzettel ganz oben. Größten Wert aber legt er auf die Feststellung „Unser | |
| Ort ist nicht rechts!“. | |
| Was aber wollte die Hälfte der Wählerschaft dann mit ihrem Votum erreichen | |
| oder demonstrieren? Achselzucken auch in der ehemaligen „Einkaufsstätte“. | |
| Heute hat sie nur noch einige Flaschen im Angebot, hält sich ansonsten mit | |
| einem Postversand über Wasser. „Was soll die AfD schon ändern? Wir haben | |
| sie jedenfalls nicht gewählt“, sagt die Betreiberin. Wer dann? | |
| Ratlosigkeit. Es gebe keine wirklichen Klagen, und auch keine politischen | |
| Auseinandersetzungen mit Freunden und Verwandten. „Jedenfalls sind wir | |
| nicht braun“, bekräftigt auch sie. | |
| Es sei zwar nichts los in Dorfchemnitz, stellt ein junges Paar auf | |
| Verwandtenbesuch am Ort fest. Aber es stützt die Feststellung, dass es | |
| keine Risse und Gräben zwischen Blau und Nichtblau unter den Menschen gäbe. | |
| „Erzgebirger halten zusammen!“ Die Pointe setzt eine rüstige 87-Jährige, | |
| die mit ihrem Rollator unterwegs ist. Sie sei noch unter den Nazis geboren | |
| worden, betont sie. Dann habe sie einen AfDler im Fernsehen gehört und sich | |
| gesagt: „Die wähle ich nicht, das klingt wie damals!“ | |
| ## Ein Denkzettel alle vier Jahre? | |
| Gibt die Lausitz, gibt Großdubrau eine plausiblere Erklärung, warum ein | |
| wahrscheinliches Grundgrummeln zum Kreuz bei der AfD auf dem Wahlzettel | |
| führt? Vor vier Jahren fand sich ein einziger Bürger, der bekannte, „denen | |
| da oben ordentlich Feuer unterm Hintern machen zu wollen“. Aber regieren | |
| solle die AfD auf keinen Fall. Denkzettel und Protestwahl also. Aber nach | |
| vier Jahren immer noch mit dem nahezu gleichen Ergebnis? | |
| Heute wie vor vier Jahren ist Bürgern der 22 Ortsteile zählenden Gemeinde | |
| Großdubrau keine Klage zu entlocken. Naja, der Straßenzustand, aber ganz | |
| Sachsen sei schließlich ein anschauliches Freiluftmuseum für die Straßen | |
| des Sozialismus. Versorgung und Infrastruktur seien in Ordnung. Für ältere | |
| Bürger ist es eine Zumutung, dass die Sparkassenfiliale im benachbarten | |
| Radibor geschlossen hat. „Aber die macht die AfD auch nicht wieder auf“, | |
| scherzt eine Frau, die ihre greise Mutter beim Gang durch den Ort stützt. | |
| Der Landkreis Bautzen hat in vorbildlicher Weise flächendeckend | |
| Glasfaserkabel verlegt. Von der sprichwörtlichen digitalen Diaspora kann | |
| hier keine Rede sein. | |
| Der einzige, seit 15 Jahren eingebürgerte, Migrant in Großdubrau ist der | |
| türkischstämmige Betreiber des Kebab-Hauses. „Ich bin nie irgendwie | |
| angefeindet worden“, betont er und plädiert leidenschaftlich für eine | |
| Verständigung aller mit allen. Man müsse zusammengehen angesichts der | |
| großen Probleme in der Welt, der Hass sei schlimm. „Ich bediene alle, ob | |
| AfD, ob Glatze. Jeder ist willkommen, wenn er sich benimmt.“ | |
| Auch in Großdubrau ist der Tenor der angesprochenen Zufallspassanten nahezu | |
| einheitlich. Es gehe uns nicht schlecht, aber es gebe auch keine | |
| Veränderung. Die wird einesteils irgendwie gewünscht, konkret wie beim | |
| Kohleausstieg aber auch gefürchtet. Die AfD betreibe „brotlose Kunst“, mit | |
| ihr würde auch nichts besser. Wobei nicht klar wird, was unbedingt besser | |
| werden müsse. Die Blauen hätten sich nie sehen lassen, „aber die anderen | |
| auch nicht“. Was nicht ganz stimmt, denn Ministerpräsident Michael | |
| Kretschmer war erst vor drei Wochen hier, um Fragen zum Kohleausstieg zu | |
| beantworten. Mit den Antworten waren viele nicht zufrieden, der Abschied | |
| von der Kohle, hier geradezu ein Mythos, wird von vielen Menschen | |
| abgelehnt. | |
| Am deutlichsten fällt die Ablehnung der AfD bei Schülern im vorpubertären | |
