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# taz.de -- Impfpflicht in Gesundheitsberufen: Eine Art Berufsverbot
> Die Ampel will, dass sich alle Beschäftigten in der Pflege bis Mitte März
> impfen lassen. Doch was passiert, wenn sich weiter viele weigern?
Bild: Pfleger:innen und Ärzt:innen sollen bis 15. März geimpft sein – oder …
Der Bundestag wird am Freitag eine Impfpflicht für medizinische
Einrichtungen und Pflegeheime beschließen. Sie soll ab dem 15. März gelten.
Wenn Beschäftigte bis dahin nicht nachweisen, dass sie geimpft oder genesen
sind, dürfen sie nicht mehr in diesem Bereich arbeiten. Die Mehrheit für
den Gesetzentwurf der Ampel ist sicher, nur die AfD ist gegen diese
„einrichtungsbezogene [1][Impfpflicht]“.
Zwar wird über das Projekt schon lange diskutiert, bisher wurde es aber
immer abgelehnt, zuletzt auf der Gesundheitministerkonferenz Ende November.
Zentrales Argument: Es sei für Kliniken und Heime nichts gewonnen, wenn die
ungeimpften Pflegekräfte einfach nicht mehr zum Dienst erscheinen.
Was bisher als überzeugendes Argument galt, spielt nun plötzlich keine
Rolle mehr. In der Bundestagsdebatte am Dienstag sprach niemand dieses
Problem an – so als ob es durch Verschweigen bereits gelöst wäre.
Vor allem in Pflegeheimen sind die Impfquoten nach wie vor nicht
zufriedenstellend und liegen im Schnitt laut RKI bei 82 Prozent. Allerdings
gibt es auch Einrichtungen, vor allem in Sachsen, bei denen deutlich
weniger als die Hälfte des Personals geimpft ist.
## Eine Art Berufsverbot
Sicher wird die Impfquote durch die geplante [2][Impfpflicht] etwas
steigen, weil ansonsten ja eine Art Berufsverbot droht. Andererseits ist
die Renitenz der Impfgegner:innen so groß, dass sich viele aus tiefer
Überzeugung oder aus Trotz weiter verweigern werden. Ein Großteil von ihnen
lebt inzwischen in einer ganz eigenen Welt, sie glauben an ungeheure
Impfgefahren und manche halten die Pandemie sogar für das aufgebauschte
Konstrukt einer kommenden Impfdiktatur.
Wenn am Ende zehn Prozent der Pflegekräfte von Altenheimen ungeimpft
bleiben, sind das immerhin bundesweit 70.000 Personen. Auf all diese
Menschen können die ohnehin knapp ausgestatteten Pflege-Einrichtungen nicht
so einfach verzichten. Und eine so große Zahl von Pfleger:innen kann
auch nicht einfach ersetzt werden, schon gar nicht von heute auf morgen.
Selbst ein Noteinsatz der Bundeswehr könnte da nichts ausrichten. Beim
Katastrophen-Hochwasser im Sommer leisteten 850 Soldat:innen für einige
Tage Amtshilfe in der Not.
Im März muss die Politik dann also abwägen, ob sie die Pflege durch den
Rausschmiss aller ungeimpften Pflegekräfte gefährden will oder ob sie zum
Schluss kommt, dass ungeimpfte Pflegekräfte immer noch besser sind als
fehlende Pflegekräfte. Pragmatischerweise wird sich die Politik dann für
zweiteres entscheiden – zumindest bei den Pfleger:innen, die Corona ernst
nehmen und bereit sind, sich und andere durch Masken und Tests zu schützen.
## Massenkündigung verhindern
Im Moment ist die Ampel-Koalition aber offensichtlich entschlossen, den
Versuch einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu wagen. Und letztlich ist
jede Erhöhung der Impfquote in Einrichtungen mit hoch gefährdeten alten,
kranken und behinderten Menschen zu begrüßen, weil dies den Schutz vor
einer Covid-Infizierung erhöht.
Zum Glück hat die Politik nun ja auch noch drei Monate Zeit, sich Gedanken
zu machen, wie sie die Massenkündigung ungeimpfter Pflegekräfte im März
verhindern kann. Denkbar ist etwa, dass der Stichtag 15. März aus
pragmatischen Gründen immer wieder um einige Monate verschoben wird – bis
die Pandemie letztlich vorüber ist.
Vermutlich bringt die Omikron-Variante aber ohnehin alle heutigen
Impfpflicht-Pläne durcheinander, zum Beispiel wenn es im März einen neuen
verbesserten Impfstoff gibt, bei dem es aber leider erstmal zu
Lieferproblemen kommt.
9 Dec 2021
## LINKS
[1] /Bundestag-debattiert-ueber-Impfpflicht/!5820484
[2] /Nachrichten-zur-Coronakrise/!5820634
## AUTOREN
Christian Rath
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