# taz.de -- Untersuchung von Hamburger Cum-Ex-Fall: Ehrenerklärung für Scholz | |
> Im Hamburger Untersuchungsausschuss zum Steuer-Fall der Warburg-Bank | |
> versichern die Zeugen, die Senatsspitze habe das Verfahren nicht | |
> beeinflusst. | |
Bild: Langjährige Weggefährten: Olaf Scholz (l.) und Christoph Krupp (beide S… | |
HAMBURG taz | Im [1][Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft | |
zur Cum-Ex-Steueraffäre] haben Vertreter der Senatsverwaltung den früheren | |
Bürgermeister Olaf Scholz und dessen damaligen Finanzsenator Peter | |
Tschentscher (beide SPD) entlastet. Der designierte Bundeskanzler und der | |
heutige Erste Bürgermeister hätten keinen Einfluss auf die Hamburger | |
Finanzverwaltung genommen, um der Privatbank MM Warburg Steuernachzahlungen | |
in Höhe von insgesamt 90 Millionen Euro zu ersparen. | |
So versicherte Christoph Krupp (SPD), der ehemalige Leiter der | |
Senatskanzlei, heute Vorstandssprecher der Bundesanstalt für | |
Immobilienaufgaben und Impfstoffbeauftragter der Bundesregierung, die | |
Senatsspitze sei zwar über den Fall Warburg informiert gewesen, er habe | |
aber „nichts davon mitbekommen, dass die Politik auf die Steuerverwaltung | |
Einfluss genommen hat“. | |
In den Jahren 2016 und 2017 hatte sich das Hamburger Finanzamt mit der | |
Frage zu befassen, ob Kapitalertragssteuern aus sogenannten | |
Cum-Ex-Geschäften, die sich die Bank hatte zurückerstatten lassen, | |
zurückgeholt werden sollten. Andernfalls würden die Rückforderungen | |
verjähren. In beiden Jahren ging es um Kapitalertragssteuer, die sich die | |
Bank zwar hatte erstatten lassen – aber nie bezahlt hatte. Die Bank | |
argumentiert, ein anderer Beteiligter der in Rede stehenden | |
Cum-Ex-Geschäfte hätte die Steuer entrichten müssen. | |
Inzwischen ist gerichtlich festgestellt worden, [2][dass es sich bei Cum-Ex | |
um ein Modell handelte, den Fiskus zu schröpfen]. Indem Aktien um den | |
Dividendenstichtag herum schnell hin und her gehandelt wurden, ist gezielt | |
verschleiert worden, wer diese zu einem bestimmten Zeitpunkt besaß und | |
steuerpflichtig gewesen wäre. | |
## Bänker im Amtszimmer | |
Dafür dass die Senatsspitze Einfluss genommen hat, spricht ein plötzlicher | |
Sinneswandel der Finanzverwaltung, die das Geld zunächst zurückfordern | |
wollte. Dazu kommen drei Gespräche, die der damalige Erste Bürgermeister | |
Olaf Scholz in seinem Amtszimmer mit Vertretern der Bank führte und an die | |
er sich zunächst angeblich nicht erinnern konnte. | |
Außerdem telefonierte der Scholz mit Christian Olearius, einem der der | |
Warburg-Gesellschafter, und empfahl ihm, ein Schreiben, das er bereits ans | |
Finanzamt geschickt hatte, noch einmal direkt an den Finanzsenator | |
Tschentscher zu schicken. | |
Krupp kann zu diesem Schreiben „nichts sagen“. Tschentschers damaliger | |
Pressesprecher und heutiger Büroleiter Daniel Stricker sagte aus, der | |
Finanzsenator habe das Schreiben „entgegengenommen und das gemacht, was er | |
mit allen Schreiben macht: Er hat es weitergeleitet an das zuständige | |
Fachamt“. | |
Tschentscher tat das mit der Bitte um Informationen zum Sachstand. Ob so | |
eine Bitte nicht als Signal zum Handeln verstanden werden könnte, fragte | |
der Ausschussvorsitzende Matthias Petersen (SPD). „So funktioniert | |
Verwaltung nicht“, antwortete Stricker. | |
## „Knallharte Rechtsentscheidung“ der Finanzverwaltung | |
Cum-Ex sei für Tschentscher ein wichtiges Thema gewesen, um das sich die | |
Finanzverwaltung kümmern müsse, sagte sein damaliger persönlicher Referent | |
Marcus Merkenich. Der Senator habe wiederholt mit der Leiterin der | |
Steuerverwaltung über den Fall gesprochen. „Er stellte immer Rückfragen zum | |
Sachverhalt und den Bewertungen“, sagte Merkenich. Es habe aber keine | |
Anweisung von Tschentscher gegeben. | |
Nachdem die Hamburger Finanzverwaltung die erste mögliche | |
Steuerrückforderung 2016 hatte verjähren lassen, zog das | |
Bundesfinanzministerium 2017 die Bremse. Es wies die Hamburger an, das | |
übrige Geld zurückzufordern. Ob der Finanzsenator da keinen Gesprächsbedarf | |
gesehen habe, fragte der Abgeordnete David Stoop (Die Linke). „Der | |
Finanzsenator hat die Entscheidung seiner Verwaltung offensichtlich für | |
plausibel gehalten“, sagte Stricker. Tschentscher habe sich an die | |
„knallharte Rechtsentscheidung“ seiner Finanzverwaltung gehalten. | |
Krupp sagte, Leute wendeten sich mit allen möglichen Anliegen auch an die | |
Senatskanzlei. Diese mische sich aber nicht in Steuerangelegenheiten ein. | |
Zwar habe es zur damaligen Zeit eine große Diskussion über den | |
Bankenstandort Hamburg gegeben. Aber eine konkrete Gefährdung der | |
Warburg-Bank durch eine mögliche Steuerrückzahlung sei kein Thema in seinen | |
Gesprächen mit Scholz gewesen. | |
19 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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