| Alter an einer Bushaltestelle aus. Die Wähler sollten sich „mehr Gedanken | |
| machen“, die Geschichte habe bewiesen, „dass das nicht gut geht“. Rassism… | |
| und Homophobie halten die Jugendlichen für gefährlich. Erklären aber können | |
| auch sie die hohe Zustimmung zur AfD nicht, halten sie für | |
| „unverständlich“. | |
| Gegenüber der Freien Schule, in der schlichten Gemeindeverwaltung, hält der | |
| parteilose Bürgermeister Lutz Mörbe einige Stimmungsbilder parat. Knapp | |
| über die 50, wirkt der passionierte Jäger in seinem Pulli proletarisch | |
| direkt und einfach, passend zum kleinen Dienstzimmer, in dem es Tee gibt. | |
| Er hat die Bundesebene, die allgemeinen Fragen im Blick, wobei offen | |
| bleibt, wann er seine Meinung äußert oder wann er eine Bevölkerungsstimmung | |
| wiedergibt. | |
| „Den Leuten geht es eigentlich gut. Sie wollen aber nicht Steuern zahlen | |
| für etwas, das sie eigentlich nicht möchten“, steigt er ein. Was er meint, | |
| wird deutlicher, als das Aufzeichnungsgerät ausgeschaltet ist. Da greift | |
| Mörbe zum Taschenrechner und rechnet vor, was 800.000 Flüchtlinge, von | |
| denen nur ein Viertel arbeitet, in 25 Jahren angeblich kosten. Klar, die | |
| vor dreißig Jahren schon einmal von der Rationalisierung in der Kohle und | |
| von Treuhand-Coups gebeutelte Lausitz schaut besonders genau aufs Geld, | |
| speziell auf die Milliarden, mit denen jetzt der Kohleausstieg abgefedert | |
| werden soll. Eine „Katastrophe“ sei deren Verteilung, wenn keinerlei | |
| Unternehmen und deren Ansiedlung gefördert werden dürften, sagt der | |
| Bürgermeister. | |
| Gleichwohl müsse dieser Strukturwandel „durchgeführt“ werden, die Mehrheit | |
| habe beschlossen, zeigt er sich ganz als Demokrat. Von grüner Mobilität | |
| aber sieht er seine ländliche Region weit entfernt, stellt Fragen nach der | |
| Gesamtbilanz der propagierten Elektromobilität. | |
| Mörbe bleibt außerdem ungeimpft, aus Prinzip. Und er schimpft das übliche | |
| Brevier aller Kommunalpolitiker herunter: „Der arrogante Abstand zwischen | |
| Kommunen, Land und Bund ist nach wie vor groß!“ Um schließlich | |
| klarzustellen, dass auch er konservativ gewählt habe, „aber nicht blau“. | |
| Wer löst diese Knoten und Widersprüche auf? Hans Vorländer, seit 28 Jahren | |
| an der TU Dresden vor allem Beobachter der sächsischen Politik, bleibt bei | |
| seiner Kümmererthese. Gerade die Sachsen wollten Ansprechpartner haben, | |
| begleitet und ernst genommen werden. Die AfD stoße da in eine Lücke, sei | |
| vor Ort verankert, nicht zuletzt durch kommunale Mandatsträger aus der | |
| Mitte der Bevölkerung. Das sei die neue Qualität am Wahlergebnis, das nicht | |
| mehr mit Protestwahl allein zu erklären sei. | |
| ## Sächsische Selbstliebe, unerwidert | |
| Wo rationale Analysen nicht mehr greifen, kommt aber auch der Professor auf | |
| sächsische Mentalitäten zurück. Die bis zur Verklärung gesteigerte | |
| sächsische Selbstliebe werde nicht erwidert, woraufhin man sich nun | |
| zurückgesetzt und als Opfer fühle. Man kennt das als Renitenz gegen alles, | |
| was „von oben“, konkret aus Dresden oder Berlin kommt. | |
| Zu den sächsischen Besonderheiten gehört aber auch eine regionale Renitenz | |
| gegenüber der AfD, die der katholischen slawischen Minderheit der Sorben | |
| nämlich. Nur zehn Kilometer westlich von Großdubrau beginnt deren Kernland. | |
| Im 1.000 Einwohner zählenden [7][Crostwitz] ist Sorbisch die | |
| Umgangssprache, wie man an den Rufen der Erzieherin im Kindergarten hören | |
| kann. Bürgermeister Marko Klimann findet statt Renitenz den Begriff | |
| Resilienz treffender. „Das Katholische und die Tradition festigen uns“, | |
| sagt er. „Dem Glauben und seiner Mitmenschlichkeit ist jede Hetze fremd.“ | |
