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# taz.de -- Landesministerin über Nancy Faeser: „Ich hoffe auf eine Signalwi…
> Sabine Sütterlin-Waack, CDU-Innenministerin in Schleswig-Holstein, freut
> die Ernennung Nancy Faesers. Sie könne Vorbild für andere Frauen sein,
> sagt sie.
Bild: Noch allein unter Männern: Sütterlin-Waack (Mitte) bei einer Konferenz …
taz: Frau Sütterlin-Waack, Sie sind nicht mehr allein unter Innenministern:
Mit der hessischen Sozialdemokratin Nancy Faeser gibt es nun auch
[1][erstmals auf Bundesebene eine Innenministerin]. Wie finden Sie das?
Sütterlin-Waack: Zum einen gibt es seit September noch eine zweite
Innenministerin auf Länderebene, Frau Zieschang in Sachsen-Anhalt. Zum
anderen bin ich jemand, der erstmal abwartet und sich dann ein Bild macht.
Der erste Eindruck von Frau Faeser ist aber ein positiver. Sie hat [2][viel
Erfahrung mit der Innenpolitik] und es ist immer gut, wenn jemand in so ein
Amt kommt, der oder die thematisch davon Ahnung hat. Auch dass Frau Faeser
den Rechtsextremismus als Schwerpunkt benennt, ist richtig. Alles Weitere
wird sich zeigen.
Die Ernennung von Nancy Faeser war allseits eine Überraschung. Sie machte
[3][seit Jahren Innenpolitik im Landtag], aber von der Oppositionsbank aus.
Nun der Sprung an die Spitze eines Bundesministeriums, dem Behörden mit
85.000 Bediensteten unterstehen. Ist das zu schaffen?
Ich sage mal aus eigener Erfahrung: Der Mensch wächst an seinen Aufgaben.
Ich hätte vor zehn Jahren auch gesagt: Ich und Innenministerin? Nicht
vorstellbar! Und dann fragte mich Daniel Günther bei uns in
Schleswig-Holstein, ob ich dieses Amt übernehme, ich sagte zu und heute
klappt es ganz ordentlich, würde ich sagen.
Bedauern Sie, dass Ihre Union das Bundesinnenministerium nach 16 Jahren
verliert?
Ich habe es natürlich bedauert, dass die CDU bei der Bundestagswahl nicht
stärkste Partei geworden ist und wir nun nicht mehr in der Regierung sind.
Dass wir dann nicht mehr zuständig für das Bundesinnenministerium sind, ist
da ja nur eine logische Folge. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir
Innenministerinnen und Innenminister der Länder mit der neuen
Bundesinnenministerin einen guten und konstruktiven Austausch pflegen
werden.
Was für eine Rolle spielt es, dass das Bundesinnenministerium nun erstmals
von einer Frau besetzt ist?
Das hat erstmal einen Aufmerksamkeitswert. Aber das wird sich schnell
erledigen. Als das Verteidigungsministerium mit [4][Ursula von der Leyen]
erstmals von einer Frau übernommen wurde, zweifelten auch viele, ob sie das
kann. Und sie konnte. Heute spricht kein Mensch mehr darüber, dass dieses
Ministerium wieder an eine Frau geht. Fürs Innenministerium hoffe ich aber
auch auf eine Signalwirkung. Es ist für Frauen wichtig, Vorbilder zu haben,
die zeigen: Aufstieg und Führung sind machbar.
Sie sind [5][seit April 2020 Innenministerin in Schleswig-Holstein]. Vor
Ihnen hatten nur zwei Frauen dieses Amt inne: Annegret Kramp-Karrenbauer
und Monika Bachmann, beide Saarländerinnen und in der CDU. Danach sah man
auf Fotos der Innenministerkonferenz lange Jahre nur Männer – bis Sie
kamen. Warum ist Sicherheitspolitik immer noch so männlich?
Das liegt vielleicht daran, dass auch die Sicherheitsbehörden noch
männerdominiert sind. Bei der Polizei hat das sicher etwas damit zu tun,
dass man dort mit Gewalt konfrontiert sein kann, aber auch mit den
Arbeitszeiten und Schichtdiensten, die nicht so familienfreundlich
erscheinen. In Schleswig-Holstein haben wir aber inzwischen 32 Prozent
Frauen in der Polizei. Das finde ich ganz gut. Trotzdem wollen wir dies
noch weiter ausbauen. Da bleibe ich auf jeden Fall dran.
