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# taz.de -- Drittimpfung dämpft Sterbezahlen: Boostern rettet Hunderte Leben
> Die Zahl der Coronatoten steigt – aber weniger als zu erwarten wäre. Es
> zeigt sich, dass die Drittimpfung Ältere gut schützt.
Bild: Drittimpfungen retten schon jetzt Leben: boostern im Musikclub Latin Pala…
Berlin taz | 527 am Mittwoch, 465 am Donnerstag, 484 am Freitag. Die Zahl
der täglich vom Robert-Koch-Institut registrierten Coronatoten ist auf ein
erschreckend hohes Niveau gestiegen. Allein in den letzten drei Wochen sind
mehr als 4.500 Menschen in Deutschland Opfer der Pandemie geworden. Auch
die Lage auf den Intensivstationen ist weiter dramatisch. Fast 5.000
Menschen werden dort derzeit behandelt. Oder genauer gesagt: Sie kämpfen
dort um ihr Leben. Und dennoch lässt sich in diesen schrecklichen Zahlen
eine gute Nachricht erkennen. Sie heißt: Boostern rettet Leben. Schon jetzt
Tag für Tag mehr als hundert.
Mitte November hatte sich RKI-Chef Wieler bei einer Anhörung der
sächsischen Landesregierung mit dramatischen Worten an die Öffentlichkeit
gerichtet. Damals waren gerade erstmals 50.000 Neuinfizierte an einem Tag
registriert worden. Von diesen, rechnete Wieler vor, würden unweigerlich
400 Menschen in den kommenden Wochen nicht überleben, denn die
Fall-Sterbe-Rate liege bei 0,8 Prozent.
Pro 1.000 Infizierten war demnach mit 8 weiteren Toten zu rechnen. Bei
einer konstanten Entwicklung wären Ende November im Wochenschnitt etwa 340
Menschen pro Tag an Corona gestorben, bis zum 10. Dezember sogar rund 460.
Zwar lag die Zahl der Toten an diesem Tag bei 484, der 7-Tage-Mittelwert
Ende November aber nur bei 325, am Freitag nur bei 347. Hat Wieler also
übertrieben?
Nein, es wird nur weniger gestorben, als zunächst erwartet wurde. Mitte
November folgte die Kurve der Todesfälle der Kurve der Neuinfektionen
tatsächlich mit einem Abstand von rund 12 Tagen – und einer Sterberate von
0,8 Prozent. Seither aber ist diese Rate deutlich gesunken. Aktuell liegt
sie nur bei 0,6 Prozent, also ein Viertel niedriger.
Einen Grund dafür erkennt man beim Blick auf die Intensivstationen.
[1][Nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Gesellschaft für
Intensivmedizin (Divi)] hat sich dort die Zahl der
Coronapatient:innen seit Mitte Oktober vervierfacht, aber nicht in
allen Altersgruppen gleichmäßig. Zuletzt stieg vor allem die Zahl der 50-
bis 59-Jährigen deutlich. Sie stellen mit fast 30 Prozent die größte Gruppe
der Intensivpatient:innen.
Auch bei den ganz Alten gab es ein kräftiges Wachstum. Die Zahl der
Intensivpatient:innen über 80 Jahre stieg von 150 Mitte Oktober auf
etwa 510 – aber nur bis Ende November. In den letzten zwei Wochen ist diese
Zahl nicht weiter gestiegen. Sie bleibt in etwa auf diesem hohen Niveau.
Auch bei den über 70-Jährigen kam es nach einem rasanten Wachstum zu einem
Stillstand. Seit einer Woche schon bleibt die Zahl mit rund 1.100
Patient:innen in dieser Altergruppe sehr hoch, aber eben konstant.
Und das ist ausschlaggebend, denn die Menschen dieser Altersgruppen sind
die am stärksten gefährdeten. Laut RKI waren 85 Prozent aller Coronatoten
älter als 70 Jahre. Wenn in dieser Altersgruppe weniger Menschen schwerst
erkranken, wird auch allgemein weniger gestorben.
Dass die Alten offensichtlich nicht mehr ganz so extrem gefährdet sind,
erkennt man auch an der Zahl der Impfdurchbrüche. Der Anteil der
vollständig Geimpften war seit dem Sommer in allen Alterklassen unter
Infizierten, Erkrankten, intensiv Betreuten und Verstorbenen gestiegen. Die
Impfeffektivität hatte in all diesen Bereichen kontinuierlich nachgelassen.
Doch bei den über 60-Jährigen hat sich der Trend nun gedreht. Vor zwei
Wochen waren laut RKI noch 52,5 Prozent aller über-60-jährigen Coronatoten
vollständig geimpft. Nun sind es nur noch 45,6 Prozent.
„Eine Erklärung für diesen Effekt könnte der stetig wachsende Anteil von
Personen v.a. in der Altersgruppe ab 60 Jahre sein, der bereits eine
Auffrischungsimpfung bekommen und damit einen besseren Impfschutz hat als
Personen mit vollständiger Grundimmunisierung, die vor mehreren Monaten
erfolgte“, heißt es dazu noch vorsichtig formuliert im jüngsten, [2][am
Donnerstagabend veröffentlichten Wochenbericht des RKI].
Christian Karagiannidis, Intensivmediziner und Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin, wird
etwas deutlicher. „Den Booster-Effekt sehen wir bestimmt, der tritt ja mit
Variabilität nach 14 Tagen ein“, sagte Karagiannidis der taz. Wenn täglich
800.000 Menschen geboostert werden, dann schlage sich das schon zwei Wochen
später in den Sterbezahlen nieder.
Und Boostern hat sich mittlerweile zu einer Massenbewegung gemausert. Laut
RKI erhielten am Mittwoch und Donnerstag jeweils rund eine Million Menschen
ihre Drittimpfung. Jede noch so große Querdenkerdemo erscheint dagegen
allenfalls wie ein Vogelschiss.
Dennoch darf man den Erfolg des Boosterns nicht überbewerten. Denn er
besteht bisher nur darin, dass die Zahl der Intensivpatient:innen
und Coronatoten unter den Alten nicht weiter steigt. Da die Kliniken aber
schon jetzt extrem belastet sind, müssten die Zahlen für einen nachhaltige
Erfolg auf allen Ebenen sinken.
[3][Christian Karagiannidis etwa sagt], dass die 7-Tage-Inzidenz auf unter
200 gedrückt werden müsse. Aktuell liegt sie laut RKI trotz fallender
Zahlen noch bei 413. Karagiannidis blickt mit Sorgen auf die
Omikron-Variante, die sich gerade ausbreitet. Noch ist die Fallzahl in
Deutschland sehr gering. Doch bei der „ultraschnellen Verdopplungszeit“ von
Omikron sei zu erwarten, dass bald auch die Zahl der Patient:innen in
den Kliniken steige. „Wenn es krank macht, kommen sehr schnell viele dazu“,
so Karagiannidis. Der kleine Erfolg des Boosterns würde dann also schnell
zunichte gemacht.
10 Dec 2021
## LINKS
[1] https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/altersstruktur
[2] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberi…
[3] https://twitter.com/ECMOKaragianni1/status/1469051958912819201
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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