| Über die angeblichen „Hüter des Abendlandes“, die doch keine Ahnung vom | |
| Neuen Testament hätten, kann der praktizierende Katholik nur lachen. Auch | |
| wenn die CDU hier traditionell stark ist und die AfD „nur“ 17 Prozent | |
| erreichte, macht deren Einsickern Klimann aber Sorgen. | |
| An der Apotheke in Großdubrau bemüht ein älteres Ehepaar gar keine | |
| Religion, sondern etwas Lebensweisheit als Rezept gegen Demagogen. „Die | |
| Menschen sind zu wenig dankbar. Es ist nicht alles selbstverständlich, was | |
| wir erreicht haben“, beklagen sie. Mit ein wenig Höflichkeit und | |
| Zufriedenheit ließe sich das Dauergemecker entschärfen. | |
| Das aber wird bleiben, sind Professor Vorländer, Lutz Mörbe und Marko | |
| Klimann überzeugt. Und mit ihm die AfD. Als „Sammlungsbewegung der | |
| Dauerverbitterten“ bezeichnet sie der Politikwissenschaftler. Die könne man | |
| nicht ignorieren und diffamieren, mahnt der Bürgermeister, auch wenn ihre | |
| Fraktion im Bundestag jetzt leicht geschrumpft sei. Mörbe geht noch weiter | |
| und prophezeit: „In 10 Jahren reden alle Parteien mit der AfD – weil sie es | |
| müssen.“ | |
| 4 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wahlen/bundestagswahl/wahlergebn… | |
| [2] https://www.svr-migration.de/mitglieder-svr/hans_vorlaender/ | |
| [3] https://www.veronika-bellmann.de/ | |
| [4] /CDU-Rechtsaussen-scheitert-in-Thueringen/!5803750 | |
| [5] https://www.grossdubrau.de/index.html | |
| [6] /Klimaleugner-bei-der-Klimakonferenz/!5556295 | |
| [7] https://www.crostwitz.de/index.php?id=3247 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Bartsch | |
| ## TAGS | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| Podcast „Vorgelesen“ | |
| Sachsen | |
| GNS | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt AfD in Berlin | |
| Schwerpunkt AfD | |
| FDP | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Pläne der AfD in Meißen: Kaderschmiede in der Wiege Sachsens | |
| Das historische Kornhaus auf dem Meißner Burgberg soll versteigert werden. | |
| Die AfD will es kaufen – und ein Schulungszentrum einrichten. | |
| Streit in der Kenia-Koalition: Abschiebepolitik entzweit Sachsen | |
| Die Landes-CDU will bei einer harten Linie bleiben, Grüne und SPD | |
| kritisieren die Pläne. Doch ob sie sich durchsetzen können, ist mehr als | |
| unklar. | |
| AfD Berlin nach der Wahl: Die Gewinner der Verlierer | |
| Nach der Wahlniederlage der AfD in Berlin ist die völkische Strömung der | |
| Gewinner. Mit Thorsten Weiß kommt ein Höcke-Verehrer in den | |
| Fraktionsvorstand. | |
| Bisheriger Bundesvorsitzender der AfD: Jörg Meuthen will nicht mehr | |
| Der bisherige AfD-Vorsitzende will nicht erneut für das Amt kandidieren. Er | |
| galt in der Partei als vergleichweise gemäßigt. Die Radikaleren gewinnen | |
| weiter Einfluss. | |
| Nachrichten zur Regierungsbildung: Laschet will Wüst als Nachfolger | |
| Kurze Statements nach Sondierungen von Grünen und Union. | |
| Noch-Ministerpräsident Armin Laschet will Hendrik Wüst als seinen | |
| Nachfolger in NRW vorschlagen. | |
| Vorstandswahl der AfD-Fraktion: Gerade noch so durchgeweidelt | |
| Alice Weidel und Tino Chrupalla führen die neue AfD-Fraktion im Bundestag | |
| an. Ihre Wahl lief mit einigen Kontroversen ab. | |
| Schriftsteller Lukas Rietzschel über SPD: „Es geht um Identität“ | |
| Bestsellerautor Lukas Rietzschel ist jung, Sachse und in der SPD. Im | |
| Gespräch erklärt er, wieso das ungewöhnlich ist und was die DDR damit zu | |
| tun hat. | |
| Guerilla-Aktion vor Bundestagswahl: Millionen AfD-Flyer im Altpapier | |
| Die AfD ist im Wahlkampf auf einen fingierten Flyer-Verteilservice | |
| reingefallen. Hinter der Aktion steckt das „Zentrum für politische | |
| Schönheit“. |