Wie wurde Ihnen denn begegnet, als Sie 2020 das erste Mal in die
Innenministerkonferenz kamen – als einzige Frau unter Männern?
Das fiel natürlich auf: ‚Ach ja, wir haben ja jetzt eine Frau unter uns.‘
In Schriftsätzen wurde dann die Anrede geändert. ‚Sehr geehrte Frau
Kollegin, sehr geehrte Herren Kollegen!‘. Nur dass es jetzt
‚Innenministerinnen- und Innenministerkonferenz‘ heißen müsste, hat sich
noch nicht durchgesetzt. Ich wurde von allen aber sehr kollegial und
unvoreingenommen empfangen. Das Gleiche übrigens auch bei der Polizei. Ich
bekomme als Frau keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und das finde ich
gut. Es war aber auch klar: Dass nun eine Frau an der Spitze des
Ministeriums steht, damit müssen jetzt alle klarkommen! (lacht)
Sie selbst nahmen beim [6][Dienstantritt] den Bereich Gleichstellung vom
Justizministerium mit ins Innenministerium. Ein bewusstes Zeichen?
Das Thema ist mir einfach wichtig. Mehr Frauen in Führungspositionen,
Gewaltschutz – das passt auch gut zur Inneren Sicherheit. Aber es stimmt:
Ein Mann hätte das wohl eher nicht gemacht.
Sieht so weibliche Sicherheitspolitik aus?
Ich weiß nicht, ob es eine weibliche Sicherheitspolitik gibt. Ein
Unterschied könnte sein, dass ich etwa bei Konflikten viele Gespräche
führe, vermittele und die Konflikte so zu lösen versuche. Das ist
vielleicht ein etwas anderer Ansatz als bei meinen männlichen Kollegen. Und
vor allem spreche ich Frauen in der Polizei offensiv an, die auf dem Sprung
sind, und mache ihnen Mut zu Führungspositionen. So schafft man dann wieder
Vorbilder für andere. Schauen Sie in die Justiz: Da haben wir die Parität
weitgehend geschafft. Anwältinnen, Staatsanwältinnen, Richterinnen sind
völlige Normalität. Ich hoffe, dass wir dahin auch bei der Polizei kommen.
Sie treten für die Quote in Parlamenten ein. Braucht es diese auch im
Sicherheitsbereich, um das zu erreichen?
Nein, das wäre im öffentlichen Dienst nicht umsetzbar, wo es um
Stellenbesetzungen mit sehr konkreten Profilen geht.
Was hilft dann?
Offensives Fördern von Frauen ist das A und O. Dazu braucht es auch eine
gleiche Bezahlung und Angebote wie Führung in Teilzeit, was im Detail
schwierig ist, aber möglich. Letztlich muss sich aber etwas
gesellschaftlich ändern. Der Wandel wird nur funktionieren, wenn Männer
etwa bei der Kindererziehung noch mehr Verantwortung übernehmen und dafür
auch mal zu Hause bleiben. Dann haben die Frauen mehr Möglichkeiten,
aufzusteigen und Karriere zu machen. Da hat sich aber zuletzt schon viel
getan und ich bin optimistisch, dass sich da noch mehr bewegen wird.
Glauben Sie, Frau Faeser wird mit einer weiblichen Sicherheitspolitik
Akzente setzen?
Ich weiß es nicht. Sie könnte es tun – oder sie könnte es wie die gerade
abgetretene Kanzlerin handhaben, die ihre Rolle als Frau nicht so
herausstellte. In jedem Fall würde ich gerne demnächst in Berlin persönlich
mit Frau Faeser genau über diese Themen sprechen und hören, ob sie sich da
etwas vorgenommen hat. Und dann könnte ich ihr auch von meinen Erfahrungen
berichten.
14 Dec 2021
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## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Nancy Faeser
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Sicherheitspolitik
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Olaf Scholz
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