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# taz.de -- Rekord bei Rüstungsausfuhren: Von wegen restriktiv
> Die Groko hat kurz vor Schluss Rüstungsexporte in Milliardenhöhe
> genehmigt. Das widerspricht den Zielen der alten und neuen
> Regierungspartei SPD.
Bild: Die Kanzlerin und ihr Vizekanzler haben noch kurz vor Schluss heikle Rüs…
Man würde Olaf Scholz jetzt gern ein paar Fragen stellen. Warum genehmigte
die Große Koalition, wenige Tage bevor seine Ampelkoalition übernahm,
[1][noch Rüstungsexporte im Wert von fast 5 Milliarden Euro] und sorgte
damit für einen Rekordwert? Warum geht der Großteil in Form von
Kriegsschiffen und Luftabwehrsystemen nach Ägypten, ein autoritäres Regime,
das am Jemenkrieg beteiligt ist? Und warum untergräbt die SPD damit eigene
Wahlversprechen?
Die Antworten fallen erst mal aus. Denn die Entscheidungen, welche
Rüstungsexporte genehmigt werden, fallen in einem kleinen Zirkel, dem
Bundessicherheitsrat. Dieser Zirkel, dem Scholz auch während der Groko-Zeit
als Vizekanzler angehörte, tagt geheim, die Protokolle sind
Verschlusssache. Die SPD will das eigentlich ändern. Doch der Vorfall
zeigt, wie schwach die Ambitionen des jetzigen Kanzlers Scholz sind, die
intransparente Genehmigungspolitik, die sich einen Dreck um die Einhaltung
von Menschenrechten im Empfängerland schert, zu verbessern.
Dabei ist die Position der Sozialdemokraten eindeutig. [2][Im Wahlprogramm
heißt es vollmundig], für die SPD sei eine restriktive
Rüstungsexportpolitik zentral. Sie fordert – genau wie die Grünen – ein
Rüstungsexport-Kontrollgesetz. Das soll sicherstellen, dass Exporte in
Drittländer, die weder der EU noch der Nato angehören, deutlich
eingeschränkt werden. Ägypten dürfte demnach in Zukunft überhaupt keine
deutschen Rüstungsgüter mehr erhalten, da das Land auch nicht das
internationale Waffenhandelsabkommen ATT unterzeichnet hat.
Eine deutlich verbesserte Berichtspflicht gegenüber dem Parlament soll
zudem dessen Kontrollmöglichkeiten verbessern. Das würde wahrscheinlich
dafür sorgen, dass solche Last-Minute-Mauscheleien rechtzeitig auffliegen.
Ein Gesetz zur Kontrolle der Rüstungsexporte, wie es im SPD-Programm steht,
soll auch transparenter machen, nach welchen Kriterien Genehmigungen
erteilt werden.
## Kein normales Exportgut
Die Regierung müsste regelmäßig von sich aus eine vollständige Liste der
genehmigten Ausfuhren veröffentlichen. All das fordert die SPD – doch der
eigene Kanzler fällt als treibende Kraft aus, sondern agiert eher wie der
dicke Kater Garfield, der sich vor seiner angekündigten Diät noch mit
Lasagne eindeckt.
Nun liegt es entweder an der SPD-Fraktion, zusammen mit den anderen beiden
Ampelparteien zu zeigen, dass sie selbstbewusst und Korrektiv genug sind,
ein solches Gesetz einzubringen. Oder die Grünen und ihr
Wirtschaftsminister Robert Habeck können mehr Rückgrat beweisen und es
erarbeiten lassen. Wobei grundsätzlich fraglich ist, ob die Zuständigkeit
für Rüstungsexporte weiterhin im Wirtschaftsministerium angesiedelt sein
sollte. Denn weder sind Waffen ein normales Exportgut, noch darf die
Entscheidung über ihre Ausfuhr vor allem nach wirtschaftlichen Kriterien
fallen.
26 Dec 2021
## LINKS
[1] /Neuer-Rekord-im-Jahr-2021/!5820358
[2] https://www.spd.de/programm/zukunftsprogramm/
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Rüstungsexporte
Schwere Waffen
Völkerrecht
Rüstungsexporte
GNS
Sipri
Staatssekretär
Nachruf
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