# taz.de -- Cum-Ex-Steuerraub: Weiterer Cum-Ex-Banker verurteilt | |
> Gericht verurteilt Manager der Hamburger Warburg Bank. Bürgermeister | |
> Tschentscher soll am 6. Mai vor dem Ausschuss zur Cum-Ex-Steuerraub | |
> aussagen. | |
Bild: Die Frage ist, ob sie sich zu Gunsten Warburgs eingemischt haben: Tschent… | |
HAMBURG taz | Im Prozess um den Cum-Ex-Steuerraub hat das Landgericht Bonn | |
einen weiteren Manager des Hamburger Bankhauses MM Warburg zu einer | |
Haftstrafe verurteilt. Der Banker kam glimpflich davon, weil er nach | |
einigem Zögern umfassend ausgesagt hatte. | |
Wie am Mittwoch ebenfalls bekannt wurde, soll Hamburgs Bürgermeister Peter | |
Tschentscher (SPD) am 6. Mai vor dem Parlamentarischen | |
Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal aussagen. Dabei | |
könnte auch seine strukturelle Verantwortlichkeit als ehemaliger | |
Behördenchef zur Sprache kommen. | |
Der Untersuchungsausschuss befasst sich mit der Frage, ob der Hamburger | |
Senat die Steuerverwaltung in den Jahren 2016 und 2017 dazu gedrängt hat, | |
die [1][Warburg Bank zu verschonen. Finanzsenator war damals der heutige | |
Bürgermeister Tschentscher, Bürgermeister der heutige Bundeskanzler Olaf | |
Scholz (SPD)]. Zur Rede stand, ob das Finanzamt die Rückforderung zu | |
Unrecht erstatteter Steuern aus Cum-Ex-Geschäften verjähren lassen sollte. | |
Es ging um 90 Millionen Euro. | |
Bei den Cum-Ex-Geschäften ging es allein darum, sich auf Kosten des | |
Steuerzahlers zu bereichern. Dazu wurden große Aktienpakete um den | |
Dividendenstichtag herum mehrfach hin und her gehandelt, um zu | |
verschleiern, wer Kapitalertragssteuer bezahlt hatte und sie sich erstatten | |
lassen konnte. | |
## Dreieinhalb Jahre Haft für Banker | |
Im Endeffekt erstatteten die Finanzämter einmal bezahlte Steuern mehrfach. | |
Durch die Geschäfte entstand nach Schätzung eines Rechercheverbundes unter | |
Führung des Investigativ-Portals „correctiv“ allein in Deutschland ein | |
Schaden von fast 36 Milliarden Euro. | |
Der einstige [2][Geschäftsführer einer Warburg-Tochtergesellschaft, der in | |
Bonn vor Gericht stand, soll über Jahre einen Steuerschaden von 109 | |
Millionen Euro verursacht] haben. Das Gericht verurteilte den inzwischen | |
63-Jährigen wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer | |
Gesamtfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. | |
Mit dem Schuldspruch blieb das Gericht deutlich unter der Forderung der | |
Staatsanwaltschaft, die für sieben Jahre Haft plädiert hatte. Die | |
Verteidigung hielt eine Bewährungsstrafe für angemessen. Bei der | |
Strafzumessung hielt die Kammer dem Angeklagten sein „umfassendes | |
Geständnis“ zugute. | |
Der Angeklagte hatte eingeräumt, falsche Bestätigungen unterschrieben und | |
dadurch die Cum-Ex-Geschäfte erst ermöglicht zu haben. „Aufgrund meiner | |
Erfahrungen mit der Führungsstruktur der Warburg-Gruppe hatte ich die | |
Befürchtung, dass eine Weigerung meinerseits das Ende meiner Karriere | |
bewirkt hätte“, protokollierte ihn der WDR Mitte Januar. | |
## Muss Olearius vor Gericht? | |
Aufgrund dieser Aussage des Geschäftsführers und seiner Verurteilung geht | |
Norbert Hackbusch, Obmann der Linken im Untersuchungsausschuss, davon aus, | |
dass der Warburg-Gesellschafter Christian Olearius „wohl noch in diesem | |
Sommer“ vor Gericht gestellt werde. | |
Olearius hat sich für unschuldig erklärt. Seine Tagebücher haben jedoch den | |
Anstoß für den Hamburger Untersuchungsausschuss gegeben – berichtet er doch | |
darin von mehreren Treffen mit dem damaligen Bürgermeister Scholz in dessen | |
Amtszimmer, bei denen über die drohenden Rückzahlungen gesprochen wurde. | |
Der für seine Faktensicherheit bekannte Scholz leugnete zunächst, dass es | |
überhaupt Gespräche gab, und sagte dann vor dem Ausschuss, er könne sich an | |
deren Inhalt nicht erinnern. Aus den Akten des Untersuchungsausschusses | |
geht hervor, dass [3][er seinen Finanzsenator Tschentscher einbezogen] | |
hat. | |
Konkret ging es dabei um die Frage, ob das Finanzamt erstattete Steuern aus | |
Cum-Ex-Geschäften 2016 zurückfordern oder diesen Anspruch verjähren lassen | |
sollte. Tschentscher telefonierte am 8. November 2016 mit Scholz. Tags | |
darauf telefonierte Scholz mit dem Warburg-Miteigentümer Olearius und | |
empfahl diesem, eine Stellungnahme, die er bereits an das Finanzamt gesandt | |
hatte, auch an den Finanzsenator zu schicken. | |
## Tschentschers interessante Rolle | |
In dem Schreiben wies die Bank darauf hin, dass sie durch eine Rückzahlung | |
zahlungsunfähig werden könnte. Tschentscher zeichnete das Schreiben ab und | |
reichte es mit einer Bitte um Informationen zum Sachstand in seine Behörde. | |
Tschentschers Rolle als Finanzsenator ist auch insofern interessant, weil | |
unter seiner Ägide zum ersten Mal ein Finanzamt Steuergeld in einem | |
Cum-Ex-Fall zurückholte. Das zuständige Referat hatte Expertise: Der | |
[4][Referatsleiter Schulte-Rummel hatte zu missbräuchlichen | |
Steuergestaltungen promoviert]. Ein anderer Beamter veröffentlichte nach | |
Recherchen des Manager-Magazins schon im [5][Oktober 2010 einen der ersten | |
kritischen Fachaufsätze zum Thema Cum-Ex] überhaupt. | |
Nach Auskunft der damaligen Amtsleiterin Angela Nottelmann hat die | |
Hamburger Finanzbehörde damals sogar „alle anderen Länder zu einer | |
zweitägigen Sitzung eingeladen“, um den Fall vorzustellen. Alle seien sich | |
einig gewesen, Cum-Ex sei rechtswidrig und strafwürdig, berichtete | |
Nottelmann dem Ausschuss. | |
2014 gewann Hamburg vor dem Bundesfinanzhof. Das Gericht habe aber „nicht | |
den Eindruck erweckt, in vollem Umfang hinter uns zu stehen“, erinnerte | |
sich Nottelmann. Im Jahr darauf wurde das Referat aufgelöst. Schulte-Rummel | |
durfte sich fortan mit dem Thema IT befassen. | |
10 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /SPD-Kandidat-und-Cum-Ex-Skandal/!5798402 | |
[2] /Cum-Ex-Steuerraub/!5825357 | |
[3] /Neue-Indizien-im-Steuer-Skandal/!5815561 | |
[4] https://www.verlagdrkovac.de/978-3-8300-2010-3.htm | |
[5] https://www.econbiz.de/Record/leerverk%C3%A4ufe-und-missbr%C3%A4uchliche-ge… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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