# taz.de -- Graphic Novel über David Bowie: Lebensrettender Sternenstaub | |
> Am 8. Januar würde Popstar David Bowie 75. In der Graphic Novel „Starman“ | |
> von Reinhard Kleist wird die Karriere des Briten wieder lebendig. | |
Bild: Spiders from Mars: Bowie wird von Zeichner Reinhad Kleist im Weltraum ang… | |
Von heute aus schwer vorstellbar: Ende der 1960er galt der junge David | |
Bowie bereits als Has-Been; als verglühter Stern, der zu oft versucht | |
hatte, berühmt zu werden, und bereits verblasst war. Bowies Durchbruch, | |
nachdem er 1969 mit [1][“Space Oddity“] seinen lange ersehnten Hit landet | |
(nicht zuletzt, weil die BBC die Mondlandung mit dem flirrenden | |
Psychedelic-Folksong untermalt hatte), gelang ihm mit „Ziggy Stardust“ drei | |
Jahre später – im damaligen Popbiz eine halbe Ewigkeit | |
Die Figur Ziggy Stardust ließ ihn zu „every alien’s favourite cousin“ | |
werden (wie es Tilda Swinton 2013 anlässlich der Eröffnung der | |
Wanderausstellung [2][„David Bowie Is“] auf den Punkt brachte) – und damit | |
zur Identifikationsfigur für Generationen von Teenagern. Wie Bowie Schritt | |
für Schritt zu dem sich immer neu erfindenden Künstler wurde, als der er in | |
die Geschichte einging, steht im Fokus von Reinhard Kleists Graphic Novel | |
„Starman – David Bowie’s Ziggy Stardust Years“. | |
Ganz im Geiste Bowies, der nie einen Hehl daraus machte, wie wichtig die | |
Ideen anderer für sein Schaffen waren, gibt auch Kleist Bowies | |
Wegbegleiter*innen viel Raum: neben Popstars sind das etwa die | |
Modeschöpfer Kansai Yamamoto und Freddie Burretti. Auch sein Halbbruder | |
Terry und die Ehefrau Angela, die seine Karriere mit Ehrgeiz vorantrieb und | |
nach einer hässlichen Trennung von ihm selbst kaum gewürdigt wurde, spielen | |
tragende Rollen. | |
Eigentlich, so erzählt der Berliner Comickünstler, wollte er die Story bis | |
in die 1980er entwickeln. Doch ein knapper Zeitrahmen und die anstehenden | |
Jahrestage – neben Bowies 75. Geburtstag steht Ziggys 50. im Frühsommer | |
bevor – sprachen für die Entscheidung, von [3][Bowies produktivsten Jahren] | |
in zwei Bänden zu erzählen. An der Fortsetzung „LOW – David Bowie’s Ber… | |
Years“ arbeitet Kleist bereits. In den 25 Jahren seiner Karriere hat Kleist | |
etwa Johnny Cash gezeichnet, aber auch weniger bekannte Biografien, etwa | |
die tragische Geschichte der somalischen Sprinterin Samia Yusuf Omar, die | |
auf ihrer Flucht nach Europa ertrank. | |
Neben einem Händchen für Atmosphärisches beweist der 1970 geborene Kleist | |
dabei auch einen nuancierten Blick auf seine Figuren. Der gelingt ihm auch | |
bei Bowie – obwohl bei dieser Graphic Novel vielleicht noch mehr | |
Herzensangelegenheit: In der Danksagung klingt das so: „David Bowie saved | |
my life.“ | |
Rahmenhandlung der Graphic Novel liefert die Ziggy-Tournee, zu deren | |
Abschluss Bowie seine Schöpfung killte – nicht zuletzt, weil ihm der | |
Rockmessias, der die Menschheit in eine bessere Zukunft führen wollte und | |
sich selbst verheizte, über den Kopf gewachsen war. Das setzt Kleist als | |
faustischen Dialog in Szene, bei dem der echte Bowie die Geister wieder | |
loswerden will, die er gerufen hatte. | |
Es ist nicht der einzige Anlass im Buch, der Bowie im Gespräch mit sich | |
selbst zeigt. Auch der Austausch zwischen seinem erwachsenen Selbst und dem | |
jungen David, der mithilfe von Literatur und Musik der Enge des | |
Elternhauses und der tristen Londoner Vorstadt entfloh, wird kontrastreich | |
dargestellt: Hier die knallig bunte Popwelt, da die graue Tristesse, aus | |
der er kam. | |
Erstmals arbeitet Kleist mit einem Koloristen zusammen, Thomas Gilke. Wie | |
bunt das Ergebnis wurde, ließ Kleist schlucken. Orientiert haben sich die | |
beiden am Konzertfilm „Ziggy Stardust and the Spiders from Mars“, mit dem | |
US-Regisseur D. A. Pennebaker das legendäre Abschlusskonzert im Juli 1973 | |
eingefangen hatte. Nachdem er sich vom ersten Schreck erholt hatte, so | |
erzählt Kleist, dachte er: „Thomas macht visuell, was Bowie einst | |
vorgeschwebt ist und technisch noch unmöglich war.“ Kleist und Gilke ist | |
ein wilder Ritt durch Bowies frühe Jahren gelungen. | |
7 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Stephanie Grimm | |
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