# taz.de -- Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss: Regelmäßig Kontakt zur S… | |
> Warburg-Banker Christian Olearius findet seine Bank werde zu Unrecht | |
> angeprangert. Statt persönlich zu erscheinen, ließ er eine Erklärung | |
> verlesen. | |
Bild: Stellten die Warburg-Bank als Opfer dar: die Anwälte Thomas Fischer (l.)… | |
HAMBURG taz | Der Mitinhaber der Privatbank MM Warburg hat gegenüber dem | |
Cum-Ex-Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft am Freitag | |
versucht, sein Haus als Bauernopfer darzustellen. Gegen seine kleine | |
Privatbank werde mit öffentlichem Tamtam ermittelt, während die | |
mitbeteiligte Deutsche Bank und die Brokerfirma Icap aus der Schusslinie | |
blieben. | |
Der Ausschuss versucht die Frage zu klären, ob der damalige Hamburger | |
[1][Bürgermeister Olaf Scholz und sein Finanzsenator Peter Tschentscher | |
(beide SPD) im Falle der Warburg-Bank Einfluss auf die Entscheidungen des | |
Finanzamtes genommen haben]. Dabei geht es um insgesamt 90 Millionen Euro | |
aus sogenannten Cum-Ex-Geschäften, die das Finanzamt verjähren ließ oder | |
verjähren lassen wollte. Bei diesen Geschäften ließen sich die Beteiligten | |
einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten – ein glatter Griff | |
in die Staatskasse. | |
Der Fall Warburg ist aber nur ein Mosaiksteinchen eines gigantischen | |
Steuerraubs. Das [2][Journalistenkollektiv, das die sogenannten | |
Cum-Ex-Files auswertet], geht zurzeit von einem [3][Schaden von 150 | |
Milliarden Euro in 15 Ländern] aus. | |
Warburg-Miteigentümer Olearius hat sich geweigert, persönlich vor dem | |
Ausschuss auszusagen, weshalb sein Anwalt Peter Gauweiler eine | |
Stellungnahme des Bankers verlas, die einen Fragenkatalog der Abgeordneten | |
abarbeitete. In der Erklärung versichert Olearius, nichts von | |
Cum-Ex-Geschäften gewusst zu haben. Seit Anfang 2009 habe sich die Bank von | |
ihren Beratern bestätigen lassen, dass diese keine Kenntnis von | |
Cum-Ex-Geschäften hätten. „Darauf hat die Bank vertraut“, behauptet | |
Olearius. | |
## Einigungsvorschlag mit Tücken | |
„Nicht nur die Finanzverwaltung sondern auch wir wussten damals nicht, dass | |
dem damals Leerverkäufe zu Grunde lagen“, erklärte der Banker weiter. Eine | |
Einflussnahme der Hamburger Senatsspitze habe es nicht gegeben. | |
Mittlerweile ist die Aufklärung zumindest, was die damaligen Geschäfte | |
angeht, ein Stück weiter: | |
Im März verurteilt das Landgericht Bonn zwei für Warburg tätige | |
Aktienhändler wegen Beteiligung an dem Steuerraub. Die Bank muss knapp 177 | |
Millionen Euro an den Fiskus zurück überweisen. Sie hat Revision eingelegt | |
und angekündigt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. | |
Auch die 177 Millionen beschäftigen den Untersuchungsausschuss an diesem | |
Freitag. Als das Strafverfahren gegen die beiden Händler Ende 2019 weit | |
fortgeschritten war, sei bei der Bank der Eindruck entstanden dass sie | |
tatsächlich in Cum-Ex verwickelt sei, heißt es von Olearius. Die Bank sei | |
bereit gewesen sich „mit den Behörden zu verständigen“ und das Geld | |
zurückzugeben. | |
Wie sich bei der Befragung eines Zeugen aus der Finanzbehörde | |
herausstellte, strebte die Hamburger Verwaltung eine Einigung auf 60 | |
Millionen an, obwohl sich eine Verurteilung in Bonn schon abzeichnete. Wäre | |
