Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neues Album von Joan as Policewoman: Magie des Augenblicks
> „Joan As Policewoman“ spielt mit Dave Okumu und Tony Allen die Jamsession
> „The Solution Is Restless“ als klassisches Trioalbum ein.
Bild: Könnte eine Pilates-Übung sein: Joan as Policewoman bereit für eine Ja…
Dass Musik wie eine Jam-Session klingt, ist selten als Kompliment zu
verstehen – im Fall von „The Solution Is Restless“ aber schon. Das Album
beruht auf einer Session von US-Popstar Joan Wasser alias Joan As Police
Woman, der [1][nigerianischen Drum-Legende Tony Alle]n und dem
US-Jazz-Produzenten Dave Okumu (sonst bei der Band The Invisible).
[2][Wasser] hatte im Lockdown, der sich zwischen der Session und der
Veröffentlichung ereignete, an den Stücken weitergefeilt: sowohl, was die
Musik anbelangt, als auch die Texte. Auf feingliedrige, warm klingende
Weise scheint der improvisatorische Charakter bei den zehn Songs aber immer
noch durch: Nach dem etwas zu mäandernden zwölfminütigen Auftakt „The
Barbarian“ bleiben die Songs aber im Fokus.
„The Solution Is Restless“ klingt daher insgesamt lebendig, präzise und
zugleich unaufdringlich. Die Freiheit der Improvisation, zu der man sich
auch als Hörer:in gerne treiben lässt und einer detailverliebten
Produktion, die mit jedem Durchlauf Neues offenbart, bringt das Beste aus
beiden Welten in dieser Musik zusammen.
## In Tony Allens Wahlheimatstadt Paris
Einander vorgestellt wurden Wasser und Allen 2019 von Damon Albarn, mit dem
Wasser seinerzeit an einem Track arbeitete: „Simplicity“ vom
[3][Gorillaz-Album] „Song Machine: Season One – Strange Timez“. Zur
verabredeten Session in Allens Wahlheimat Paris brachte die New Yorkerin
damals ihren Kollegen Okumu mit. In Paris lebte der Afrobeat-Schlagzeuger
bis zu seinem Tod im April 2020.
Begonnen hatte seine Laufbahn bereits in den 1960er Jahren zunächst bei
Fela Kutis Bigband Africa ’70 in Lagos; später amtete Allen als sein
eigener Bandleader, war aber auch Teil der Pop-Supergroup The Good, The Bad
And The Queen und wirkte mit beim Berliner Moritz von Oswald Trio.
Dass die 51-jährige Wasser Drummer für die zentralen Akteure ihrer Songs
hält – ein Stück kann demnach nur so gut sein wie die Rhythmen –, hat sie
bereits im Zusammenhang mit ihrem Studioalbum „Damned Devotion“ (2018)
erklärt. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie sich stilistisch im
Verlauf ihrer Solokarriere vom Songwriter-Indiepop immer mehr Richtung Jazz
und Soul fortbewegt hat.
## Komplexe Rhythmen als roter Faden
Vor ihrem Solodebüt „Real Life“ (2005) spielte die klassisch ausgebildete
Geigerin mit Ahnoni bei Antony and the Johnsons. So gesehen scheint nur
konsequent, dass ihr gemeinsames Album nun eine Verbeugung vor Tony Allen
geworden ist, dessen polyrhythmische, komplexe Rhythmusfiguren den roten
Faden der Musik bilden. Wassers geschmeidig variabler Gesang wirkt
zurückgenommen – selbst in Momenten, in denen sie sich croonend hingibt,
wie etwa in dem entspannt groovenden, die Spannung aber nie verlierenden
„Enter the Dragon“.
Ihre Stimme wirkt bisweilen geradezu ambienthaft; die Melodielinien der
Instrumente dominiert sie weniger, als dass sie sie umgarnt. Auf Textebene
geht es um existenzielle Themen – auf eine Weise, die meist so subtil
daherkommt wie die Musik. „Dinner Date“ – ein Song, der das Kunststück
vollbringt, zu schwelgen und zugleich flummiartig zu hüpfen – braucht nur
vier Textzeilen.
