| # taz.de -- Skandal um Steuerraub: Hamburg mauert bei Cum-Ex-Akten | |
| > Die Staatsanwaltschaft führte Vorermittlungen gegen Ex-Bürgermeister | |
| > Scholz. Dessen Anwalt wusste Bescheid, der Cum-Ex-Untersuchungsausschuss | |
| > nicht. | |
| Bild: Vorermittlungen eingestellt: Olaf Scholz (l.) und Peter Tschentscher | |
| Hamburg taz | Die Opposition im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss der | |
| Hamburgischen Bürgerschaft fühlt sich düpiert, weil ihr Akten der | |
| Staatsanwaltschaft vorenthalten wurden. Dabei geht es um Vorermittlungen | |
| gegen Olaf Scholz und Peter Tschentscher – der eine inzwischen | |
| Bundeskanzler, der andere Hamburger Bürgermeister. Scholz' Anwalt dagegen | |
| wusste Bescheid. Er verlangte, die Ermittlungen einzustellen, wie aus der | |
| Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage der CDU hervorgeht. | |
| [1][Bei der Cum-Ex-Affäre geht es um strafbare Finanzgeschäfte] mit dem | |
| Ziel, die Steuerkasse zu plündern. Nach Recherchen einer internationalen | |
| Journalisten-Kooperation [2][unter Leitung des Investigativ-Portals | |
| Correctiv haben sich Investoren dabei schätzungswiese 150 Milliarden | |
| Steuern erstatten lassen], die sie nie gezahlt hatten. | |
| In Hamburg geht es um Steuererstattungen an die Privatbank MM Warburg aus | |
| den Jahren 2009 und 2010, die 2016 und 2017 noch zurückgefordert werden | |
| konnten, danach aber verfielen. Die 2016er Forderung ließ das Hamburger | |
| Finanzamt verfallen, die 2017 Forderung trieb es ein, nachdem es vom | |
| Bundesfinanzministerium dazu angewiesen worden war. | |
| Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) versucht die Frage zu | |
| klären, ob die damalige Senatsspitze zugunsten von Warburg auf das | |
| Finanzamt eingewirkt hat. Dafür sprechen unter anderem zunächst | |
| verschwiegene Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit Vertretern | |
| der Warburg-Bank. | |
| [3][Der Senat bestätigte Berichte des Manager Magazins] sowie des | |
| ARD-Magazins Panorama, nach denen ab Februar 2020 insgesamt neun | |
| Strafanzeigen gegen Hamburger Entscheidungsträger dabei auch ausdrücklich | |
| gegen Scholz und Tschentscher gestellt wurden. Vorausgegangen waren | |
| Medienberichte über eine mögliche Hamburger Dimension des Skandals. | |
| „Erstattet wurden die Strafanzeigen wegen aller in Betracht kommender | |
| Delikte sowie zum Teil explizit wegen des Verdachts der Untreue“, heißt es | |
| in der Senatsantwort auf die CDU-Anfrage. | |
| ## Vorermittlungen eingestellt | |
| Die Vorermittlungen beträfen den Kern der [4][Aufklärungsarbeit des | |
| Untersuchungsausschusses], kritisierte der Linken-Obmann Norbert Hackbusch. | |
| „Es ist daher nicht nur unverständlich, dass diese Unterlagen dem Ausschuss | |
| nicht vorliegen“, schimpfte der Abgeordnete. „Vielmehr sehe ich hier einen | |
| Versuch, die Arbeit des | |
| Untersuchungsausschusses zu behindern.“ | |
| Der Senat rechtfertigte sich damit, dass der Ausschuss „nach Einleitung, | |
| aber vor Abschluss des Prüfvorgangs“ eingesetzt worden sei. Seine | |
| Kontrollfunktion sei aber im Hinblick auf das Prinzip der Gewaltenteilung | |
| verfassungsrechtlich auf abgeschlossene Vorgänge beschränkt. | |
| Die Staatsanwaltschaft stellte die Vorermittlungen am 7. September ein, | |
| drei Wochen vor der Bundestagswahl. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die | |
| Einstellung am 29. November bestätigt. Die Akten seien dem Ausschuss auch | |
| deswegen nicht vorgelegt worden, weil die Untersuchungen noch liefen „und | |
| durch eine Bekanntgabe der Untersuchungszweck gefährdet würde“, teilte der | |
| Senat mit. | |
| Umso erstaunlicher ist, dass ein Anwalt von Olaf Scholz von den | |
| Ermittlungen erfuhr: „Am 17. März 2021 legitimierte sich im Verfahren 5700 | |
| Js 1/20 auf eigene Initiative ein Rechtsanwalt für Olaf Scholz“, heißt es | |
| in der Senatsantwort. Es folgten weitere Schriftsätze zum Gegenstand der | |
| Untersuchung und die Bitte, das Prüfverfahren sofort einzustellen. | |
| „Ich frage mich schon, wie Olaf Scholz von den Ermittlungen gegen seine | |
| Person überhaupt Wind bekommen konnte, wenn ihn die Staatsanwaltschaft | |
| darüber gar nicht informiert hatte“, sagt Richard Seelmaecker, der Obmann | |
| der CDU im Ausschuss. Offensichtlich gebe es in der Hamburger Justiz ein | |
| Leck. | |
| Linken-Obmann Hackbusch findet, die Staatsanwaltschaft habe hier etwas | |
| aufzuklären. Vorermittlungen bekomme ja normalerweise kein Mensch mit. | |
| „Diese Angelegenheit wird uns gegenüber geschützt, dann muss sie auch | |
| gegenüber dem geschützt werden, gegen den ermittelt wird“, findet | |
| Hackbusch. | |
| ## Ausschuss will Unterlagen anfordern | |
| Der Abgeordnete ärgert sich darüber, dass der Ausschuss wiederholt darauf | |
| angewiesen gewesen sei, dass ihm von außen Informationen zugetragen werden, | |
| statt dass die Senatskanzlei diese vorlegen würde. „Wenn das nicht aus | |
| irgendwelchen Gründen bekannt geworden wäre, würde wir die Akten nie | |
| bekommen“, sagt er. | |
| Hackbusch will die Akten der Staatsanwaltschaft jetzt anfordern. Ein | |
| entsprechender Tagesordnungspunkt steht schon auf der Einladung für die | |
| nächste Ausschusssitzung am 7. Januar. Immerhin hat der Senat schon | |
| mitgeteilt, dass seit September 72 weitere, weitgehend gleichlautenden | |
| Strafanzeigen gegen Olaf Scholz und mögliche weitere Beteiligte eingegangen | |
| seien. | |
| 30 Dec 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Hamburger-Cum-Ex-Steuerskandal/!5820404 | |
| [2] https://correctiv.org/top-stories/2021/10/21/cumex-files-2/ | |
| [3] https://www.manager-magazin.de/politik/cum-ex-affaere-staatsanwaltschaft-pr… | |
| [4] /Hamburger-Cum-Ex-Untersuchungsausschuss/!5822909 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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