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# taz.de -- Eigenheiten der deutschen Coronadebatte: Schimpfpflicht für alle!
> Mit dem Virus hat sich in zwei Coronajahren leider auch Klugscheißerei
> pandemisch ausgebreitet.
Bild: Coronatheater
Die neue Regierung hat eine [1][Impfpflicht] und ein paar neue
Coronamaßnahmen angekündigt. Schön und schlecht. Zu viel, aber nicht genug.
Noch wichtiger wäre die schnelle Einführung einer allgemeinen
Schimpfpflicht. Denn, seien wir ehrlich, wir wissen es doch alle besser.
Wie kann es nur sein, dass die Politik nicht einfach alles richtig macht?
Gute Ratschläge und klare Handlungsempfehlungen gibt es ja genug. Die einen
können es angesichts der hohen Inzidenzen kaum fassen, dass immer noch fast
überall Kneipen, Shoppingmalls und Fitnessstudios geöffnet sind, und
wünschen sich einen harten [2][Wellenbrecher-Lockdown]. Die anderen
akzeptieren nicht einmal die Maskenpflicht und halten sogar Tests am
Arbeitsplatz für unzumutbar. Die einen sehen die Grundrechte gefährdet, die
anderen die Gesundheit. Die einen werfen der FDP vor, dringend nötige
Maßnahmen viel zu lang blockiert zu haben. Die anderen geißeln die
Liberalen dafür, umgefallen zu sein, weil auch sie den Ungeimpften jetzt
das Leben schwerer machen. Gemeinsam haben alle Kritiker eines: die feste
Überzeugung, dass nur sie allein recht haben.
Mit dem Virus hat sich in den zwei Coronajahren leider auch die
Klugscheißerei pandemisch ausgebreitet. Vor allem in den (längst nicht
mehr) sozialen, aber auch in den konventionellen Medien nimmt der Hang zur
Selbstgewissheit zu, andere Einschätzungen werden zu oft herabgewürdigt.
Christian Drosten hat einen wunden Punkt getroffen, als er eine
Nachbesinnung der Coronaberichterstattung auch im Journalismus gefordert
hat.
Diese Mahnung betrifft vor allem all jene unverantwortlichen
Klickzahlenjäger, die das reale Risiko der [3][Infektionen] herunterspielen
und seriöse Wissenschaftler zu Sündenböcken für unangenehme Maßnahmen
stempeln und damit gefährden. Aber auch viele Vorsichtsmahner, die der
alten und neuen Regierung Untätigkeit und Versäumnisse vorwarfen, machten
es sich oft zu leicht. Es waren nicht nur Politiker, die im Sommer die
Coronagefahren verdrängten und lieber die scheinbar sorgenfreie Zeit
genossen. Jetzt im Nachhinein zu behaupten, es sei doch sonnenklar gewesen,
dass Corona trotz Impfungen in diesem Winter noch schlimmer wüten würde als
je zuvor, ist wohlfeil. Fast alle, natürlich auch der Autor dieser Zeilen,
haben sich bei der Einschätzung der Coronagefahren schon geirrt.
Fehler sind keine Schande in einer Pandemie, bei der stündlich neue Zahlen
und wechselnde Erkenntnisse bekannt werden. Aber Selbstgerechtigkeit
verstärkt die Spaltung. Darüber sollten wir alle mal nachdenken. Ehrlich.
9 Dec 2021
## LINKS
[1] /Bundestag-debattiert-ueber-Impfpflicht/!5820484
[2] /Kurswechsel-beim-Linken-Vorstand/!5819494
[3] /Die-Wahrheit/!5815881
## AUTOREN
Lukas Wallraff
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