Die allerdings bringen prägnant auf den Punkt, wie sich in der Pandemie
Prioritäten neu kalibriert haben: „We got the Sly singing high /,Just Like
A Baby' / Oh, what else do we really need?/ Fireflies are magic but only if
we stay alive / Stay alive for the dinner date.“ Vergleichsweise konkret
geht es im Song „Get My Bearings“, einem Highlight, zu dem Damon Albarn
Gesang und ein sanft plänkelndes Klavier beigesteuert hat.
## Lakonische Lebensweisheit
Zum Einstieg fragt Wasser unumwunden: „What will you do? With the rest of
your day? With the rest of your life? You don’t know the sun will rise
tomorrow“, um dann zum Ende festzustellen, dass es auf die Frage „Will I
ever get my bearings?“ – werde ich mich im Leben je zurechtfinden –
eigentlich nur eine Antwort gibt. „Do I even care? Does it matter?“ Darauf,
irgendwann irgendwo anzukommen, muss man es nicht anlegen, soviel
Lebensweisheit darf sein – darauf verweist ja auch der Albumtitel.
Diese Zeilen entstanden nicht nur unter dem Eindruck von Allens Tod, der
überraschend kam; Wassers langjähriger Mentor und musikalischer
Wegbegleiter Hal Willmer starb fast zeitgleich an einer Covidinfektion. So
ist das Album diesen beiden Künstlern gewidmet, „who sparked“, so die Liner
Notes, „the deepest magic in collaboration“. Und diese Magie strahlt auch
dieses feine Album aus.
26 Nov 2021
## LINKS
[1] /Nachruf-auf-Afrobeat-Legende-Tony-Allen/!5682565
[2] /Neues-Album-von-Joan-As-Policewoman/!5481726
[3] /Neues-Album-der-Gorillaz/!5722732
## AUTOREN
Stephanie Grimm
## TAGS
Joan As Policewoman
Neues Album
Tony Allen
Paris
Neues Album
Jazz
Britpop
Popmusik
taz Plan
Comic
Afrobeat
Joan As Policewoman
## ARTIKEL ZUM THEMA
Joan As Police Woman über neues Album: „Es braucht mehr kritisches Denken“
Die US-Künstlerin Joan As Police Woman spricht über Liebe, Optimismus und
die Kraft, die es kostet, den Glauben an die Menschheit nicht zu verlieren.
Konzerte und Buch von Jimi Tenor: Inspirationen beim Pilzesammeln
Während Jimi Tenor mit Globalpop-fundiertem Jazz auf Tour geht, erzählt
sein Buch „Omniverse“ noch weit mehr: über Techno, Kunst und früher.
Damon Albarn in Hamburg: Weltschmerz und Traurigkeit
Damon Albarn fokussiert sich auf seinen Gesang und sein Klavierspiel. Am
Montag stellte der Britpopper sein neues Album in der Elbphilharmonie vor.
Neues Album von Tara Nome Doyle: Ein Loblied auf die Gemächlichkeit
Die Musikerin Tara Nome Doyle mag Ungeziefer. Nun erscheint ihr zweites
Album: „Værmin“. Ambivalenz ist eine zentrale Qualität ihres Sounds.
Konzertempfehlungen für Berlin: Sie nennen es Musik
Laura Lee bringt im neu eröffneten Lido poppige Social-Media-Kritik zum
Klingen. Und die Düsseldorfer Düsterboys bleiben zuversichtlich.
Neues Album der Gorillaz: Mixtape einer erschöpften Gegenwart
Musik aus Zeiten der Pandemie: „Song Machine. Season One: Strange Timez“
heißt das bissige neue Album der virtuellen Band Gorillaz.
Nachruf auf Afrobeat-Legende Tony Allen: Coole Energie
Tony Allen ist am Donnerstag im Alter von 79 Jahren in Paris gestorben. Der
nigerianische Schlagzeuger war der Begründer des Afrobeat.
Retrospektive von Joan As Police Woman: Im Herzschlag ihrer Musik
Hooklines für die Ewigkeit: Die New Yorker Musikerin Joan As Police Woman
wird zur Klassikerin. Deshalb nennt sie ihr Best-of-Album „Joanthology“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.