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# taz.de -- Nachruf auf Otfried Nassauer: Beharrlich für den Frieden
> Man muss sich mit dem Militär auskennen, um es effektiv zu kritisieren,
> fand Otfried Nassauer. Nun ist er im Alter von 64 Jahren gestorben.
Bild: Otfried Nassauer war ein Unikum, ein Einzelwesen
Berlin taz | Viele Jahre hatte Otfried Nassauer sein Büro, sein Archiv,
sein Wissenszentrum in einer der schönsten Straßen von Berlin-Prenzlauer
Berg. Und dort konnte man ihn treffen im Café nebenan. Unentwegt rauchend
parlierte er wie auf Knopfdruck über die jeweils jüngste Umdrehung der
Rüstungsbeschaffungsdebatte, der Afghanistan-Debatte, eigentlich
[1][jedweder Debatte aus dem Bereich Krieg und Frieden.]
Ein amüsiertes Kichern aus seinem Bartgestrüpp begleitete seine
Ausführungen meistens: freundlicher Unglaube darüber, was alles schon
wieder in der öffentlichen Diskussion richtigzustellen war. In den Räumen
des BITS, seines [2][Berliner Informationszentrums für Transatlantische
Sicherheit], bogen sich die Regale unter den Aktenordnern. Wie gut, dass
Otfried alles im Kopf zu haben schien, was dort abgeheftet war. Man mochte
die prekäre Balance der Papierberge nicht gefährden.
Irgendwann mussten er und seine wenigen ebenfalls so entgegenkommenden
Mitarbeiter raus, Otfried fasste den Plan, das ganze Zeug zu einem
aufgelassenen sowjetischen Militärflugplatz im Brandenburgischen zu
verfrachten. Was daraus geworden ist, dazu hätte man ihn rechtzeitig
befragen müssen. Denn am Samstag erreichte uns die Nachricht, er sei
gestorben, schon vor wenigen Tagen, mit 64 Jahren und sowieso viel zu früh.
Otfried Nassauer, der einmal Theologie studiert hatte, war ein Unikum, ein
Einzelwesen. Einer der wenigen, die fanden, dass man sich mit dem Militär
schon auch befassen muss, wenn man das Militär effektiv kritisieren will –
so wie eben auch AtomkraftgegnerInnen viel über [3][Atomkraft] wissen
sollten, wenn sie ernstgenommen werden wollen.
## Er kannte jede verdammte Schraube
Nur bei Krieg und Frieden meinen speziell die deutschen Linken und
Linksliberalen ja seit jeher, es reiche für die politische
Auseinandersetzung vollkommen, „für den Frieden“ zu sein, und dass man den
Krieg womöglich dadurch aus der Welt bekomme, dass man sich mit seinen
Mitteln am besten gar nicht beschäftige.
Otfried aber kannte jede verdammte Schraube an den Kampfdrohnen, die die
Bundeswehr beschaffen wollte, an den U-Booten, die nach Israel geliefert
wurden, an den Leopard-Panzern, die Saudi-Arabien von Krauss-Maffei Wegmann
kaufen wollte.
In der t[4][az hat er teils als Autor geschrieben], teils wurde er als
Experte auch befragt und zitiert – ein journalistisch manchmal etwas
schwieriger Rollenwechsel, aber andere Medien machten es genauso, er war
eben unersetzlich. Regelmäßig und besonders umfassend hat er in der Sendung
„Streitkräfte und Strategien“ des NDR publiziert. Möge er in Frieden ruhe…
4 Oct 2020
## LINKS
[1] /Trump-und-die-Ruestungspolitik/!5657721
[2] https://www.bits.de/index.html
[3] /Kommentar-Atomwaffen-in-Deutschland/!5459238
[4] /Otfried-Nassauer/!a10688/
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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