es dazu gekommen, hätte auch der Bonner Richter keine höhere Summen | |
festsetzen können. Das Bundesfinanzministerium verhinderte das. | |
Olearius fragt sich in seinem Eingangsstatement, ob an öffentliche und | |
private Banken unterschiedliche Maßstäbe angelegt würden. Schließlich | |
hätten sich auch die im Übergang zur Privatisierung befindlichen | |
Landesbanken an den Geschäften beteiligt. Die HSH Nordbank, ehemals | |
Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, hat das Geld zurückgezahlt. | |
## Gehör beim Bürgermeister | |
Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wirft Olearius | |
vor, unverhältnismäßig gegen sein Geldhaus zu ermitteln, „um die eigene | |
fehlerhafte Verwaltungspraxis vergessen zu lassen“, die in der Schonung der | |
Landes- und Großbanken bestehe. Mit ihren zunehmenden regulatorischen | |
Anforderungen betreibe die Bafin ohnehin das Ende der inhabergeführten | |
Privatbanken. | |
Olearius Anwalt Gauweiler warf den Ermittlern vor, sich einseitig auf die | |
Warburg-Bank zu stürzen und die Deutsche Bank als Depotbank für die | |
gehandelten Aktien sowie die Händlerfirma Icap außen vor zu lassen. | |
Zu seinen [4][Gesprächen mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf | |
Scholz] ließ Olearius erklären: „Eine Vorsprache bei der Politik darf auch | |
für Bankleute kein Gnadenakt sein.“ Wie sein Tagebuch zeige, sei es dabei | |
um eine objektive Unterrichtung des Bürgermeisters gegangen. Angesichts der | |
Höhe der Summe und der Bedeutung der Bank für die Stadt sei es doch klar | |
gewesen, dass man sich an die Stadtspitze wende. Scholz kann sich an den | |
Inhalt dieser Gespräche angeblich nicht erinnern. | |
Die Empfehlung, sich an den Bürgermeister zu wenden, kam von einer | |
SPD-Größe, dem ehemaligen Senator Alfons Pawelczyk. Auch der ehemalige | |
Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs schaltete sich ein. Diese Gespräche | |
mit einem Privatmann und dem zuständigen Wahlkreisabgeordneten gingen den | |
Ausschuss nichts an, findet Olearius. | |
## Kontaktpflege mit der Politik | |
Spenden an Kahrs SPD-Mitte und andere Parteien tätige er seit Jahrzehnten. | |
Einen Zusammenhang von Spenden in 2017 mit der Steuersache gebe es daher | |
nicht, suggeriert er. Ähnliches gelte für das Treffen mit Scholz. „Ich bin | |
in den letzten 30 Jahren mindesten einmal im Jahr mit der Stadtspitze | |
zusammengetroffen.“ Dabei sei es auch darum gegangen, über die | |
wirtschaftliche Situation des Hauses zu berichten. Scholz habe in der Regel | |
schweigend zugehört. | |
Im Übrigen sei die Bank immer wieder von der Politik angesprochen worden, | |
ob sie helfen könnte. „Ich habe mich der Politik nie aufgedrängt“, erklä… | |
Olearius. Die Bank habe aber geholfen, etwa bei der Neuen Heimat, beim | |
Verkauf des Stahlwerks an Accelor-Mittal, bei der Neuen Flora, der | |
Elbphilharmonie und der Beteiligung an der Reederei Hapag Lloyd. | |
17 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburger-Cum-Ex-Steuerskandal/!5820404 | |
[2] https://correctiv.org/top-stories/2021/10/21/cumex-files-2/ | |
[3] https://www.christoph-links-verlag.de/index.cfm?view=3&titel_nr=9123 | |
[4] /Neue-Indizien-im-Steuer-Skandal/!5815561 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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