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# taz.de -- Studie über deutsche Rüstungsexporte: Wo kein Klagerecht, da kein…
> NGOs beklagen, dass die Bundesregierung internationale Vereinbarungen
> breche. Sie fordern eine rechtliche Handhabe.
Bild: Teile für den Export des Eurofighter-Jets kommen aus Deutschland
Berlin taz | Deutschland verstoße mit seinen Rüstungsexporten regelmäßig
gegen internationale Verträge und nationales Recht: Zu diesem Ergebnis
kommt eine Studie des Gießener Völkerrechtlers Thilo Marauhn und seines
Teams. Unzureichend berücksichtige die Bundesregierung demnach
Verpflichtungen wie die aus dem internationalen Vertrag über den
Waffenhandel, dem Gemeinsamen Standpunkt (GS) der EU zu Rüstungsexporten
oder der UN-Kinderrechtskonvention.
„In Politik und Medien wird immer wieder behauptet, Deutschland gehe bei
der Rüstungsexportkontrolle einen restriktiven Sonderweg. Wir können das
nicht bestätigen. Die Studie hat das klar widerlegt“, sagte bei deren
Vorstellung am Donnerstag Ralf Willinger, Friedens-Referent bei Terre des
Hommes. Die Kinderrechtsorganisation hatte die Studie gemeinsam mit der
Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ und der Organisati…
„Ohne Rüstung Leben“ in Auftrag gegeben.
Als Beispiel nennt die Studie unter anderem den Export von Kleinwaffen, den
die Bundesregierung theoretisch besonders restriktiv handhabt. Sie verwende
dabei aber eine sehr enge Definition von Kleinwaffen – abweichend von der
des Vertrags über den Waffenhandel. Die Folge: Für den Großteil der
Kleinwaffenexporte – darunter Pistolen, Revolver oder Scharfschützengewehre
– würden doch laxere Regeln gelten.
In der Praxis [1][missachte Deutschland auch das Kriterium des humanitären
Völkerrechts]. Der Waffenhandelsvertrag sehe vor, dass ein explizites
Rüstungsgut nicht exportiert werden dürfe, wenn ein „überwiegendes Risiko�…
besteht, dass damit eine „schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts“
begangen werde. Unter diesem Gesichtspunkt habe auch das Europäische
Parlament den Rüstungsexportstopp für Beteiligte am Jemen-Krieg gefordert.
In der Studie heißt es: „Die im Oktober 2022 erfolgte Genehmigung des
Exports von Bauteilen an Großbritannien für den Bau und Export von
Eurofightern nach Saudi-Arabien hätte vor diesem Hintergrund nie erteilt
werden dürfen.“
## Klagerecht als Leerstelle
Das Grundproblem aber nach Ansicht der Autor*innen: Es gibt bei allen
bestehenden Vorschriften und internationalen Vereinbarungen „keine oder nur
sehr eingeschränkte Klagemöglichkeiten“. Nur deshalb sei Deutschland
bislang für die Rechtsverletzungen nicht gerichtlich verurteilt.
Die Organisationen, die die Studie in Auftrag gegeben haben, fordern daher
ein Verbandsklagerecht, mit dem sie Exportgenehmigungen der Bundesregierung
rechtlich bindend überprüfen lassen könnten. „Es braucht das
Verbandsklagerecht, weil es keine andere Möglichkeit gibt, die
Bundesregierung auf die Einhaltung der Regeln zu verpflichten“, sagte
Susanne Weipert von „Aktion Aufschrei“. In einigen anderen EU-Staaten gibt
es solche Klagemöglichkeiten, in den Niederlanden hat beispielsweise ein
Gericht im Februar wegen des Gaza-Kriegs eine Lieferung an Israel gestoppt.
Die Bundesregierung [2][arbeitet derzeit an einem
Rüstungsexportkontrollgesetz]. Dessen Ausgestaltung ist in der Koalition
aber umstritten und den Kampf um das Verbandsklagerecht hat dem Vernehmen
nach selbst der zuständige Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne)
schon lange aufgegeben. In einem ersten Eckpunktepapier des Ministeriums
tauchte der Aspekt schon nicht mehr auf. Hinsichtlich europäischer
Gemeinschaftsprojekte enthielt das Papier sogar Lockerungen gegenüber dem
Status quo.
„Wir wollen ein Gesetz, dass die Politik in Richtung einer realen
restriktiven Genehmigungspraxis entwickelt“, sagte dazu Niels Dubrow von
„Ohne Rüstung Leben“. Wenn das Vorhaben am Ende aber in die andere Richtung
gehe und sogar mehr Spielraum für Exporte an Diktaturen eröffne? „Dann wäre
es besser, wenn ein Gesetz nicht erlassen wird.“
14 Mar 2024
## LINKS
[1] /Waffenlieferungen-in-Kriegsgebiete/!5983962
[2] /Waffenexport-zur-arabischen-Halbinsel/!5982627
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Völkerrecht
Studie
Frieden und Krieg
Rüstungsexporte
Kolumne law and order
Luftwaffe
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Saudi-Arabien
Rüstungsexporte
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